Fritz Brupbacher, Marx und Bakunin. Ein Beitrag zur Geschichte der Internationalen Arbeiterassoziation. Mit einer Einleitung von Philippe Kellermann. Reihe: Archiv für Sozial- und Kulturgeschichte Bd. 8, Libertad Verlag Potsdam 2013, geb., 300 Seiten, 22,80 Euro. Direktadresse des Buches: www.dibi-001.dadaweb.de
Der Potsdamer Libertad Verlag veröffentlicht nach 20 Jahren mal wieder ein Buch in Papierform, aber damit ist es nicht getan: gleichzeitig erscheint eine „Lightversion“ kostenlos im Internet, und mit dem Erwerb des Buches bekommen die KäuferInnen gleichzeitig einen Premiumzugang zur Onlineversion, wo Korrekturen, Anmerkungen, Ergänzungen usw. eingetragen werden können. Ein Experiment, jeweils das Beste aus der Online- und analogen Bücherwelt zu vereinigen.
Nichts ist so alt, wie das Buch vom letzten Jahr. In der Hinsicht ist die Neuerscheinung des Libertad Verlages – erschienen Ende Dezember 2013, ausgeliefert Januar 2014 – unglücklich datiert, aber für das Buch von Fritz Brupbacher „Marx und Bakunin“ (Erstausgabe 1913) wird jetzt eine neue Zeit beginnen, die jenseits von einer Datumsgrenze liegt. Es ist das erste „lebendige Buch“, welches neben der Papierform zeitgleich im Internet erscheint und hier von interessierten Menschen weiter bearbeitet und/oder ergänzt werden kann, und somit zu einer „definitiven“ Onlineversion heranwachsen kann.
Der Schweizer Arzt und Sozialist Brupbacher unternahm als erster den Versuch aus dem Gestrüpp von Lügen, Verleumdung und Desinformationen erstmalig den Konflikt zwischen den damaligen Führern anhand von Dokumenten darzustellen.
Nachdem Brupbacher ca. 1905 James Guillaume (1844-1916) kennenlernte, der anhand von Dokumenten die Geschichte der Ersten Internationale veröffentlichte („L’Internationale: Documents et Souvenirs“, 1905) plante Brupbacher eine deutsche Übersetzung in Auszügen, und merkte schnell, dass hier auch die Konflikte zwischen Marx und Bakunin verborgen waren, und in den Dokumenten mehr zu lesen war, als die marxistische Propaganda den Menschen weiß machen wollte.
Der Kampf von Karl Marx gegen seinen politischen Rivalen Bakunin in der Ersten Internationale (1864 ff.) hat entscheidend die Weichen der ArbeiterInnenbewegung zugunsten einer autoritären sozialistischen Bewegung beeinflusst, dessen Auswirkungen bis in unsere Tage zu spüren ist, und hier erstmals – ausgerechnet von Brupbacher, einem Sozialdemokraten mit „anarchistischer Ader“ – zugunsten des antiautoritären Sozialismus von Bakunin einem größeren Publikum vorgestellt worden ist.
Der Libertad-Ausgabe wurde eine knapp 50seitige Einleitung von Philippe Kellermann vorangestellt, der hier ausführlich die Person Brupbacher vorstellt.
Seit 1913 hat sich in der Bakunin-Forschung einiges getan.
Neben Arthur Lehning (1899-2000) hat im deutschsprachigen Raum besonders Wolfgang Eckhardt mit seinen „Ausgewählten Werken“ von Bakunin (www.bakunin.de) viel Neues aus den Archiven ans Tageslicht gebracht.
Das Experiment des Libertad-Verlages im Internet eine Onlineversion des Brupbacher-Buches zu veröffentlichen, wo interessierte Menschen nun die neuen Erkenntnisse auch weiterverarbeiten können, ist meines Wissens bisher eine einmalige Angelegenheit, und interessante Variante, Wissen auf eine neue Ebene zu transportieren. Für Menschen, die sich für das Thema interessieren, wäre es angebracht, sich an dieser neuen Form von Kommunikation und Wissensmehrung zu beteiligen.
Das Buch erscheint in einer kleinen Auflage. Es ist dem Verlag, dem Buch und dem Internetexperiment zu wünschen, dass alles gut geht, mehr noch, dass alles besser wird.