panels & sprechblasen

Lisa Simpson und Captain Planet vs. Emilia & Friends

Umweltthemen und Ökologie in Comics

| Maurice Schuhmann

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Berühmte Comic-Vegetarier*innen Popeye, Lisa Simpson, Poison Ivy (v.l.n.r.) - Fotos: evan p. cordes via flickr. com (https://flic.kr/p/9igGY3), Chris via flickr. com (https://flic.kr/p/9igGY3), Mike Mozart via flickr.com (https://flic.kr/p/rsKhag)

Ökologie ist in Comics eher ein Randaspekt, aber trotzdem gibt es seit Jahrzehnten einzelne Serien oder Bände, in denen Atomkraft, Klimaproteste oder Vegetarismus thematisiert werden. Maurice Schuhmann beleuchtet in der GWR-Rubrik „panels & sprechblasen“ diese Entwicklung. (GWR-Red.)

Entgegen der gesellschaftlichen Relevanz von Umweltthemen haben diese erst spät und in geringem Maße Eingang in Mainstreamcomics gefunden. Im Folgenden möchte ich dennoch ein paar Beispiele aus unterschiedlichen Themenbereichen benennen.

Atomkraft und ihre Gefahren

Atomkraft ist in den klassischen Superheldengeschichten sehr präsent. Der Biss einer atomar verseuchten Spinne machte aus dem jungen Peter Parker den Superhelden Spider-Man; auch der Wissenschaftler Bruce Banner verdankt seine Spaltung in Mensch / Hulk einem Unfall mit atomarer Strahlung. Diese Liste ließe sich hier noch ergänzen …. Atomenergie wurde dabei in diesen Comics aber nicht generell verteufelt, sondern lediglich ein Stück weit mystifiziert.
Auch bei den Simpsons gehört Atomkraft zum Background der Geschichte. Papa Homer arbeitet in einem Atomkraftwerk – und seine dortige Tätigkeit wird im Vorspann der Zeichentrickserie skizziert. Die Auswirkungen und Gefahren – von der Atomspionage durch einen mutmaßlich russischen Austauschschüler bis hin zur Verseuchung der Umwelt – werden als Thema auch immer wieder eingesponnen. Bestes Beispiel ist der dreiäugige Fisch, den Bart beim Angeln in der Nähe des Atomkraftwerks aus dem Wasser zieht.
Seitens der Alternativbewegungen wurden zwar auch immer wieder Protagonist*innen in den Kampf gegen Atomkraft einbezogen – am bekanntesten ist sicherlich der als Raubdruck kursierende Band Asterix und das Atomkraftwerk. Die Münchener Stadtzeitung Das Blatt, deren bekanntester Zeichner Gerhard Seyfried (Wo soll das alles enden?) war, schrieb 1980 süffisant darüber:

Die drei bekanntesten Vegetarier*innen der Comickultur sind der Matrose Popeye, Lisa Simpson und Poison Ivy

„Noch bisschen früher [als die im Artikel beschriebene Hausdurchsuchung] kam mal ein Sonderband raus, ein ganz besonderer, der hieß ‚Asterix und das Atomkraftwerk‘. Und dass es ein Sonderband war, sah man nicht nur daran, dass er etwas kleiner im Format und statt bunt nur schwarz/weiß war, sondern dass er auch gar nicht von den oben genannten Autoren stammte: im Verlag ‚plutonium‘ erschienen, zeichnete für die Zeichnungen ein gewisser U. Raub verantwortlich und für den Text ein gewisser G. Druck.“ (1)

Vegetarismus und Gewalt gegen Tiere

Für den ängstlichen Hund Scooby-Doo und seinen besten Kumpel Shaggy gehört in der Serie Scooby-Doo, Where Are You! der Hot-Dog-Konsum ähnlich wie der klassische Braten in den Disney-Familien zum Savoir-vivre dazu. Fleischkonsum ist ein normaler Bestandteil des Alltags in der klassischen Comickultur. Es mag ein Stück weit der Zeit geschuldet sein, in der diese Comicfiguren entstanden und ihre Erfolge feierten: Ein Festmahl wird aber nach wie vor mit einem Stück Fleisch dargestellt.
Krasser erscheinen da schon die Äußerungen des Reporters Tim in der ursprünglichen Fassung des ohnehin mehr als problematischen ersten Bands der Serie – Tim im Kongo. Tim erschießt kaltblütig einen Affen, um sich mit dessen Fell zu verkleiden. Georg Seeßlen schrieb hierüber in seiner Studie Tintin, und wie er die Welt sah: „Kurzum, Tim im Kongo lässt sich, neben seinem kolonialen Rassismus, auch als Anthologie der Tierquälerei lesen.“ (2)
Im Gegensatz hierzu sind vegetarische Comicfiguren eher Randerscheinungen. Die drei bekanntesten Vegetarier*innen der Comickultur sind der Matrose Popeye, Lisa Simpson und Poison Ivy, eine pflanzen-affine Superschurkin aus dem DC-Universum. Vereinzelt wird auch Hulk als Vegetarier dargestellt, um seine generelle Sanftmütigkeit zu unterstreichen. Unter den Disney-Charakteren ist es ausgerechnet Graf Duckula, ein Vampirverschnitt, der sich als Vegetarier durchs Leben schlägt.
Das Thema Vegetarismus wird aber auch in Ralf Königs Pretty Baby, einer Fortsetzung von Der bewegte Mann, aufgegriffen. Der sanftmütige Protagonist Norbert wird als Vegetarier dargestellt, dessen zeitweiliger Liebhaber Horst ausgerechnet Metzger von Beruf ist.
In Gerhard Seyfrieds Comics dürfen natürlich die klassischen Szeneveganer*innen auch nicht fehlen. In seiner Kurzgeschichtensammlung Let the bad times roll finden wir mit der Figur McÖko, dem Mitbewohner von Kultanarcho Zwille, einen solchen Protagonisten. Er entspricht vielen der zeitgenössischen Klischees der damaligen Szeneveganer*innen.

Kampf für die Umwelt vs. Leugnung des Klimawandels

In den 1990ern kämpfte ein Team aus fünf jungen Umweltschützer*innen aus aller Welt gemeinsam mit Captain Planet gegen Bösewichter wie Ratzfatz und Graf Atomar, die in ihrer Profitgier die Umwelt und Natur rigoros zerstörten. In jedem Heft fanden sich darüber hinaus alltagstaugliche Tipps zum Wasser- und Energiesparen bzw. zur Müllvermeidung. Jugendliche sollten über diese Serie auf Umweltverschmutzung aufmerksam gemacht sowie zu umweltfreundlichem Verhalten animiert werden. In deutscher Sprache erschienen zwischen 1992 und 1993 insgesamt elf Bände der Comicreihe beim Condor Verlag.
Ein gewisser Running Gag in den Abenteuern des unbeugsamen Galliers Asterix ist das ökologische Gewissen des kleinen Hundes Idefix. Jeden herausgerissenen Baum – meist durch sein Herrchen Obelix – kommentiert er mit Gejaule. Leider wurde dieser sympathische Zug bislang nicht weiter in den Plot der Geschichten integriert.
Es gibt natürlich auch eine Reihe von Sachcomics zur Thematik Umweltschutz, -bewegung und Atomkraft – beginnend bei dem Sachcomic Atomkraft für Anfänger (Rowohlt Verlag 1979) von Stephen Croall und Kaianders Sempler bis hin zu dem von Hanna Poddig verfassten und von Christopher Leo illustrierten Band Kleine Geschichte der Umweltbewegungen (Unrast Verlag 2020).
Auf der anderen Seite hat die rechte AfD mit ihrer Comicreihe Emilia & Friends den Versuch unternommen, in einer bunten Comicwelt gegen „links-grün versiffte Politik“ ein Zeichen zu setzen. In insgesamt sieben Kurzgeschichten wird gehetzt und gegen den ökologischen Umbau von Städten mobil gemacht. Es ist weder inhaltlich noch grafisch gekonnt umgesetzt, aber der Versuch, über ein solches Medium ein jüngeres Publikum anzusprechen.

(1) http://protest-muenchen.sub-bavaria.de/artikel/3933.
(2) Georg Seeßlen: Tintin, und wie er die Welt sah, Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2011, S. 82.

Comictipps:
Stephen Croall / Kaianders Sempler: Atomkraft für Anfänger, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1979.
Ted Turner: Captain Planet und die Planetenretter, Condor Verlag, Hamburg 1992–1993.
Ralf König: Pretty Baby. Der bewegte Mann 2, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1988.
Hanna Poddig / Christopher Leo: Kleine Geschichte der Umweltbewegungen, Unrast Verlag, Münster 2020.
Gerhard Seyfried: Let the bad times roll, Rotbuch Verlag, Hamburg 1997.

 

Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Druckausgabe der GWR. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es hier.

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