Per Lindblom: Svenska anarkister och syndikalister i spanska inbördeskrieget: Korrespondenter och och frivilliga 1936-1939, Federativs Förlag, Stockholm 2022, 700 Seiten, ISBN 9789186474782
In Schweden erschien mit „Svenska anarkister och syndikalister i spanska inbördeskrieget“ (Schwedische Anarchist*innen und Syndikalist*innen im Spanischen Bürgerkrieg) von Per Lindblom ein Buch über Anarcho-Syndikalist*innen, die von Schweden aus nach Spanien gingen, um sich ab 1936 am Kampf gegen Franco und für die Soziale Revolution zu beteiligen.
Im Kapitel „Korrespondent*-
innen im Dienst der Revolution“ stehen die schwedischen Syn
dikalist*innen Margit Manus (1909–1971), Axel Österberg (1911–1968), Rudolf Berner (1907–1977), Maja Funseth (1907–1994) und das Kasseler FAUD-Mitglied Fred Schröder (1904–1984) im Mittelpunkt. Sie arbeiteten 1936 und 1937 für das „Oficina des Information Exteriór de la CNT und FAI“, dem Auswärtigen Informationsbüro der CNT (Confederación Nacional del Trabajo, Konföderation anarchosyndikalistischer Gewerkschaften in Spanien) und der FAI (Federación Anarquista Ibérica, Iberische Anarchistische Föderation).
Bevor Fred Schröder mit seiner Freundin Maja Funseth in der Nachfolge von Manus und Österberg für das Auswärtige Informationsbüro von CNT und FAI arbeitete, wurde er auf Anraten von dem deutschen Syndikalisten Helmut Rüdiger (1903–1966) für den Nachrichtendienst der CNT und FAI rekrutiert. Eine Aufgabe innerhalb des Servicios de Information e Investigación de la CNT-FAI war die Spionageabwehr gegen deutsche Nazis, die sich noch in der Stadt aufhielten. Das Ermittlungsteam, dem Schröder angehörte, war ausschließlich deutschsprachig und hatte vor allem die Aufgabe, die Überreste der nationalsozialistischen Auslandsorganisation in Katalonien aufzudecken. Die Gruppe bestand zunächst aus Ferdinand Götze (1907–2003), Arthur Lewin (1907–1976), Emil Hessenthaler (1914–?) und Egon Illfeld (1914–1985), wobei die beiden letztgenannten ehemalige Kommunisten waren, die erst kürzlich der Exilorganisation DAS (Deutsche Anarchosyndikalisten) beigetreten waren. Einige Zeit später kam Helmut Kirschey (1913-2003) hinzu. Sie waren bewaffnet und mit CNT- und FAI-Ausweisen und -Zertifikaten ausgestattet, die ihnen die Befugnis gaben, ihre Arbeit auszuführen, ohne dass jemand das Recht hatte, sie daran zu hindern.
Berner war die Arbeit im Informationsbüro von CNT und FAI immer zu wenig. Er wollte reisen und davon berichten. Er durfte Ende Dezember 1936 in einem Wagen der CNT von Barcelona ins revolutionäre Aragón fahren. Silvester verbrachte er in Bujaraloz einige Kilometer hinter der Front bei der Kolonne Durruti. Neujahr machten sie sich auf dem Weg nach einem der Dörfer an die Front im Sektor der Kolonne Durruti. In der Arbetaren berichtet er begeistert über das Fortschreiten der sozialen Revolution in Aragón und von der Kollektivierung. In der ersten Januarwoche 1937 kam er wieder in Barcelona an.
Ein weiterer Schwerpunkt sind die schwedischen Syndikalisten, die in der Kolonne Durruti kämpften. Es waren Olov Jansson (1913–1984), der von November 1936 bis Februar 1937 in Spanien war, und Nils „Lisse“ Nätt (1907–1988), der dort von Januar 1937 bis Dezember 1937 lebte. Beide waren an der Aragon-Front im Einsatz. Drei weitere Schweden stießen zur Kolonne Durruti. Dabei handelte es sich um Yngve Andersson, Ejlert Hagberg und Harry Norrblom. Alle drei waren Mitglieder der Sozialistischen Partei in Schweden, standen aber in der „Spanienfrage“ der schwedischen, (anarcho-)syndikalistischen Gewerkschaft SAC (Sveriges Arbetares Centralorganisation) nahe. Für Lätt enden die Kämpfe in der Columna Durutti mit dem Verlust eines Auges, auch die drei anderen Schweden wurden verwundet. Alle wurden in einem Krankenhaus in Tarragona behandelt.
In dem Kapitel „In der untergegangen Republik“ geht es noch einmal um Rudolf Berner. Im Mai 1938 kam Berner erneut in Spanien an. Er sollte die Lücke schließen, die Maja Funseth und Fred Schröder mit ihrer Abreise nach Schweden hinterließen. Die CNT bat die SAC, jemanden zu schicken. Berner war nun bei der CNT angestellt und arbeitete im internationalen Informationsbüro der CNT-FAI. Seit Berner Spanien das letzte Mal verlassen hatte, hatte sich viel verändert. Die Aragonfront war zusammengebrochen und die entstandene anarchistische Gesellschaftsstruktur war weitgehend verschwunden. Die Militarisierung der anarchistischen Milizen war abgeschlossen und die CNT war in die Regierung eingetreten. Berner blieb bis zum Juli 1939.
Bei allen geht Lindbolm auf den politischen Werdegang ein und er nutzt die Aktivitäten der genannten Personen, um über die Ereignisse und den Verlauf der sozialen Revolution und des Bürgerkrieges in Spanien zu erzählen. Lindbolm konnte für sein Buch auf die Artikel zugreifen, die die Syndikalist*innen aus Spanien nach Schweden schickten und in der schwedischen anarchosyndikalistischen Zeitung „Arbetaren“ veröffentlicht wurden, und eine Reihe von Briefen. Daraus konnte Lindbolm rekonstruieren, was die in Spanien machten, was sie erlebten und wie sie die Dinge sahen.
Am Ende beschreibt Lindbolm, wie das Leben der Syndikalist*innen nach ihrer Rückkehr nach Schweden bis zu ihrem Tod verlief. Interessant für die deutschen Leser*innen ist das Kapitel über Fred Schröder da hier noch mal die Aktivitäten deutscher Syndikalist*innen um Schröder, während des Krieges beschrieben werden. Lindbolm hat mit diesem Buch eine Lücke in der syndikalistischen Geschichte und der Sozialen Revolution und des Bürger*innenkrieges in Spanien geschlossen. Aber hier warten noch einige Aufgaben für uns.
Anmerkung:
Zum Thema der deutschen und schwedischen anarchistischen Antifaschist*innen in Barcelona erschien im Verlag Graswurzelrevolution: Dieter Nelles, Ulrich Linse, Harald Piotrowski, Carlos García: Deutsche Antifaschist*innen in Barcelona (1933-1939), Heidelberg 2013, 24,90 Euro, https://www.graswurzel.net/gwr/produkt/deutsche-antifaschistinnen-in-barcelona-
1933-1939/