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Ein „schwarzer“ Roter

Nachruf auf Arno Klönne (1931 - 2015)

| Horst Blume

Arno Klönne war nicht nur Mitbegründer der Ostermärsche und Impulsgeber für andere außerparlamentarische Bewegungen, sondern veröffentlichte zahlreiche Standardwerke zu den Themen Jugend im Dritten Reich, zur ArbeiterInnenbewegung und zum Rechtsradikalismus. Er schrieb auch für die Graswurzelrevolution.

Bündisch-katholische Jugendbewegung

Geboren am 4. Mai 1931, wuchs Arno Klönne im katholischen Milieu in Bochum auf. Sein Vater war Lehrer und Mitglied der Zentrumspartei, seine Mutter in der Pfarrbibliothek angestellt. Dort entdeckte der junge Arno in einer abgelegenen Kammer die unter der NS-Diktatur verbotenen Bücher, in die er sich vertiefte. Anschluss gefunden hatte er in der katholisch-bündischen Jugend, die in der Anfangszeit des Faschismus noch einen halblegalen Status hatte.

Auf diese Weise kam er in Kontakt zu weiteren bündischen Jugendgruppen, die in Opposition zur Hitlerjugend standen.

Klönne hat später viele Beiträge über dieses widerständige, subkulturelle Jugendmilieu geschrieben (1), das sich aus der Wandervogelbewegung vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte und sich organisationstraditionellen Einordnungen weitgehend entzog. In ihr fanden sich einerseits sehr problematische völkische Beimengungen, andererseits steckte in ihnen auch ein antiautoritärer Impuls, ein Anspruch auf Autonomie, der sich mit dem unbedingten Herrschaftswillen des NS-Staates nicht vertrug. Klönne erlebte diese Widersprüche und Ambivalenzen durch eigene Anschauung.

Der „vaterländische“ Teil der Jugendbewegung war auf Gefolgschaftstreue und strenge Regeln ausgerichtet und neigte politisch zur „konservativen Revolution“. Klönne schrieb hierzu: „Die sich ausbreitende Hitler-Bewegung konnte hier anknüpfen, und sie machte sich den in der Weimar Republik gängigen Mythos von einer ‚Sendung der jungen Generation‘ zunutze, ‚Nationalsozialismus ist organisierter Jugendwille‘ hieß es“ (2). In seinem Buch „Jugend im Dritten Reich“ arbeitete er heraus, welche Traditionen, Beweggründe und NS-Herrschaftsinstrumente dazu geführt haben, dass die große Masse der jungen Menschen zu willigen und fanatischen AnhängerInnen des Faschismus wurden, in den Krieg zog und weltweit unvorstellbares Leid verursachte.

Wilde bündische Gruppen

Der Widerstand der „aufsässigen“ Jugendgruppen gegen autoritären Drill und Führerkult drückte sich nicht nur in politischen Aktivitäten aus, sondern auch in einer anderen Weise, sich zu kleiden, sich solidarisch untereinander zu verhalten, eigenwillig auszudrücken, gemeinschaftlich zu wandern, Freiräume zu verteidigen und freche Lieder zu singen, von denen Arno gerne eines zitierte: „Kurze Haare, große Ohren / so war die HJ geboren! / Lange Haare, Tangoschritt -/ da kommt die HJ nicht mit! / Oho. O-ho! / Und man hört’s an jeder Eck‘ / die HJ muß wieder weg!“ (3).

Es ist das Verdienst von Arno Klönne, dass die „wilden bündischen Gruppen“ und insbesondere die „Edelweißpiraten“ Eingang in die BRD-Geschichtsschreibung gefunden haben. Denn nach der staatsnahen Darstellung leistete nur eine kleine politische Elite Widerstand gegen den Faschismus.

Die Opposition der einfachen Leute entsprach nicht dem gängigen Denkmuster und wurde deswegen aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt. Aber auch den Mythos der linken Parteigeschichtsschreibung, die politischen Widerstand nur als Ausführung von ZK-Beschlüssen denken konnte, widerlegte er.

Die katholische ArbeiterInnenbewegung

Das Rheinland und Teile Westfalens waren größtenteils katholisch geprägt, was seinen Ausdruck darin fand, dass sich hier seit 1860 viele katholische ArbeiterInnenvereine gegründet hatten. Sie knüpften an die kapitalismuskritischen Überlieferungen der katholischen Soziallehre an und wurden in diesen Gebieten die stärkste Kraft.

Die Sozialdemokratie hatte ihre Basis in der protestantisch geprägten Facharbeiterschaft.

Im Rheinland und Ruhrgebiet kämpften die einfachen IndustriearbeiterInnen in den katholischen und teilweise anarchosyndikalistischen Gewerkschaften auch mit radikalen Aktionen gegen die autoritären „Schlotbarone“.

Die sozialdemokratischen Arbeitervereine hingegen galten vielfach als bieder und in ihrer mehrheitlich protestantischen Ausprägung als freudlos, so Arno Klönne in seiner bemerkenswerten Studie über den Mythos der „ewigen Ruhrgebietspartei“ SPD (4).

Sie konnte hier nicht wirklich Fuß fassen, weil während der Weimarer Republik in der ArbeiterInnenschaft das Zentrum und die KPD das Feld beherrschten. In den meisten ArbeiterInnenhaushalten gab es zwischen dem Sozialkatholizismus und der Kommunistischen Partei keine emotional unüberwindliche Schranken, sondern oft eine pragmatische Arbeitsteilung: „Die Frau wählte Zentrum, der Mann KPD“ (5).

Selbst nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die mittlerweile weiter nach rechts gerückte Zentrum-Nachfolgepartei CDU in NRW kontinuierlich in der Wählergunst an, bis sie auf ihrem Höhepunkt 1958 ganze 50,5 Prozent der Stimmen erhielt.

Erst nachdem sich die SPD durch das 1959 verabschiedete Godesberger Programm weiter angepasst hatte und auf eine Große Koalition bundesweit orientierte, konnte sie langsam in den 1960er Jahren das Ruhrgebiet für sich „erobern“.

Gegen Wiederbewaffnung

Diese in jungen Jahren erlebten Erfahrungen prägten Klönne. Inzwischen zu Verwandten nach Paderborn gezogen, war der Neunzehnjährige 1950 kurzzeitig Mitglied in der titoistisch orientierten Unabhängigen Arbeiterpartei (UAP), die er schnell wegen Streitigkeiten mit Trotzkisten wieder verließ (6).

Ab 1950 schloss Klönne sich dem Kampf gegen die Wiederbewaffnung Westdeutschlands und später der Bewegung gegen die geplante Atombewaffnung an. Bis 1954 schrieb er in der von den Anarchosyndikalisten Augustin Souchy und Rudolf Rocker herausgegebenen anarchistischen Zeitschrift „Die Freie Gesellschaft“ (7).

In diesen Jahren übten die Gewerkschaften und die überparteiliche Paulskirchenbewegung Druck auf die SPD aus, sich eindeutig gegen die Wiederbewaffnung zu positionieren.

Für Klönne war es nun naheliegend, in der größten Oppositionspartei im Land für sein Anliegen zu werben. Er wurde Mitglied.

Für ihn stellte neben den außerparlamentarischen Aktivitäten in der Friedensbewegung auch das weite Feld der Naturfreunde- und Gewerkschaftsjugend, Falken, Jusos und der SPD ein Terrain dar, dass beackert werden musste, wenn man das Bewusstsein möglichst vieler tendenziell veränderungswilliger Menschen noch weiter schärfen und sie zum aktiven Widerstand anregen wollte.

Die Politik der SPD analysierte Klönne Mitte der 1950er Jahre als sehr zwiespältig. Einerseits gab sie WiederbewaffnungsgegnerInnen anfangs die Möglichkeit ihre Positionen darzustellen, andererseits begann sie, lediglich Details der offiziellen Militarisierungspolitik zu kritisieren und legitimierte letztendlich auf diese Weise das Regierungshandeln in diesem Bereich als Ganzes (8).

War in der ersten Hälfte der 1950er Jahre noch eine breite Ablehnung innerhalb der Bevölkerung gegen die Wiederbewaffnung spürbar, wurden bereits Ende der 50er Jahre Kriegsdienstverweigerer oft in der Öffentlichkeit diffamiert und isoliert.

Die Ostermarschbewegung

In Anlehnung an den ersten Ostermarsch gegen Atomwaffen in England im Jahre 1958, fanden ab 1960 in der BRD ebensolche Veranstaltungen statt.

Sie breiteten sich rasch aus und wuchsen von ein paar hundert TeilnehmerInnen innerhalb weniger Jahre auf mehrere Hunderttausende an. Arno Klönne wurde einer der „Pressesprecher“ dieser Bewegung. Für ihn war wichtig, dass sich eine breit angelegte, unabhängige Organisationsstruktur entwickelte, die sich aus der Bevormundung zögerlicher oder gar kontraproduktiv agierender Großorganisationen löste.

Die Verkehrsformen in der SPD hatten nach Ansicht von Klönne viel Ähnlichkeit mit dem preußischen Kasernenhof. Parteiausschlüsse, Disziplinierung der Mitglieder und Unterdrückung innerparteilicher Debatten waren auf der Tagesordnung.

Klönne trat aus, nach ein paar Jahren wieder ein. Im Gefolge der neu erwachten außerparlamentarischen Aktivitäten versuchten etliche SozialistInnen oder orthodoxe MarxistInnen neue Parteien aufzubauen. Die alte KPD war seit 1952 verboten. Die misslungenen Versuche mit DFU, ADF und VUS (9) führten, so beobachtete Klönne es zutreffend, zu Streitereien, Verbitterung, Zynismus und Resignation unter den Beteiligten.

Nachdem Klönne in den 50er Jahren auf DGB-Veranstaltungen zum Generalstreik gegen Wiederaufrüstung aufrief (10) und er deswegen von den Funktionären abgewimmelt wurde, war es sicher kein Zufall, dass er mitten im Kleinparteien-Gründungsfieber 1965 in den von ihm herausgegebenen „Studien von Zeitfragen“ (SVZ) einen zehn Seiten langen Artikel über den Anarchosyndikalismus veröffentlichte und darin betonte, dass politisch aktive Menschen durch unabhängige Selbstorganisation von unten ihre Interessen viel unmittelbarer durchsetzen können (11).

Um das politisch-kulturelle Bewusstsein der Menschen zu schärfen gründete Arno Klönne 1957 zusammen mit einigen alten FreundInnen aus der bündischen Zeit die Zeitschrift „Pläne“ (12), aus der in den 60er Jahren ein Schallplattenverlag hervorging, der Anfangs Protestlieder der Ostermarschbewegung veröffentlichte und später sein Programm enorm ausweitete.

Ein unbürokratisches Büro

Nach dem Höhepunkt der Studentenrevolte 1968 entstand teilweise als Fortsetzung der Ostermarschbewegung ein lockeres Netzwerk undogmatischer sozialistischer Gruppen aus verschiedenen Arbeitsfeldern mit einem Koordinationsbüro. Das „Sozialistische Büro“ (SB) gab die von Klönne mitgegründete einflussreiche Monatszeitung „Links“ heraus, in der ein reger Erfahrungsaustausch stattfand und linkssozialistische, basisdemokratische und libertäre Positionen ihren Platz hatten.

Hier schrieben oft und regelmäßig die heutigen GWR-Autoren Wolf-Dieter Narr, Mohssen Massarrat und Ekkehart Krippendorff. Eine ganze Reihe von „Links“-Beiträgen waren allerdings in einem so hochgestochenen Polit-Kauderwelsch geschrieben, dass ich damals nur mit der Hälfte davon etwas anfangen konnte – ich hatte ja kein Hochschulstudium absolviert. Die Artikel vom Soziologieprofessor Klönne verstand ich jedoch sofort, weil er die Gabe hatte, sich klar auszudrücken ohne dabei auf notwendige Differenzierungen zu verzichten.

Sicher gab es im SB auch Leute, die immer noch die Gründung einer linkssozialistischen Partei erhofften. Dies wurde aber mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Die Analyse von Klönne, dass die Bedingungen hierfür aufgrund der verheerenden Auswirkungen der faschistischen Barbarei und der daraus resultierenden „dürren politischen Alltagskultur“ nicht vorhanden waren, war realistisch. Seiner Meinung nach war die politische Arbeit ohnehin am ehesten abseits der Parteipolitik sinnvoll: „als antreibende, zugleich Traditionen vermittelnde Gruppen in außerparlamentarischen Bewegungen und als publizistische ‚schulende‘, mitunter aber auch unmittelbar aktive Initiatoren einer politisch konsequenten Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit“ (13).

Neben dem „Antirepressionskongress“ 1976 mit fast 20.000 TeilnehmerInnen in Frankfurt und der Beteiligung am Russeltribunal zu Menschenrechten und Berufsverboten in der BRD von 1977 bis 1979 waren für mich oft die kleineren, eher unauffälligen Anregungen aus dem SB wichtig. In den „Links“-Inseraten und Beiträgen erfuhr ich Anfang der 70er Jahre schon früh von der Existenz des anarchistischen Karin Kramer Verlages, den Zeitschriften „Befreiung“, „Schwarze Protokolle“, „Wir wollen alles“, „Politikon“, „Carlo Sponti“ und nicht zuletzt von der „Graswurzelrevolution“.

Grüne und Alternativbewegung

Ein Teil der SB-AktivistInnen sollte sich später im Laufe der 80er und 90er Jahre in Richtung grüne Partei verabschieden. Klönne hatte bereits 1980 die „lähmende Konventionalisierung grüner Politikformen“ (14) vorhergesagt und darauf hingewiesen, dass schon die frühe ArbeiterInnenbewegung den Traum hatte, anders zu arbeiten, zu produzieren und miteinander zu leben. Diese Bestrebungen waren nicht völlig neu.

Seine kritische Einstellung zu den Grünen hinderte ihn aber nicht daran, mit grünen Kreisverbänden Wochenendseminare zu veranstalten und mit ihnen solidarisch, aber mit klarer Ansage zu diskutieren.

Mit Blickrichtung auf die „Alternativbewegung“ schrieb er zur „Neuen Geschichtsbewegung“ im Jahr 1986 kritisch: „Die Hinwendung zu überschaubaren, kleinräumigen, lokalisierbaren Geschichte enthält das Risiko, sich der schwierigen Analyse des historisch-gesellschaftlichen Makrokosmos durch die gedankliche Flucht in die ‚kleine Einheit‘ zu entziehen. Nur zu leicht entsteht dabei ein Kult der Unmittelbarkeit, mitunter auch eine Vortäuschung ‚ungebrochenen Lebens‘, das aber auch der historischen Realität vor Ort nicht innewohnte …“ (15).

Marxismus

Im Jahr 1983 fragte ich bei Arno Klönne für die anarchistische Vierteljahreszeitung „Schwarzer Faden“ an, ob er einen Beitrag zu dem vielbeachteten hundertsten Todestag von Karl Marx schreiben könnte. Er hatte bereits im Jahr 1979 in einem taz-Artikel Erich Mühsams Begriff „Bismarxismus“ (16) für die ideologische Haltung der deutschen Sozialdemokratie übernommen.

Arno schickte einen achtseitigen Artikel (17), in dem er nüchtern die historischen und ökonomischen Hintergründe aufzeigte, die dazu geführt hatten, dass Marx die industrielle Weiterentwicklung der Produktivkräfte für notwendig hielt, damit „naturnotwendig“ die proletarische Revolution stattfinden könnte. Nach Klönnes Darstellung erschien Marx Teilen der fortschrittsgläubigen ArbeiterInnenbewegung als zweiter Darwin und vermittelte ihr mit den naturgesetzlich „sicheren“ Erfolgsaussichten eine gehörige Portion Selbstbewusstsein. Mit Bakunin kritisierte Klönne die freiheitsfeindlichen und staatsdoktrinären Tendenzen des Marxismus und seine „realsozialistischen“ Ausformungen.

Er verzichtete aber gleichzeitig nicht auf einen produktiven Umgang mit den marxistischen „Handwerkzeugen“ zur Analyse der herrschenden Verhältnisse.

„Nationale Frage“

Dieser Nachruf wäre unvollständig, wenn hier nicht die von ihm herausgegebenen „Studien von Zeitfragen“ (SVZ) gewürdigt würden. Von 1961 bis 1991 erschien dieses Blättchen bis zu 24mal im Jahr in kleiner Auflage und befasste sich schon frühzeitig mit den aktuellen Entwicklungen im Linkssozialismus, Trotzkismus, Anarchismus, in der Friedensbewegung und im Vatikan (!).

Neben hunderten von Artikeln über Anarchismus waren hier auch einige etwas dubiose Abhandlungen und Beilagen von Klönnes alten Bekannten aus der vielfältigen bündischen Szene zu finden.

In seinen „Studien“ beschäftigte sich Klönne frühzeitig mit der von einigen Gruppen ins Spiel gebrachten „nationalen Frage“ und wies deutlicher als viele andere darauf hin, dass sie kein „Schlüsselproblem“ Deutschlands ist und die „nationale Identität“ als „übernatürliches Recht“ eine äußerst fragwürdige, verhängnisvolle und friedensgefährdende Konstruktion darstellt (18). Mit analytischem Tiefgang weitete er seine Nationalismus-Kritik in den nächsten Jahren aus und veröffentlichte hierzu seine vielbeachteten Bücher „Zurück zur Nation?“ (1984) und „Rechts-Nachfolge. Risiko des deutschen Wesens nach 1945“ (1990).

Selbst bei diesen emotional aufgeladenen Themen blieben Klönnes zahlreiche Vorträge immer sachlich. In ihrer argumentativen Stringenz und sprachlichen Eleganz entfalteten sie eine enorme Wirkung.

In seiner 60jährigen politischen Arbeit war Klönne mehreren Generationen linker AktivistInnen ein zuverlässiger, umsichtiger und vielgefragter Ratgeber.

Sektiererische Streitereien und Profilierungssucht waren ihm zuwider. Er schmiedete hartnäckig und mit langem Atem Bündnisse, um nach außen zu wirken und um noch abseits stehende Menschen zu gewinnen.

Arno Klönne: „Es werden immer wieder junge Menschen aufstehen, denen das Wort des Gewissens mehr gilt als die Anpassung an das gerade Opportune, denen das Recht mehr gilt als die Drohung der Gewalt, denen die Freiheit mehr gilt als die Verlockung des gerade Mächtigen.“

Lokales Engagement

1998 gründete er mit seinen FreundInnen die Zweiwochenzeitschrift „Ossietzky“, deren eifriger Schreiber er bis wenige Tage vor seinem Tode wurde.

Nach meinem Empfinden spät – im Jahr 2004 – verließ er angesichts der Agenda 2010 die SPD endgültig und gründete die kommunale Wählergemeinschaft „Demokratische Initiative Paderborn“. Ostwestfalen-Lippe war er zeitlebens besonders verbunden.

Dies manifestierte sich auch in seinen Forschungen zu der aus dieser Gegend stammenden frühsozialistischen Zeitschrift „Westfälisches Dampfboot“ (19) der Jahre 1845 bis 1848 bis hin zu seinem Engagement in der lokalen Friedensbewegung gegen den Truppenübungsplatz in der Paderborner „Senne“.

Ein besonderes Anliegen war Klönne das Gedenken an die russischen Soldaten, die gegen den Faschismus gekämpft haben. Der Friedhof in Stukenbrock bei Paderborn für die drangsalierten russischen Kriegsgefangenen, von denen er selbst noch in seiner Jugend einige kennengelernt hatte, wurde im Nachkriegsdeutschland arg vernachlässigt. Er setzte sich im „schwarzen“ Paderborner Land dafür ein, dass auf dem dortigen Obelisk das während des Kalten Krieges installierte orthodoxe Kreuz wieder gegen die ursprüngliche rote Fahne ausgetauscht werden sollte. Diese Fahne war seiner Meinung nach nicht Ausdruck parteikommunistischer oder gar stalinistischer Machtansprüche. Er verwies vielmehr darauf, dass für die einfachen russischen Soldaten die rote Fahne das Symbol ihres opferreichen Kampfes gegen den Hitlerfaschismus war (20).

Zu seinem 80. Geburtstag wurde ihm vom Ossietzky-Verlag ein Sammelband mit Beiträgen seiner MitstreiterInnen gewidmet, dessen Titel seiner Grundhaltung entsprach: „Oppositionsfähig werden!“ (21). Arno Klönne starb im Alter von 84 Jahren am 4. Juni 2015 in Paderborn. Er wird vielen Menschen fehlen.

(1) Arno Klönne "Jugend im Dritten Reich", Eugen Diederichs Verlag 1982; "Die betrogene Generation. Jugend im Faschismus" Pahl Rugenstein Verlag 1985

(2) Arno Klönne in "Junge Welt" vom 12.10.2013: "Süßsaurer Vogel Jugend"

(3) Harry Pross in "Die Zeit" vom 12. 11. 1982: "Aktivisten und Mitläufer"

(4) Arno Klönne in "Sozialismus" Nr. 4, 1985: "Sozialdemokratisches Stammland?", S. 13 - 20

(5) WDR 5 vom 1.5.2011: "Erlebte Geschichten: Arno Klönne"

(6) Angaben auf der Veranstaltung des "Linken Forums Paderborn" anlässlich des 80. Geburttages von Arno Klönne im Jahr 2011.

(7) Siehe: Hans Jürgen Degen "Anarchismus in Deutschland 1945 - 1960", Verlag Klemm & Oelschläger, Ulm 2002, Seite 312

(8) Arno Klönne in "Links. Sozialistische Zeitung" Nr. 10, 1981, Seite 32

(9) Deutsche Friedensunion (DFU), Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF), Verein Unabhängiger Sozialisten (VUS)

(10) siehe 5

(11) Arno Klönne in "Studien von Zeitfragen - Materialien zum nonkonformistischen Sozialismus" (SVZ) Nr. 5 -6, 1965: "Syndikalismus - Anarchismus. Hinweise auf eine kaum bekannte Variante des Sozialismus", Seite 2 - 11

(12) Leserbrief von Arno Klönne in "Deutsche Volkszeitung/die tat", 18. 11. 1983

(13) Arno Klönne in SVZ, Nr. 1, 1982: "Eine linkssozialistische Partei?" Seite 11

(14) Arno Klönne in SVZ, Nr. 8/9, 1980, Seite 20

(15) Arno Klönne in SVZ, Nr. 6/7, 1986, Seite 87

(16) Arno Klönne in "taz", 11. 12. 1979: "Aus der Geschichte des Bismarxismus"

(17) Arno Klönne in "Schwarzer Faden. Anarchistische Vierteljahresschrift", Nr. 12, 1983, Seite 30 bis 37: "Marx - 100 Jahre nach seinem Tode"

(18) Arno Klönne in SVZ, Nr. 1, 1981, Seite 14

(19) Arno Klönne in "Umbruch", Nr. 7/8, 1983, Seite 13 - 18

(20) Siehe: "Neue Westfälische Zeitung", 14. 4. 2011

(21) "Oppositionsfähig werden! Einsendungen zum 80. Geburtstag von Arno Klönne", Verlag Ossietzky 2011, 157 Seiten, 12 Euro