transnationales / antimilitarismus

Türkischem Kriegsdienstverweigerer droht Verurteilung zu 2,5 Jahren Haft

Bitte um Protestschreiben

| Connection e.V.

Dem türkischen Kriegsdienstverweigerer Ali Fikri Isik droht am 5. November 2014 eine Verurteilung zu 2,5 Jahren Haft wegen seiner Kriegsdienstverweigerung. Das Militärgericht in Çorlu/Tekirdag hatte den Prozess am 22. Oktober 2014 vertagt, da der Anwalt Davut Erkan einen Befangenheitsantrag gegen den Richter gestellt hatte.

Das Kriegsdienstverweigerungsnetzwerk Connection e.V. protestierte scharf gegen die Strafverfolgung des Kriegsdienstverweigerers. „Unmissverständlich hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt“, so Rudi Friedrich von Connection e.V., „dass die Kriegsdienstverweigerung ein Menschenrecht ist. Auch die übliche Praxis, Kriegsdienstverweigerer mehrfach zu verurteilen und immer wieder einzuberufen, wurde vom Gericht angemahnt, die Situation der Verweigerer als ‚Ziviler Tod‘ gebrandmarkt. Die Türkei – und damit auch ihre Gerichte – sind dazu verpflichtet, den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu folgen und alle gegen Kriegsdienstverweigerer laufenden Verfahren einzustellen. Eine Verurteilung von Ali Fikri Isik wäre ein eklatanter Verstoß gegen die Grundsätze des Europarates und der Menschenrechte.“

Der 56-jährige Ali Fikri Isik wurde bereits 2013 wegen Desertion zu 15 Monaten Haft verurteilt. Im Februar 2014 wurde er ausgemustert. Dennoch sind noch drei Verfahren wegen Desertion gegen ihn anhängig, weil er bis zu seiner Ausmusterung wiederholt einberufen worden war, den Einberufungen aber aufgrund seiner Kriegsdienstverweigerung nicht nachkam.

Connection e.V. bittet darum, beim Militärgericht in Çorlu/Tekirdag gegen die Strafverfolgung von Ali Fikri Isik zu protestieren. Ein Protestschreiben kann online über www.Connection-eV.org/alifikriisik-form versandt werden.

Zum Hintergrund

Seit 1980 war Ali Fikri Isik in Folge des Militärputsches mehrere Jahre in Haft. Nach seiner Entlassung verweigerte er den Kriegsdienst und kam 1993 der Einberufung nicht nach. In den folgenden Jahren lebte er bis 2012 als Deserteur im Zustand des „Zivilen Todes“.

Am 8. Juni 2012 wurde er schließlich in Diyarbakir verhaftet und aufgrund eines Haftbefehls nach Edirne überstellt. Am Tag seiner Festnahme erklärte er, dass er den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigere: Er sei nach dem Militärputsch 1980 inhaftiert und in der Haft gefoltert worden. Er wende sich daher gegen Militarismus. Er weigere sich, am Krieg teilzunehmen.

Am 14. August 2012 erklärte Ali Fikri Isik während einer Verhandlung vor dem Militärgericht in der Sükrü-Pasa-Kaserne in Edirne erneut seine Kriegsdienstverweigerung in kurdischer Sprache.

Am 17. Oktober 2012 wurde er nach der dritten Gerichtsverhandlung freigelassen, aber zugleich aufgefordert, einem erneuten Einberufungsbefehl zu „seiner“ Militäreinheit nach Kirkaleri zu folgen. Er entschied sich stattdessen, nach Hause zurückzukehren und nach Istanbul zu fahren. Da er der Auffassung ist, dass die militaristische Mentalität vor Gericht gestellt werden müsse, ging er jedoch weiter zu den Verhandlungsterminen der gegen ihn laufenden Gerichtsverfahren.

Am 27. Februar 2013 wurde Ali Fikri Isik wegen seiner ersten Desertion zu einem Jahr und fünfzehn Monaten Haft verurteilt und im Anschluss verhaftet. Das Oberste Gericht bestätigte später das Urteil. Noch am selben Tag wurde ein neues Verfahren wegen Desertion gegen ihn eröffnet. Ali Fikri Isik trat in Hungerstreik.

Am 13. März 2013 wurde er nach einer Verhandlung zu seinem zweiten Verfahren wegen Desertion erneut freigelassen. Da er den Einberufungen mehrfach nicht nachgekommen war, gab es insgesamt drei Verfahren wegen Desertion.

Im Mai 2013 war Ali Fikri Isik Mitbegründer des Vereins für Kriegsdienstverweigerung in Istanbul. Er ist in den Vorstand des Vereins gewählt worden.

Am 21. Februar 2014 wurde Ali Fikri Isik vom Militärkrankenhaus GATA für untauglich erklärt, nachdem er während der laufenden Verfahren dorthin überstellt worden war.
Am 22. Oktober 2014 wurden die Verfahren wegen Desertion in drei weiteren Fällen vor dem Militärgericht in Çorlu/Tekirdag fortgeführt. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe von 30 Monaten.