Als Ergebnis einer schwierigen und teilweise emotional und kontrovers geführten Diskussion wurde am Ende der WRI-Dreijahreskonferenz in Porec die nachfolgende Erklärung zum Kosovo/a verabschiedet. (Red.)
Die War Resisters’ International, ein internationales pazifistisches Netzwerk mit Mitgliedsorganisationen in mehr 30 Ländern, diskutierte auf ihrer Dreijahreskonferenz in Porec/Kroatien vom 20.-26. September 1998 den Krieg und die humanitäre Krise im Kosovo/a.
- Die Konferenz kritisierte den Umgang zwischenstaatlicher Organisationen und einzelner Staaten mit der Situation:
- ihr Versagen, während der langen Zeit, in der die AlbanerInnen im Kosovo/a eine disziplinierte Politik gewaltfreier Aktion verfolgten, einen Raum für Verhandlungen bereitzustellen;
- ihre Behandlung Milosevic’s als einem Garanten des Friedens in der Region, und nicht als der Person, die die meiste Verantwortung für die verbrecherische Politik trägt, die im Namen der serbischen Volkes ausgeführt wird;
- ihr Beharren darauf, daß diese Frage im Rahmen der Bundesrepublik Jugoslawien gelöst werden muß.
- die Weigerung derjenigen Staaten, die Flüchtlinge aus der Bundesrepublik Jugoslawien abweisen und insbesondere Unmenschlichkeit derjenigen Staaten, die Menschen aus dem Kosovo/a zurück in den Krieg und Wehrflüchtige zurück in die Arme der jugoslawischen Armee schicken;
- das Bluff-Spiel der Kontaktgruppe zu einer Zeit, in der eine ausdrückliche und transparente Erklärung notwendig gewesen wäre, welche Aktion sie bereit wäre zu unternehmen in welcher Situation – das schloß eine weitergehende Erkundung friedlicher Lösungen aus.
- Die Konferenz erkannte die katastrophalen Konsquenzen der gewaltsamen Strategie der Kosova Befreiungsarmee (UÇK) im Angesicht eines rücksichtslosen Regimes.
- Dringend erforderlich ist jetzt, das Blutvergießen zu stoppen, die sichere und freiwillige Rückkehr vertriebener Menschen zu unterstützen, Bedingungen für einen Wiederaufbau zu schaffen, und einen Prozeß in Gang zu bringen, um eine langfristige politische Lösung und Entmilitarisierung der Region zu erreichen.
- Eine langfristige politische Lösung erfordert die Anerkennung der Menschen- und politischen Rechte aller Menschen des Kosovo/a. Die serbische Regierung beansprucht das Recht, auf der Basis der Unverletzlichkeit des Territoriums die Souveränität über das Territorium Kosovo/as zu behalten. Doch nach internationalen Standards sollte jeder Staat, der einen Krieg gegen einen Teil der Bevölkerung führt, seine Legitimation und daher sein Recht der Regierung über diese oder das Territorium, das sie bewohnen, verwirken, und eine ethnische Gruppe hat das Recht sich von einem Staat zu trennen, unter dem sie systematisch verfolgt wird.
- Daher fordern wir von der UN und der EU, und von einzelnen Staaten, politische Sanktionen in Kraft zu setzen, die sie bisher ausgeschlossen haben, und von denen wir glauben, daß sie einen sinnvolleren Effekt hätten als ökonomische Sanktionen: diese Sanktionen beinhalten, daß, sofern die jugoslawische Regierung nicht unverzügliche ihre Angriffe auf Städte und Dörfer im Kosovo/a beendet und eine vollständige internationale Überwachung der Situation im Kosovo/a erlaubt, und sofern sie nicht international mediierte Gespräche mit den VertreterInnen der AlbanerInnen Kosovo/as beginnen, dann sollten die UN, die Europäische Union, und einzelne Staaten prompt:
- die Anerkennung des serbischen Anpruchs territorialer Integrität bezogen auf den Kosovo/a zurücknehmen
- einen Prozeß beginnen, der die Wünsche aller Menschen des Kosovo/a bezüglich der Zukunft des Gebietes bestimmt.
- Die Konferenz erörterte eine Reihe von Vorschlägen für gewaltfreie Aktionen als Antwort auf die derzeitige Situation:
- Kurzfristig
- rufen wir WRI-Mitgliedsorganisationen und Friedensgruppen in Europa auf, Blockaden der Botschaften und Konsulate der Bundesrepublik Jugoslawien in Betracht zu ziehen, die am 21. Oktober unter dem Slogan „Stoppt den Krieg im Kosovo/a“ beginnen sollten;
- empfehlen wir als weiteres Ziel für Protestaktionen Sportereingnisse unter Beteiligung von Teams, die die Bundesrepublik Jugoslawien vertreten;
- drängen wir auf bessere Kommunikation zwischen allen internationalen NGOs, die zur Frage der Kosovo/a arbeiten;
- drängen wir auf Unterstützung für die Antikriegs-Initiativen antimilitaristischer und pazifistischer Gruppen in Serbien und für Stimmen für Gewaltfreiheit im Kosovo/a, einschließlich solcher unter der serbischen oder anderer Minoritäten, die gegen die Politik Belgrads sind und wünschen, in Frieden mit den AlbanerInnen zu leben;
- rufen wir alle Staaten auf, das Recht auf Asyl für Flüchtlinge aus dem Kosovo/a und für KriegsgegnerInnen aus der Bundesrepublik Jugoslawien anzuerkennen.
- Langfristig
- rufen wir WRI-Mitgliedsorganisationen und Friedensgruppen zu gesteigerter Unterstützung für die Arbeit der Balkan Peace Team für inter-ethnischen Dialog und die Förderung von Initiativen der zivilen Gesellschaft auf – insbesondere zur Hilfe bei der Suche nach guten Freiwilligen, in der Verbreitung der öffentlichen Berichte, und in der Stärkung der finanziellen Basis des Balkan Peace Team;
- bitten wir WRI-Mitgliedsorganisationen, andere internationale Initiativen für gewaltfreie Intervention und Unterstützung lokaler Gruppen zu untersuchen, wenn diese auf Anfragen von Menschen in der Situation basieren und in enger Verbindung mit ihnen organisiert werden.