Bei einer Informationsveranstaltung im DGB-Haus Göttingen schilderte ein Atomkraftgegner, wie er 2 Wochen lang vom LKA observiert und abgehört wurde. Teilgenommen hatten außerdem sein Anwalt Johannes Hentschel, ein Sprecher des AntiAtomPlenums Göttingen, eine Vertreterin der Roten Hilfe sowie des Komitees für Grundrechte und Demokratie (Köln). Übereistimmend wurde die Polizeimaßnahme und das ihm zu Grunde liegende Polizeigesetz kritisiert.
Der Physikstudent wurde laut Observationsakte bis auf die Universitätstoilette verfolgt, sein Telefon wurde abgehört und am Auto eines Bekannten wurde ein GPS-Sender angebracht. „Offenbar reichte die Phantasie der Beamten weit genug, dass sie annahmen, ich wollte das Fahrzeug auf die Schienen stellen, um den Castor-Zug anzuhalten“, so der 25-jährige. Auch recht weit hergeholt sei die Begründung für die Überwachung gewesen. So habe im Wesentlichen ein einhellig eingestelltes Ermittlungsverfahren, die vermutete Mitgliedschaft im AntiAtomPlenum und ein ihm zugeschriebenes Party-Plakat für diesen schweren Eingriff in die Privatsphäre gereicht.
Rechtsanwalt Johannes Hentschel zeigte sich zuversichtlich, dass das am Landgericht Göttingen eingereichte Beschwerdeverfahren gegen die Telekommunikationsüberwachung Erfolg haben werde. Außerdem sei bereits eine von diesem Fall unabhängige Klage gegen den hier angewandten Paragrafen §33a Nds. SOG am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig, die vermutlich auch gewonnen werde. Dieser Paragraf erlaube es, präventiv und ohne konkreten Verdacht Personen auszuforschen und in ihren privaten Lebensbereich einzudringen.
Der Sprecher des AntiAtomPlenums stellte klar, dass es in der Antiatom-Bewegung den Konsens gibt, keine Menschen zu gefährden. „Schienenblockaden werden von Atomkraftgegnern erst dann durchgeführt, wenn es zumindest Warnhinweise für den Lokführer gibt, oft auch für die Polizei. Die einzige Gefahr, die dann bleibt, ist die Skrupellosigkeit der Polizei, die teilweise eindeutige Warnhinweise ignoriert.“ Er wies darauf hin, dass die polizeiliche Überrumpelungstaktik voriges Jahr in Frankreich einem Aktivisten das Leben gekostet hat.
Die Vertreterin des Komitees für Grundrechte und Demokratie verwies auf die seit dem 11.9.2001 fortschreitende Verlagerung der Polizeikompetenzen weg von Strafverfolgungen hin zu präventiven Maßnahmen. Die dadurch immer weiter anschwellenden Datensammlungen beruhten meist nur auf einer „falschen“ Gesinnung oder Gruppenzugehörigkeit. Jeder Bürger werde zu einem potentiell Verdächtigen, die ehemals rechtsstaatliche Unschuldsvermutung werde umgekehrt.
Auch die Rote Hilfe wertete das 2003 in Niedersachsen geänderte neue Polizeigesetz vor allem als willkürliches Ordnungsmittel gegen unliebsame Personen und linkspolitische Gruppen.
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