kultur

„Paul Wulf“ ist wieder da

Die erste Skulptur, die an ein Opfer der NS-Zwangssterilisierungen erinnert

| Bernd Drücke

Selten hat ein Kunstwerk in Westfalen so viele kontroverse Reaktionen ausgelöst wie die "Paul Wulf-Skulptur".

Und die Wogen haben sich bis heute kaum geglättet. So finden sich neben positiven Artikeln, Kommentaren und LeserInnenbriefen auf der Homepage der Westfälischen Nachrichten auch jetzt wieder einige empörte, vorwiegend anonyme Leserbriefe wie die folgenden:

Anonymer Leserbrief auf www.westfaelische-nachrichten.de, 1.9.2010

„Kommunistendenkmal

‚Paul Wulf verstand sich als Anarchist und Kommunist, und war (..) Mitglied der KPD und der VVN.‘ Noch Fragen?“

Anonyme Leserbriefe auf www.westfaelische-nachrichten.de, 6.9.2010, nachdem zuvor über einen Anschlag auf die Paul Wulf-Skulptur in der WN berichtet wurde.

„jaja, die Neonazis
Wer ein Kommunisten-Denkmal aufstellt muss sich nachher nicht wundern…
im Übrigen sind es nicht nur Rechte die sich daran stören)“

„zurück vom Arzt
Vorschlag: wir stellen irgendwo in MS ein zweites Denkmal auf. Ein Denkmal von einer Person die, von einer gefühlten Mitte der Gesellschaft, so weit rechts steht wie Paul Wulf links.
Ich möchte erleben was dann los ist… (und wie das nach einer Nacht aussieht)“

„DDR’risierung der ‚Bunten Republik Deutschland‘ schreitet unaufhörlich voran
Wenn nun schon kommunistischen Staatsfeinden Denkmäler errichtet werden, wissen wir ja, wo die Reise hingeht. Auch die an der Statue angebrachte Werbung für linksextreme Ideologie, den münsteraner Szenetreffpunkt ‚Don Quijote‘ und die laut Innenministerium ebenfalls verfassungsfeindliche Zeitschrift ‚Graswurzelrevolution‘ spricht für sich. Zum Glück hat sich die ‚C’DU bei der Abstimmung über das Kommunistendenkmal heldenhaft enthalten. Man kann also beruhigt sein.“

Die Frankfurter Künstlerin Silke Wagner und der Münsteraner Umweltzentrum Archiv-Verein hatten die Paul Wulf-Skulptur als Teil des Projekts „Münsters Geschichte von unten“ entwickelt.

Vor drei Jahren war der 3,40 Meter große und 500 Kilo schwere „Paul“ Publikumsliebling der „Skulpturprojekte Münster 2007“. Doch gegen das Votum der Kunstkommission lehnte die 2007 noch in Münster regierende CDU/FDP-Koalition den Erhalt der Skulptur ab (die GWR berichtete). Das sorgte in Münster und bundesweit für Empörung. Schließlich konnte u.a. die Bezirksvertretung Münster-Mitte, in der SPD, Grüne und UWG eine Mehrheit haben, den Verbleib von „Paul“ in Münster durchsetzen.

Der Freundeskreis Paul Wulf hat drei Jahre lang mit Unterstützung vieler FreundInnen Spenden in Höhe von 33.000 Euro für Ankauf und Instandsetzung der Skulptur gesammelt. Nun wird das Standbild, das an den von den Nazis zwangssterilisierten Antifaschisten Paul Wulf erinnert, bis September 2013 auf dem Servatiiplatz an Münsters Promenade zu sehen sein, bevor es danach vor die antifaschistische Bildungsstätte Villa ten Hompel versetzt wird.

Silke Wagner hat die Skulptur ab 2006 zusammen mit mir entwickelt. Ich habe u.a. die Texte auf der Skulptur und der dazu gehörenden Homepage www.uwz-archiv.de geschrieben.

Alle zwei Monate werden seit September 2010 neue Plakate auf der wieder aufgestellten Skulptur angebracht. Drei Jahre lang werden somit Dokumente zu den Themen „Paul Wulf“, „Anti-Atom-Bewegung in Münster“, „Hausbesetzerbewegung in Münster“ und „Zensur und Kriminalisierung alternativer Medien in Münster“ durch die auch als Litfasssäule konzipierte Skulptur zugänglich gemacht.

Am 5. September 2010 wurde das Kunstwerk offiziell der Öffentlichkeit übergeben. 150 Menschen kamen zu der vom Freundeskreis Paul Wulf gestalteten Feier.

Neben Livemusik von Pit Budde (Ex-Cochise) und dem Duo Contraviento gab es Redebeiträge von Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU), Silke Wagner, Peter Fischer Baumeister (Grüner Bezirksbürgermeister), der Kunstkommissionsvorsitzenden Beate Vilhjamson (SPD-Bürgermeisterin), Robert Krieg (Freundeskreis Paul Wulf), Christian Sigrist und mir.