Bei einer Gegendemo gegen die „Querdenker“ in Frankfurt am Main kam es zu einem gewaltsamen Übergriff eines Polizisten auf eine Demonstrantin. Die Polizei ermittelt nun gegen den Beamten.
Bei dem „Querdenker“-Aufmarsch gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung am 15. November in Frankfurt hielten sich viele der Teilnehmer*innen weder an die Maskenpflicht noch an die Abstandsregeln. Stattdessen wurde behauptet, sie hätten „Atteste“, was die Frankfurter Polizei ihnen ohne großes Nachfragen abkaufte. Die Gegendemonstrant*innen wurden indes mit Wasserwerfereinsätzen und Räumkommandos von der Straße entfernt. Um es nicht ganz so einseitig wirken zu lassen, berieselte man die Corona-Skeptiker*innen schließlich auf ihrer Abschlusskundgebung am Frankfurter Goetheplatz, gewissermaßen symbolisch, ebenfalls aus einem Wasserwerfer.
Auf die antifaschistischen Gruppen, die sich dem Aufzug der Verschwörungsgläubigen zuvor entgegengestellt hatten, gab es hingegen vollen Strahl auf die Zwölf und bei den Räumungen kam es zu den üblichen polizeilichen Übergriffen. Soweit nichts Neues, nur konnte diesmal ein harter Tritt eines Polizisten gegen eine Demonstrantin in einem Video dokumentiert werden. Der Clip ist nach wie vor unter https://youtu.be/lnKqwovUsrM einsehbar und man sieht darauf, wie der Mann sich wahllos eine ihm körperlich weit unterlegene Frau sucht, sie sich schnappt und brutal gegen den Oberschenkel tritt. Zunächst erklärte die Pressestelle der Frankfurter Polizei, die Szene sei ihr nicht bekannt, es würden aber „Ermittlungen eingeleitet sowie eine rechtliche Bewertung vorgenommen“.
Auf die Szene hingewiesen, bemühten sich die Veranstalter der Gegendemo, das Opfer zu finden, trotz verschiedener Aufrufe bisher aber erfolglos. Die Initiative „Aufklärung statt Verschwörungstheorien“ erklärte, man habe „auf verschiedene Weisen versucht, die betroffene Person ausfindig zu machen“, allerdings sei „derart viel von der Polizei getreten worden, dass sich bislang niemand an die konkrete Situation erinnern kann“. Auch der Frankfurter Zusammenschluss „Antifa United“ beteiligte sich an der Suche. Auf eine weitere Nachfrage erklärt Polizeisprecher Marc Draschl jetzt, man gehe dem Übergriff ernsthaft nach: „In der Sache wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung eingeleitet. Ein Angehöriger der hessischen Bereitschaftspolizei konnte ermittelt werden. Die Ermittlungen dauern noch an, Zeugen werden befragt und weiteres Video-Material ausgewertet.“ Der GWR liegt auch ein Mitschnitt der Minuten vor dem kurzen Videoausschnitt vor, darauf sind keine Hinweise auf provokantes Verhalten der Demonstrantin oder anderweitige Gründe zu erkennen, die den Angriff rechtfertigen oder erklärbar machen könnten.
In den vergangenen Monaten und Jahren ist die Frankfurter Polizei bekanntlich vor allem durch ihre Rolle im NSU-2.0-Skandal aufgefallen, bei dem persönliche Daten der Rechtsanwältin Başay-Yıldız und anderen von Frankfurter Polizei-Computern abgerufen wurden und bei den Verfassern rechtsradikaler Drohschreiben landeten. Umso mehr darf man gespannt sein, wie ernst es der Frankfurter Polizei bei der Verfolgung des Übergriffes auf eine Teilnehmerin einer linken Demonstration wirklich ist. Wir werden weiter darüber berichten.