Der Titel dieses Buches klingt komisch, aber der Untertitel kann da Klarheit verschaffen. Eine Posse dient zur Beschreibung „als grotesk empfundene[r] Vorgänge in Gesellschaft und Politik“. Eine Glosse ist laut Wikipedia „ein meist kurzer und pointierter, oft satirischer oder polemischer Meinungsbeitrag zu aktuellen Ereignissen oder Problemen“. Eine wiederkehrende Glosse nennt man auch Kolumne. Dieses Buch versammelt Kolumnen, Satiren, unernste Geschichten und Kurzgeschichten, die Ewart Reder seit den Nuller Jahren bis 2024 geschrieben und in der GWR und zahlreichen anderen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht hat. Viele davon hat der Literat vor der Buchveröffentlichung schon auf seine Homepage liternatur.net unter der Reihe „Noise Gate“ (von 2020–2022) und „Wahrheitsdrohne“ (2023/2024) gestellt. Zwei Kolumnen hat Reder in der Frankfurter Rundschau veröffentlicht. Diese Texte haben mir recht gut gefallen, bringen sie doch auf meistens ein bis drei Buchseiten das Wesentliche auf den Punkt. Man merkt, dass Reder sich dabei intensiv mit dem aktuellen politischen und kulturellen Zeitgeschehen auseinandersetzt. Er versteht es, Vorkommnisse und Dinge auf den Punkt zu bringen, indem er sie ganz anders oder von der anderen Seite her denkt. Man könnte ihn auch als einen talentierten Quer- bzw. Schrägdenker bezeichnen, wenn dieser Begriff nicht durch die Rechten und Corona-LeugnerInnen total verhunzt worden wäre. In der Glosse „Der Abgesagte“ erwähnt er sie sogar einmal: „Nimm einen Eierkopf, schreib ‚Querdenken‘ drauf […] Okay, so schlecht sind die Quer-Jungs gar nicht. August bis Dezember: Querdenkerdemos.“ Ambivalent, würde ich sagen.
Die anderen Reihen „Possen“ und „Rom“ versammeln dagegen eher Kurzgeschichten. Sie sind für meinen Geschmack recht langatmig und haben mich deshalb nicht sonderlich angesprochen. Auch die fiktiven Interviews mit ZeitgenossInnen in der Reihe „Reder und Antwort“ von 2011 fand ich nicht überzeugend. Reder schreckt dabei auch nicht vor gelegentlichen Kalauern zurück, z. B.: „Hier werden Sie gut gebraten – Allianz.“ Dabei kann dieser Ausspruch im Hinblick auf den Klimawandel durchaus zum Nachdenken anregen.
In diesen Texten werden wichtige Themenfelder angesprochen, z. B. der Klimawandel, Flucht und Migration. Auch ist gelegentlich Kapitalismuskritik zu finden. Der Auseinandersetzung mit seinem persönlichen Umfeld und Problemen in Beziehungen widmet er ebenfalls Texte. An mehreren Stellen geht er humorvoll auf seine beiden Verleger Axel Dielmann und Traian Pop ein. Ein Kolumnenbeitrag mit dem schlichten Titel „SUV“ wurde übrigens von der Frankfurter Rundschau nicht veröffentlicht, ist aber im Buch enthalten. Folgender Satz erhellt wohl, woran es gelegen haben könnte: „Und was trotzdem zuverlässig Menschen tötet, ohne sie unverzehrbar zu beschädigen. Er fährt SUV.“ Ein nachdenklich machendes Buch.
Texte, die es auf den Punkt bringen
Ewart Reders gesammelte Possen und Glossen
Ewart Reder komisch, dass wir nicht merken, dass wir komisch sind. Possen und GlossenPop Verlag, Ludwigsburg 2025, 288 Seiten, 23 Euro, ISBN 978-3-86356-414-8