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Keine „Wehrpflicht“, dafür Karrierezentren

| Michael Schulze von Glaßer

Zwar soll die Bundeswehr schrumpfen, frischer Nachwuchs für weltweite Militärmissionen muss aber stärker denn je angeworben werden. Statt wie bisher 7.000 sollen in Zukunft 10.000 deutsche SoldatInnen dauerhaft in Auslandseinsätzen stationiert werden können.

"Die Bundeswehr wird kleiner werden. Sie ist eine Freiwilligenarmee ohne Wehrpflicht", erklärte Thomas de Maizière am Mittwoch zur Veröffentlichung des neuen Bundeswehr-Stationierungskonzepts.

Aktuell ist die deutsche Armee an 394 Standorten stationiert. 31 Standorte sollen geschlossen und bei 90 Standorten der Personalumfang signifikant – laut Bundeswehr um mehr als 50 Prozent oder mehr als 500 Dienstposten – reduziert werden. Am Ende soll die Bundeswehr aus 185.000 SoldatInnen – 5.000 bis zu 15.000 Freiwillig Kriegsdienstleistenden – und 55.000 zivilen MitarbeiterInnen bestehen.

Um die freiwillig Kriegsdienstleistenden und auch den dauerhaften Nachwuchs zu generieren, soll zukünftig vor allem das ehemals in den Kreiswehrersatzämtern eingesetzte Personal aktiviert werden: "Im neuen Organisationsbereich Personal werden künftig alle Aufgaben von der Personalgewinnung, über die Personalführung bis hin zur Bildung und Qualifizierung der Soldatinnen und Soldaten und zivilen Angehörigen der Bundeswehr verantwortet", heißt es in dem Stationierungskonzept des Verteidigungsministeriums.

Neben den Kreiswehrersatzämtern sollen die fünf Zentren für Nachwuchsgewinnung in Berlin, München, Hannover, Düsseldorf und Wilhelmshaven der Bundeswehr den Nachwuchs sichern: "Eine wohnortnahe Beratung über den Arbeitgeber Bundeswehr wird durch einen Verbund von 110 ständig besetzten ‚Karriereberatungsbüros Bundeswehr‘ sowie bis zu 200 mobilen Büros sichergestellt."

In weiteren 16 Karrierecentern soll darüber hinaus ein umfassendes Angebot zum Arbeitgeber Bundeswehr bereitgestellt werden. Die Rekrutierungszentren sollen in Stuttgart, München, Nürnberg, Berlin, Potsdam, Kassel, Schwerin, Hannover, Wilhelmshaven, Düsseldorf, Mainz, Lebach, Dresden, Magdeburg, Kiel und Erfurt entstehen.

Wird es also bald in den Innenstädten eigene Bundeswehr-Werbebüros geben?

"Konkret kann man das noch nicht sagen", so ein Armee-Sprecher. Erst einmal würden die Kreiswehrersatzämter in die Karrierecenter umgewandelt. "Ob es darüber hinaus noch zusätzliche Büros in den Innenstädten geben wird, steht noch nicht fest."

Die Bundeswehr hat heute bereits in 11 Städten feste Büros in Arbeitsagenturen. Zudem werden bundesweit in rund 850 Arbeitsagenturen regelmäßige Werbeveranstaltungen durchgeführt. Ein eigenständiges Rekrutierungsbüro nahm die Bundeswehr im Januar 2010 in Saarbrücken nahe des Hauptbahnhofs in Betrieb – nach bisherigen Informationen auch das bislang einzige Werbebüro dieser Art.

Für den Fall, dass die Bundeswehr versucht, flächendeckend Rekrutierungsbüros in Städten zu installieren, kündigten FriedensaktivistInnen schon antimilitaristische Protestaktionen an: "In den einzelnen Städten wird es sicher Proteste gegen die Rekrutierungsbüros geben", erklärt Monty Schädel, politischer Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK).

Die Werbezentren in den Innenstädten wären eine Einladung für Friedensgruppen, nicht nur gegen die Rekrutierungsbemühungen, sondern auch allgemein gegen das Militär und die deutschen Auslandseinsätze zu demonstrieren.

Ob die Bundeswehr diese "Einladung zum Protest" aussprechen wird, wird sich aber erst in den nächsten Monaten zeigen. Erst dann werden das Stationierungs- und auch das Personalgewinnungskonzept detailliert ausgearbeitet sein.