Weil ich die letzten Tage nicht zu Hause verbracht habe, habe ich mich mit den guten Nachrichten etwas verspätet. Mehmet wurde am 28.01., also schon drei Tage nach seiner Festnahme wieder entlassen.
Wie es dazu kam: Nachdem die Anwälte am 22. und 23.01. ernsthafte Probleme hatten, ihn zu besuchen, wurde er um 17 Uhr in Windeseile nach Mersin weitergeleitet. Am 24.01. kam er in Mersin an. „Seine“ Vorgesetzten erstellten sofort zwei Akten, wegen „Desertion“ und „wiederholter Befehlsverweigerung“ und schickten ihn am 25.01. weiter zum Militärgericht in Adana.
Der Militärstaatsanwalt verhörte Mehmet und protokollierte Mehmets Ausführungen, denen zufolge er KDVer sei und er sich nicht als Deserteur verstehe, sehr genau. Anschließend entschied er sich für ein Verfahren, ohne Untersuchungshaft. Er wolle Mehmet in die Einheit zurückschicken, damit er einen Erholungsurlaub bekommt und das kommende Fest bei seiner Familie verbringen kann!
Zurück in Mersin wurde Mehmet vorerst fürs Wochenende im Gästehaus der Offiziere untergebracht. Am Montag, dem 27.01. ordnete der Kommandant die Weiterleitung an das Militärkrankenhaus von Adana an. Dort wollte man, dass er sich für ein Photo rasiert, was er ablehnte. Außerdem sollte er einen Fragebogen mit 550 Fragen beantworten, was er ebenfalls ablehnte. Hierauf stellten die Aerzte ihm aufgrund von „sozialer Persönlichkeitsstörung“ einen Erholungsurlaub von drei Monaten aus. Mehmet wurde gesagt er solle sich am Ende der frist nicht bei der Einheit, sondern bei GATA, der medizinischen Akademie des Militärs in Ankara melden.
Am Nachmittag des 28.01. wurde Mehmet entlassen. Nach einem Besuch bei seinem Anwalt fuhr Mehmet mit dem Bus nach Izmir. Mehmet kann sich also für die nächsten drei Monate „legal“ und ohne Sorge um eine erneute Verhaftung „frei“ bewegen. Das ganze Spektakel, von der außergewöhnlichen Festnahme durch JITEM bis zur Vergabe des Urlaubs, deutet auf eine genaue Planung. Höchstwahrscheinlich soll Mehmet am Ende dieser Frist ausgemustert werden. Mehmet hat vorläufig nicht vor, beim GATA aufzutauchen. Eine weitere Festnahme ist also im Mai, oder in den folgenden Monaten, zu erwarten.
Am Ende dieser zweiten Etappe im Fall Bal, will ich Euch allen für Eure schnelle Reaktion und Solidarität danken. Wahrscheinlich werden wir, angesichts des kommenden Krieges, bald darauf zurückgreifen müssen.
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