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Drei Tage Anarchie am Breul

Linke Zeitung "Graswurzelrevolution" feiert 40. Gründungstag

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MÜNSTER. Wann und wo das publikumsträchtigste Highlight zum Jubiläum stattfindet, weiß Bernd Drücke noch gar nicht. „Konstantin Wecker will unbedingt noch ein Solidaritätskonzert für uns geben“, sagt der einzige hauptamtliche Redakteur der Monatszeitung „Graswurzelrevolution“. Der bayrische Liedermacher sei ein begeisterter Abonnent. Nur am kommenden Wochenende könne er leider nicht. Von Freitag bis Sonntag (7. bis 9. September) feiert das Sprachrohr der gewaltfreien Anarchisten in Deutschland seinen 40. Gründungstag. Mit einem Kongress in der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) am Breul, wo seit 1999 auch das kleine Redaktionsbüro der „Graswurzelrevolution“ sitzt. Bernd Drücke und sein Team haben gut zwei Dutzend Vorträge und Konzerte auf die Beine gestellt, sie rechnen mit 200 bis 300 Teilnehmern. Illustre Gäste aus der linken bis ganz linken Szene haben sich angesagt – von Protestlegende Klaus der Geiger am Freitagabend bis zum Berliner Politik-Professor Wolf-Dieter Narr am Sonntag. Dass unter den samstäglichen Referenten auch der erste ägyp-tische Kriegsdienstverweige-rer Maikel Nabil Sanad und die iranische Frauenrechtlerin Shaghayegh Zafari sind, zeigt nicht nur die internationale Ausrichtung der „Graswurzelrevolution“. „Sie gibt denen ein Forum, die in anderen Medien nicht zu Wort kommen“, sagt Drücke. Seit sie 1972 in Augsburg gegründet wurde, übt die bundesweit vertriebene Zeitung fundamentale Systemkritik. Ihre Macher – ein 40- köpfiges, basisdemokratisch organisiertes Herausgebergremium und Dutzende freier Autoren – lehnen Herrschaft in jeder Form ab. Sie wenden sich darum nicht nur gegen Krieg und Gewalt, sondern auch gegen Parteiendemokratie und Kapitalismus. Weshalb sie etwa kommerzielle Anzeigen ablehnen und lieber auf Spenden setzen. Eine Ausrichtung, die nach dem Boom der Friedens- und Anti-Atom-Bewegung in den 80er-Jahren heute wieder Zulauf erhält. In Zeiten von globaler Finanzkrise, „Attac“ und „Occupy“ steigt die Auflage der Monatszeitung – momentan bis zu 5000 Exemplare – sogar an, sagt Bernd Drücke: „Es gibt immer wieder neue soziale Bewegungen, die die ‚Graswurzelrevolution‘ als ihre Plattform nutzen.“

gie

Aus: Münstersche Zeitung, 6.9.2012