Abgeholzte Wälder, verschmutztes Trinkwasser und enormer Wasserverbrauch: Die neue Tesla-Gigafactory in Grünheide ist ein Klimakiller sondergleichen. Trotzdem betreibt der Autobau-Konzern erfolgreiches Greenwashing, und die unübersehbaren Umweltprobleme für die Region werden von Politik und Behörden ebenso ignoriert wie der Überwachungswahn von Tesla. Über die ökologischen Schäden und die Datensammelwut, aber auch über den Widerstand aus der Klimabewegung berichtet Elisabeth Voß. (GWR-Red.)
Ausgerechnet am Weltwassertag, am 22. März 2022, hat Elon Musk seine erste Tesla-Fabrik in Europa im brandenburgischen Grünheide eröffnet. Es sei „ein besonderer Tag für die Mobilitätswende in Deutschland“, behauptete Wirtschaftsminister Robert Habeck, der gemeinsam mit Kanzler Olaf Scholz und dem Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke der Gigafactory den Anschein von Klimafreundlichkeit verlieh.
Gleichzeitig demonstrierten Anwohner*innen von der BI Grünheide gemeinsam mit angereisten Aktivist*innen gegen das Megaprojekt, das die Wasserversorgung der Umgebung bis nach Berlin gefährdet. Bei einer Sitzblockade in der Einfahrt des Tesla-Geländes hatten sich einige mit den Händen an den Boden geklebt, andere seilten sich bei Erkner von einer Brücke über der A10 ab, sodass die Autobahn für mehrere Stunden gesperrt werden musste. In „sozialen“ Medien riefen sie dazu auf, das Greenwashing der #GigaFUCKtory zu #demuskieren.
Wasserraub und rechtswidrige Genehmigungen
Beim Besuch der Baustelle seiner Fabrik im August letzten Jahres lachte Elon Musk über die Fragen einer Reporterin nach den Sorgen um die Wasserversorgung der Region und bezeichnete sie als lächerlich. CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet lachte mit. Im Beteiligungsverfahren im Sommer 2021 wurden alle Bedenken von Organisationen und betroffenen Einzelpersonen ab- und weggewogen, und im März 2022 bekam Tesla die umweltrechtliche Genehmigung für seine Fabrik.
Schon vorher waren Fakten geschaffen worden, fast 100 Hektar Wald abgeholzt, Pfähle ins Grundwasser getrieben und Bauten errichtet worden – alles mit vorläufigen Genehmigungen und der vertraglichen Verpflichtung durch Tesla, gegebenenfalls alles wieder zurückzubauen. Aber hätte wirklich irgendwer in den Behörden den Mut gehabt, sich dem Megaprojekt entgegenzustellen?
Seinen ursprünglich ermittelten Wasserbedarf hatte Tesla 2020 deutlich heruntergerechnet; er entspricht trotzdem noch dem Bedarf einer Kleinstadt. Nach einer Klage der Umweltverbände Grüne Liga und NABU stellte sich heraus, dass es in der Behörde, die eine Erhöhung der Grundwasserentnahme durch das Wasserwerk in Eggersdorf genehmigt hatte, das auch Tesla beliefert, zu einer Verwechslung der Wasserwerke gekommen war und die Genehmigung irrtümlich erteilt wurde. Nur auf Grundlage dieser Erhöhung hatte der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner mit Tesla einen Liefervertrag über 1,4 Millionen Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr abgeschlossen. Das Gericht erklärte die Genehmigung für rechtswidrig, weil die gesetzlich vorgeschriebene „Beteiligung der stellungnahmebefugten Vereinigungen und Behörden“ nicht stattgefunden hatte.
Grünheide liegt im Landkreis Oder-Spree, südöstlich von Berlin, der zu den trockensten Regionen Deutschlands gehört. Mittlerweile hat der zuständige Wasserverband beschlossen, die Trinkwassermenge für private Kund*innen auf 105 Liter pro Tag und Person zu deckeln – zunächst für neu Zuziehende, ab 2025 jedoch auch für Bestandskund*innen. Wie dies konkret umgesetzt werden soll, scheint jedoch noch unklar zu sein.
Umweltgifte im Wasserschutzgebiet
Ebenso bedrohlich wie Teslas Wasserverbrauch ist die Wasserverschmutzung, insbesondere weil die Fabrik in einem Wasserschutzgebiet errichtet wurde, obwohl bei der Produktion chemische Umweltgifte und Gefahrstoffe in großen Mengen verwendet werden. Teslas Abwasser wird in der Kläranlage Münchehofe gereinigt und von dort in die Müggelspree eingeleitet, aus der das Wasserwerk Friedrichshagen auch Berlin mit Trinkwasser versorgt. Durch großflächige Versiegelungen und die bis ins Grundwasser getriebenen Betonpfeiler kann es darüber hinaus zur Versalzung des Grundwassers kommen. Schon kurz nach dem Produktionsstart gab es im April 2022 einen Zwischenfall, bei dem in der Lackiererei 15.000 Liter Chemikalien ausliefen. Die Behörden wiegelten ab, und der Wasserverband warf ihnen in einem von „Frag den Staat“ veröffentlichten Schreiben vor: „Ihre Schilderungen erwecken hier den Anschein, dass Sie nicht beabsichtigen, solche Störfälle konsequent nachzuverfolgen.“ Im weiteren Briefwechsel kam der Verband zu dem Schluss, die Behörden würden „den Angaben von Tesla blind vertrauen und die Verantwortung für unsere Trinkwasserzone gänzlich ignorieren.“
Noch läuft die Produktion langsam an, aber vorgesehen ist der Bau von 500.000 Autos pro Jahr. Wenn die geplante Batterieproduktion beginnt, dann wird das Risiko der Trinkwasserverunreinigung noch weiter zunehmen.
Das Märchen von der Elektromobilität
Mittlerweile dürfte allgemein bekannt sein, dass Elektroautos nur im Betrieb emissionsarm sind, dass ihre Herstellung – nicht nur der Fahrzeuge, sondern auch der Batterien, das wird gerne „vergessen“ – große Mengen Naturschätze und Energie verbraucht, ebenso wie der Betrieb. Selbst wenn der Energiebedarf großteils aus regenerativen Quellen gedeckt würde, sind auch diese nicht ohne den Einsatz von Rohstoffen zu haben. „Elektroautos als nachhaltige Mobilität ist das neueste Märchen der Automobilindustrie“, hieß es bei den Protesten gegen die Automobilmesse IAA im September 2021 (GWR 463, November 2021).
Tesla baut schwere SUVs und ein Modell, das mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 322 km/h beworben wird – Produkte aus patriarchalem Dominanzgehabe und Geschwindigkeitsrausch, die die Welt nicht braucht. Der fossile Irrweg Individualverkehr wird mit der individuellen E-Mobilität noch gesteigert. Es handelt sich um eine typische Klimascheinlösung, die absehbar die auf uns zukommende Katastrophe noch vorantreiben wird. Eine echte Verkehrswende hätte stattdessen den Schwerpunkt auf einem flächendeckenden und bezahlbaren, besser noch kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, für den Elektroantriebe durchaus eine Lösung sein könnten.
Kein Auto, sondern eine Datenkrake
Die NGO Digitalcourage hatte bereits 2020 – also vor dem Produktionsstart in Deutschland – den Schmähpreis „Big Brother Award“ in der Kategorie „Mobilität“ an Tesla verliehen. Sie würdigt damit die Produkte des Autobauers als „Überwachungsanlagen auf vier Rädern“. In seiner Laudatio wies Thilo Weichert, Jurist und ehemaliger Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, darauf hin, dass sich Tesla mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen praktisch unbegrenzte Nutzungsrechte an den Daten einräumen lässt und dass sich, wer ein solches Auto nutzt, mit der „Übermittlung von Informationen von Ihnen, über Sie oder über Ihre Nutzung“ einverstanden erkläre, auch „in Länder außerhalb Ihres Wohnsitzlandes, einschließlich der USA“. Wer widerspricht, riskiere eine „eingeschränkte Funktionalität, ernsthafte Schäden oder Funktionsunfähigkeit“.
Gesammelt wird alles, technische Daten, Kameraaufnahmen von den Insass*innen und – besonders brisant – auch die Video- und Ultraschallüberwachung, sogar beim Parken: „Acht Kameras gewähren eine 360-Grad-Rundumüberwachung der Fahrzeugumgebung in bis zu 250 Meter Entfernung.“ Weicherts Schlussfolgerung: Schon der Normalbetrieb von Teslas verstoße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Insbesondere die Erfassung des öffentlichen Raums sei „ein absolutes No-Go nach europäischem Datenschutzrecht“, und: „Wenn Menschen gefilmt und aufgezeichnet werden, die nur an einem Auto vorbei gehen, ohne dass sie sich konkret verdächtig machen, ist dies klassische illegale Vorratsdatenspeicherung.“ Daher seien Tesla-Autos „schlicht und einfach unzulässig“ und ein Fall für die Datenschutzbehörden.
Schon kurz nach dem Produktionsstart gab es im April 2022 einen Zwischenfall, bei dem in der Lackiererei 15.000 Liter Chemikalien ausliefen. Die Behörden wiegelten ab
Aktuell klagt der Verbraucherschutzverband (vzbz), der grundsätzlich die E-Mobilität befürwortet, vor dem Berliner Landgericht gegen Tesla. Zum einen wegen irreführender Aussagen zu CO2-Einsparungen, denn diese würden von Fahrzeugen anderer Hersteller zusätzlich ausgestoßen, welche von Tesla „Emission Credits“ erwerben – allein im Jahr 2020 im Umfang von 1,6 Milliarden Dollar. Zum anderen wegen der Überwachung der Umgebung, denn wenn Kund*innen den Wächter-Modus ihres parkenden Autos einschalten, riskierten sie ein Bußgeld.
Privatisierung von Land und Weltall
Elon Musk möchte sein Firmengelände von bisher 300 Hektar um mehr als 150 Hektar erweitern – für einen Güterbahnhof und weitere Bauten. Dabei würde ein Wald gerodet, in dem bereits begonnen wurde, von der verbreiteten Kiefernmonokultur auf Mischwald umzustellen, der den Klimaveränderungen eher gewachsen ist. Auch geschützte Tierarten von der Tesla-Baustelle wurden dorthin umgesiedelt. Der Wasserbedarf würde weiter steigen. Für die Erweiterung müsste ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden. Die BI Grünheide startete Mitte Juli eine Petition gegen die Erweiterung.
Mit seinen Tesla-Fabriken in den USA und China, und nun auch in Deutschland, ist Elon Musk ein gefährlicher Land- und Watergrabber (1), aber damit nicht genug: Er greift auch nach dem All. Sein Raumfahrtunternehmen SpaceX betreibt das weltweit größte Satellitennetzwerk Starlink mit bisher 4.500 von 12.000 genehmigten Satelliten im Weltraum. Damit kann das im Aufbau befindliche 5G-Netz, das für „smarte“ Vernetzung und vor allem für das autonome Fahren wichtig ist, auch dort eine Netzabdeckung gewährleisten, wo es keine Mobilfunkmasten gibt. So wie die gesamte elektronische Kommunikation hat insbesondere das 5G-Netz aus dem All eine große militärische Bedeutung.
Die Satelliten sind schon heute als Lichterketten am Nachthimmel zu erkennen – eine Lichtverschmutzung des Weltalls und eine wachsende Ansammlung von Weltraumschrott. Für SpaceX ist das nur ein Anfang: Das Unternehmen hat bei der zuständigen UN-Behörde beantragt, 30.000 weitere Satelliten ins All zu schicken.
„There will be blood“
Musk gehört zu den Superreichen, die anscheinend glauben, ihnen würde die ganze Welt gehören, und sie hätten alles Recht, sich zu nehmen, was immer sie wollen. Im Mai 2022 suchte er über Twitter nach harten Streetfighter-Anwält*innen für eine Prozessabteilung bei Tesla, mit dem Hinweis „Es wird Blut fließen“ („There will be blood“). Vielleicht will er ja damit auch Klagen wegen sexueller Übergriffe und rassistischer Beleidigungen abschmettern, über die schon mehrfach in den Medien berichtet wurde.
Er scheint sich über den Gesetzen stehend zu wähnen. Beim Bau seiner Fabrik in Grünheide wurden beispielsweise Baufahrzeuge ohne die vorgeschriebenen Schutzvorrichtungen betankt, Abwasserrohre illegal verlegt und Tanks ohne Genehmigung errichtet. Zoll und Arbeitsschutz ermittelten, weil polnische Bauarbeiter weit weniger als den Mindestlohn bekamen und unwürdig untergebracht waren. Strafen kann Musk aufgrund seines unfassbaren Reichtums bezahlen, ohne dass es ihm etwas ausmacht. In den USA ist Tesla als gewerkschaftsfeindlich bekannt und gilt als eines der gefährlichsten Unternehmen, was Arbeitsunfälle betrifft.
Wie wirtschaftliche und politische Macht zusammengehen, zeigte sich beispielsweise in Bolivien. Dort wurde im November 2019 der erste indigene Präsident, Evo Morales, kurz nachdem er zum dritten Mal gewählt worden war, von Militär und radikalen Rechten zum Rückzug gezwungen und ging nach Mexiko ins Exil. Er hatte die enormen Lithium-Vorkommen des Landes – ein begehrter Stoff für die Herstellung von Batterien für Elektroautos – verstaatlicht, um die Gewinne nicht den Konzernen zu überlassen, sondern sie für die Entwicklung seines Landes einzusetzen. Ein halbes Jahr später reagiert Elon Musk auf den Vorwurf, dass die US-amerikanische Regierung hinter dem Putsch stecke, mit dem entlarvenden Tweet: „Wir putschen gegen wen wir wollen.“
Schöne Aussichten für Brandenburg.
(1) Land Grabbing (Landraub) und Water Grabbing (Wasserraub) bezeichnen die massenhafte Aneignung von landwirtschaftlich nutzbaren oder ökologisch bedeutsamen Landflächen und Wasserressourcen – meist durch Konzerne – auf Kosten der regionalen Bevölkerung und Natur.
Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Druckausgabe der GWR. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es hier.