die waffen nieder!

Elektronische Kampfführung

Mit technologischer Überlegenheit will die Bundeswehr Kriege gewinnen. Ralf Cüppers Redebeitrag beim Ostermarsch 2016 von der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Ladelund zum EloKa-Standort Bramstedtlund

| Ralf Cüppers (DFG-VK Flensburg)

Wir haben hier in Bramstedtlund die "Kastagnette", eine von zwei oder drei Anlagen der Elektronischen Kampfführung (EloKa). Die kleinere Schwesteranlage "Anterra" ist in Daun in der Eifel, einem ebenso strukturschwachen Gebiet. Dann gibt es in Gablingen den "Drehpunkt" oder "Elefantenkäfig", 400 Seemeilen südlich von Bramstedtlund. Diese Anlage wurde von der US-amerikanischen Besatzungsmacht an den Bundesnachrichtendienst übergeben und sie wird jetzt als Fernmeldestelle Süd von der Bundeswehr genutzt. Mit technologischer Überlegenheit will die Bundeswehr in asymmetrischer Kriegführung Kriege gewinnen.

Die Aufklärung und Ortung macht die EloKa mit ihren Antennenanlagen, die Drohnen, unbemannte, autonom computergesteuerte Militärroboter, übernehmen dann die Exekution. Bislang waren dies US-amerikanische Drohnen, jetzt werden bewaffnete Kampfdrohnen der Bundeswehr dem „Immelmann“-Standort Jagel zugeordnet. Somit könnte die Bundesregierung, sogar unabhängig von den USA, Krieg auf hohem technologischen Stand und mit wenig Personal führen.

Wozu der technische Aufwand, was ist das Ziel?

Elektronische Kampfführung (EloKa) ist der Beitrag der Bundeswehr zu den neokolonialen Kriegen der NATO. Die Kriege der NATO unterscheiden sich von den historischen Kolonialkriegen nur durch wenige Merkmale. Als Eroberungskriege wären sie demokratisch nicht zu legitimieren, verstießen gegen das Verbot von Angriffskriegen, das in der UN-Charta verankert ist, und gegen das Völkerecht. Um sie dennoch als „gerechte Kriege“ zu rechtfertigen, werden sie als „humanitäre Interventionen“ zur Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten, zur Unterstützung und zum Schutz verfolgter Minderheiten, zur Stabilisierung und zur Ermöglichung von humanitären Hilfsmaßnahmen dargestellt.

Die neokolonialen Kriege können nicht räumlich begrenzt werden. Sie weiten sich auf die Nachbarstaaten und ganze Regionen aus. Zunächst wurde Saddam Hussein im Irak beseitigt, jetzt gibt es Krieg im gesamten arabischen Raum, in Jemen, Libyen, Syrien. Keines dieser Länder hatte auch nur versucht, ein NATO-Land anzugreifen.

Die neokolonialen Kriege können nicht zeitlich begrenzt werden. Die NATO-Kriege gegen Afghanistan, Irak und Syrien hören nicht auf. Dass ein Krieg durch die übermächtige militärische Gewalt der NATO als „internationaler Völkergemeinschaft“ beendet werden könnte, erweist sich als Irrglaube.

Die Kriegsziele sind dieselben wie in den historischen Kolonialkriegen: Ausbeutung von Mensch, Natur und Rohstoffen dieser Ländern, in den Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) festgelegt als „freier Zugang“. Eine Gemeinsamkeit aller Länder, die Opfer der NATO-Kriegführung wurden, ist, dass sich deren Regierungen zuvor gegen Ausbeutung durch NATO-Länder, Welthandelsorganisation (WTO) und Weltbank abgegrenzt hatten. Die jeweiligen Regierenden wollten den Reichtum ihrer Länder lieber selber ausbeuten. Deshalb wurde ihnen auch Korruption vorgeworfen. Getragen von sozialistischer oder islamischer Ideologie, ließen sie aber die Bevölkerung mehr oder weniger daran teilhaben, nur die internationalen Konzerne profitierten davon wenig. Die Regierungen, die nach den NATO-Invasionen installiert wurden, liefern die Reichtümer den internationalen Konzernen aus. Für die Bevölkerung bleibt danach so wenig übrig, dass sie jetzt massenhaft ihr Land verlassen und zum Teil auch nach Europa flüchten. Wir haben die Flüchtlinge aus den arabischen Ländern bekommen, dafür den Ölpreis für Benzin, Diesel und Heizöl um ein Viertel gesenkt, der ist so billig wie seit Jahren nie.

Erstmalig wurde die Strategie des neokolonialen Krieges gegen Jugoslawien angewendet, das sich zuvor geweigert hatte, die Produktionsmittel zu privatisieren und sich den Regeln von Weltbank und WTO zu unterwerfen. Die alte Regierung wurde abgesetzt, die Nachfolger streben in die EU und unterwerfen sich deren internationalen kapitalistischen Interessen.

Der Krieg gegen Jugoslawien 1999 war die Generalprobe für die Kriege gegen die arabischen Länder: Zunächst wird eine regierungsfeindliche, „prowestliche Demokratiebewegung“ aufgebaut, auch mit geheimdienstlichen Mitteln.

Wenn der Protest gegen die Regierung dann gewalttätig eskaliert und die Regierung Gewalt anwendet, spricht man von Bürgerkrieg, in den die NATO dann eingreifen „muss“. Wenn diese Kriege weiter eskalieren und die Zivilbevölkerung bedrohen, werden die Versorgung und das Lenken der „Flüchtlingsströme“ zur humanitären Aufgabe.

Die zunächst kostenlose Hilfe aus den NATO-Staaten zerstört die einheimische Wirtschaft. Danach müssen Güter und Dienstleistungen nach den Regeln der WTO importiert werden und das Land ist in neokolonialer Abhängigkeit.

Für eine im Sinne der NATO erfolgreiche „humanitäre Intervention“, einen Gewinn des neokolonialen Krieges, bedarf es einer strategischen Aufklärung, Elektronischer Kampfführung, informationstechnologischer und waffentechnologischer Überlegenheit in asymmetrischer Kriegführung und einer Zusammenarbeit von Militär und Geheimdienst. Die Spionage der EloKa und des Bundesnachrichtendienstes BND sind notwendig, um die Besatzung aufrecht zu erhalten, Aufstände rechtzeitig zu erkennen und im Keim zu ersticken.

Die Bundeswehr hat mit der Aufklärung nun eine Spezialkompetenz erreicht, die innerhalb der NATO unverzichtbar scheint. Damit kann sie einen wichtigen, eigenständigen Beitrag zu den Kriegsverbrechen der NATO leisten.

Die Bundeswehr und die militärbefürwortenden PolitikerInnen können sich an allen Kriegen beteiligen, ohne dass die SoldatInnen im Krieg umkommen oder sichtbar an den Kriegsverbrechen beteiligt sind. Auch die Bevölkerung, die Kriegseinsätze mit deutlicher Mehrheit mehrheitlich ablehnt, kann mit dieser Art von Kriegseinsätzen leichter an Krieg gewöhnt und belogen werden, wenn die Krieg befürwortenden PolitikerInnen behaupten, dass es keine Beteiligung deutscher Soldaten an aktiven Kriegseinsätzen gibt. Mit der Elektronischen Kampfführung werden die Truppenbewegungen und militärischen Strategien der Gegner ausspioniert, die Ziele ausgesucht, die dann von den NATO-Truppen militärisch angegriffen werden.

Die Spezialisierung der Elektronischen Kampfführung führt zur Zunahme von hochspezialisierten Fachleuten, die auch als Zivilisten bei der Bundeswehr tätig sind, und zur Abnahme von Soldaten. Das aktuelle Investitionsvolumen für den Ausbau der Elektronischen Kampfführung beträgt 3,3 Millionen Euro jährlich.

Aufgrund dieser Spezialisierung hat sich die Bundeswehr innerhalb der NATO eine Sonderstellung gesichert, ist in der Kriegsbeteiligung unverzichtbar geworden und in der Kriegsführung gleichberechtigt mit dem Militär der westlichen Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, ohne deren bisherigen militärischen Einschränkungen weiter ausgesetzt zu sein. So kann die Bundeswehr innerhalb der NATO auch eigene nationale militärische Interessen und Ziele verfolgen. Wenn wir diese Kriegsbeteiligung und eigenständige Kriegführung nicht wollen, müssen wir die Bundeswehr abschaffen. Krieg beginnt hier, der Widerstand auch.

Bertolt Brecht:

„General, der Mensch ist sehr brauchbar,
er kann fliegen und er kann töten,
aber er hat einen Fehler: Er kann denken.“

Weitere Infos

www.bundeswehrabschaffen.de/eloka.htm

Eine Broschüre zum Thema EloKa kann bestellt werden über:

flensburg@bundeswehrabschaffen.de