Jean-Pierre Filiu / David B.: Die besten Feinde: Eine Geschichte der Beziehungen der Vereinigten Staaten mit dem Nahen Osten (Erster Teil 1783/1953), Avant Verlag, Berlin 2012, 19.95 Euro
Der französische Historiker Jean-Pierre Filiu gibt, gemeinsam mit dem Comiczeichner David B., eine neue Antwort auf die Frage, wie sich Geschichte darstellen lässt.
Während andernorts der Anspruch nach einer wahrheitsgemäßen Darstellung vielfach gleichgesetzt wird mit einer Aneinanderreihung von historischen Dokumenten und Texten, wird hier auf Comicbilder zurückgegriffen.
Das erste der vier Kapitel besteht aus einem Rekurs auf den Gilgamesch-Epos, wobei Zitate von George W. Bush und Donald Rumsfeld im Kontext des Irak-Krieges 2003 eingewebt werden. Der Rekurs dient dazu, auf die Grausamkeit von Kriegen hinzudeuten. Anschließend werden drei historischen Phasen der US-amerikanischen Politik im Nahen Osten und Nordafrika dargestellt.
Es ist zwar weitgehend vergessen, aber der erste Krieg der USA überhaupt fand 1801-1805 in Nordafrika gegen die sog. „Barbareskenstaaten“ statt. Unter der nominellen Herrschaft des Osmanischen Reiches existierten bis ins 19. Jahrhunderten an der nordafrikanischen Küste eine Reihe von Staaten, die sich hauptsächlich mit Piraterie und Sklaverei finanzierten. Zwischen den „Barbareskenstaaten“ und den europäischen Mächten entwickelten sich fragile Beziehungen, die davon geprägt waren, dass gleichzeitig gekämpft und verhandelt wurde. Mal wurden Tribute gezahlt, mal wurden Flotten losgeschickt um die Piraten zu bekämpfen. Die junge USA, die noch keine schlagkräftige Marine besaß, versuchte zuerst mit Tributzahlungen die Piraten zu beschwichtigen. Nachdem dies scheiterte, entstand im Kampf gegen die Barbareskenstaaten eine international einsetzbare US-Marine. So ist kein Zufall dass in der Hymne der US-Marine Corps auf die Kriege in Nordafrika am Anfang des 19. Jahrhunderts Bezug genommen wird.
Im dritten Kapitel wird die Entstehung Saudi Arabien und die britische und später US-amerikanische Rolle darin skizziert. Dabei wird deutlich, dass Großbritannien und USA eine so große Interesse an den Erdöl-Vorkommen in Saudi Arabien hatten, dass politische und ideologische Differenzen mit dem Wahabismus keine große Rolle spielten.
Es ließe sich ergänzen, dass auch die Saud-Dynastie religiös-ideologische Fragen eher sekundär waren, angesichts der westlichen Militärhilfe.
Im Schlußkapitel werden die vielfachen Interventionen in den Iran durch die Sowjetunion, Großbritannien und USA dargestellt. Zentral ist dabei die „Operation Ajax“, der Sturz des iranischen Premierministers Mohammad Mossadegh durch einen CIA-gestützten Putsch. Ziel der Operation war es, die Verstaatlichung der Erdölindustrie, dass durch die iranische Regierung beschlossen wurde, wieder rückgängig zu machen und eine US-opportune Regierung einzusetzen. Dabei werden die komplexen Beziehungen zwischen der USA, Großbritannien einerseits und den vielen unterschiedlichen iranischen Akteuren (Schah, Regierung, Armee, iranische Agenten) umfassend beleuchtet.
Insgesamt ist das Geschichtscomic sehr lesenswert. Die eindrucksvollen Bilder werden durch knappe aber dennoch informative Texte ergänzt.
Es gibt, neben wenigen kleineren Problemen (wie etwa die sehr positive Darstellung Mossadeghs) ein kritikwürdiger Aspekt: Die Geschichtsdarstellung ist bisweilen doch sehr konventionell, wenn etwa bei den Kriegen in Nordafrika die Anzahl der Kanonen auf einzelnen Kriegsschiffen aufgezählt werden. Dennoch kann eine Leseempfehlung ausgesprochen werden und auch der zweite Teil des Projekts dürfte interessant werden.
Anmerkungen
Die vollständigen libertären buchseiten 2012 gibt es auch als PDF zum Download.