Die Dortmunder Firma Uhde, eine Tochter des ThyssenKrupp-Konzerns, will die nukleare Brennelementefabrik für den in Südafrika geplanten Hochtemperaturreaktor bauen. Die seit 1962 in Südafrika aktive Firma erhielt den Auftrag, das 20-Millionen- Dollar-Projekt auf dem Gelände eben jener Atomfabrik Pelindaba zu realisieren, an deren Grenze erst vor wenigen Wochen von Earth Life Africa und der Böll-Stiftung beunruhigend hohe Werte von radioaktiven Strahlen gemessen wurden. Nach der Fertigstellung im Jahre 2010 sollen dort 270.000 nukleare Kugelbrennelemente produziert werden.
Eben diese tennisballgroßen Brennelemente haben im 1989 stillgelegten Thorium Hochtemperaturreaktor (THTR) zu massiven Problemen geführt, weil sie teilweise in den Zu- und abführungsrohren steckenblieben oder von den einfahrenden Abschaltstäben im Reaktorkern zerstoßen wurden.
Seit Anfang Mai 2005 wurde in verschiedenen Zeitschriften in Dortmund, im Fernsehen und auch überregional über das Dortmunder HTR-Geschäft berichtet und Uhde versuchte, sich herauszureden. Angeblich seien es nur „Hilfs- und Nebenanlagen“, ein paar „Dampf- und Druckluftsysteme“, ein Kühlturm, sowie „Planungs-, Einkaufs-, Bau- und Montage- und Inbetriebnahmeleistungen“, die die Dortmunder Firma in Südafrika erbringen würde. Was genau in Betrieb gehen soll, darüber spricht Uhde nicht so gerne.
Es ist die nuklare Brennelementefabrik für den geplanten Hochtemperaturreaktor in Südafrika. Für die in Deutschland kläglich gescheiterte Atomkraftvariante werden zwei Komponenten benötigt. Einerseits der Reaktor selbst und andererseits seine Brennstofffabrik. Nur beides zusammen ergibt einen Sinn; es sind zwei Seiten derselben Medaille. Da kann man sich nicht mit ein paar Hinweisen auf erstklassige Rohre „Made in Germany“ herausreden. Oder damit, dass es selbstverständlich in Südafrika noch andere Vertragspartner geben muss, um das nukleare Projekt in diesem Land realisieren zu können.
Auch der THTR in Hamm-Uentrop war während seiner langen Bauzeit von 1971 bis 1983 nur ein „ungefährlicher“ Anlagenkomplex mit vielen Rohrsystemen und einem Kühlturm, bis es dann zu der Beladung mit den radioaktiven Kugelbrennelementen gekommen ist. Von diesem Zeitpunkt an wurde es allerdings richtig gefährlich!
Uhde unterläuft bestehende Gerichtsentscheidungen in Südafrika!
Der Hochtemperaturreaktor – in Südafrika Pebble Bed Modular Reactor (PBMR) genannt – ist hier äußerst umstritten. Die Umweltschutzbewegung Earthlife Africa hat vor dem obersten Gerichtshof geklagt, weil die Betreiber nicht alle relevanten Fakten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatten und kein ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren stattgefunden hat. Earthlife hat Recht bekommen und das Verfahren muss neu aufgerollt werden. Eine Verzögerung von einem Jahr ist im Gespräch. Um diese südafrikanische Rechtslage kümmert sich Uhde allerdings nicht. Im Gegenteil: Diese Firma versucht zusammen mit der Atomindustrie vollendete Tatsachen zu schaffen und bestehende Rechtsnormen zu unterlaufen.
Auf ihrer Homepage brüstete sich Uhde noch am 2. Dezember 2004 damit, den Innovationspreis der Europäischen Umweltpresse (EEP Award) erhalten zu haben. Sich an dem Bau einer äußerst umstittenen Reaktorlinie zu beteiligen und gleichzeitig einen Innovationspreis für Umweltschutz in Empfang zu nehmen, passt nicht zusammen. Uhde sollte diesen Preis wieder zurückgeben.
Der Bau von nuklearen Anlagen durch deutsche Firmen im Ausland widerspricht der „inneren Logik“ des Ausstiegsbeschlusses der Deutschen Bundesregierung. Atomanlagen im eigenen Land werden als so gefährlich angesehen, dass sie stillgelegt werden sollen, während im Ausland weiterhin mit deutscher Hilfe solche Anlagen gebaut werden.
Militärische Nutzung ist möglich!
In Südafrika ist der HTR explizit für den Export in Länder der dritten Welt vorgesehen. Er birgt ein hohes Risiko in sich, auch militärisch genutzt zu werden. Südafrika war bis vor 11 Jahren im Besitz von Atomwaffen und einige deutsche und schweizer Ingenieure haben sich dort seitdem mit dem Islamisten und „Vater der pakistanische Atombombe“ Abdul Qudeer Khan an dem weltweiten Handel mit Nuklear-Technologie beteiligt und sind erst vor wenigen Monaten in Südafrika festgenommen worden (siehe auch THTR-Rundbrief Nr.93, 95 und 99 unter www.thtr-a.de).
Der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Reaktorsicherheitskommission, Lothar Hahn, hat als Wissenschaftler beim Öko-Institut das Proliferationsrisiko beim HTR detailliert nachgewiesen. In seinem 223 Seiten umfassenden Gutachten (im Auftrag von Greenpeace) „Beurteilung der in- und ausländischen Konzepte für kleine Hochtemperaturreaktoren“ betonte er schon im Jahre 1990, dass sich eine Sicherheitsanalyse nicht nur auf den Betrieb des Reaktors selbst beschränken dürfe, sondern auch die Brennstoffversorgung und den radioaktiven Abfall berücksichtigen muss. Er weist (unter Punkt 5-8) insbesondere auf den Schwachpunkt eben jener Kugelbrennelemente hin, wie sie in der Uhde-Fabrik produziert werden sollen:
„Bei ihm (dem HTR) können die kugelförmigen Elemente ohne Unterbrechung des kontinuierlichen Betriebes entnommen werden; die Elemente mit einem Durchmesser von 6 cm und einem Gewicht von 200g sind sehr handlich. Zudem liegen sie im Reaktor in großer Zahl (mehrere hunderttausende) unmarkiert vor, so daß eine Entnahme leicht durch Zufügen von Blindelementen getarnt werden kann oder durch häufiges Auftreten von Kugelbruch gar nicht erst auffällt.
Auch der Umbau eines zivilen HTR für rein militärische Zwecke oder auch für gleichzeitige militärische und zivile Nutzung ist recht einfach und vor allem unauffällig. Ein anderes Meßgerät in der Abbrandmeßanlage, eine Änderung des Programms des dortigen Rechners und der Einbau einer weiteren Entnahmestrecke in der Kugelbeschickkungsanlage wären die einzig erforderlichen Umbauten.(…)
Prinzipiell möglich wäre auch die Erzeugung von waffenfähigem Plutonium mit Hilfe des HTR. Dazu könnten ganz normale Brennelemente mit niedrig angereichertem Uran dienen, die nur früher als normale Brennelemente dem Brennstoffzyklus entnommen werden müßten, um waffenfähiges Plutonium zu erhalten.“
Bereits in seinem Gutachten „Der kleine Hochtemperaturreaktor – letzter Strohhalm der Atomindustrie?“ (dokumentiert auf unserer Homepage www.thtr-a.de) hat Lothar Hahn im Jahre 1988 die oben genannte Möglichkeit konkret durchgerechnet:
„Ein abgebranntes Brennelement aus niedrig angereichertem Uran 235 enthält ca. 0,1 g Plutonium. Folglich könnte das Material für eine Atombombe theoretisch durch Aufarbeitung von 50.000 abgebrannten Brennelementekugeln gewonnen werden, d. h. bei einem Durchsatz von 1000 Kugeln pro Tag in weniger als zwei Monaten.“
Eine Export-Genehmigung darf nicht erteilt werden!
Diese Fakten zeigen deutlich, dass die militärische Nutzung des HTR´s und der von Uhde zu bauenden nuklearen Brennelementefabrik mit sehr einfachen und unauffälligen Mitteln möglich wäre und der geplante weitere Export dieser Anlagen durch Südafrika eine ungehemmte Weiterverbreitung hochgefährlicher, militärisch nutzbarer Nukleartechnologie zur Folge haben würde. Die Bundesrepublik Deutschland kann nicht im Fall Iran auf die Schließung von militärisch nutzbaren Atomanlagen drängen, aber selbst von Dortmund aus den Bau solchen Anlagen betreiben.
In diesem Zusammenhang werden das Bundeswirtschaftsministerium in Absprache mit dem Außenministerium zu prüfen haben, ob bei dem geplanten Export der nuklearen Brennelementefabrik von Uhde gegen Außenhandelsbestimmungen verstoßen wird.
Und noch eines dürfte klar sein: Ein wirklich innovatives Unternehmen würde nicht die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen in unverantwortlicher Weise durch den Bau von sogar militärisch nutzbaren nuklearen Anlagen aufs Spiel setzen!