beilage: nein zu bomben, krieg, vertreibung!

Die Bundeswehr im Angriffskrieg

| Tobias Pflüger

Die Bundeswehr ist jetzt im Krieg. Bundeswehr-Tornados beteiligen sich an einem Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien.

Diese Kriegsbeteiligung kommt nicht aus dem heiteren Himmel, sie wurde über Jahre von der politischen und militärischen Führung vorbereitet.

Salamitaktik, die Salami ist gegessen…

Seit dem Ende des kalten Krieges wurde mit einer Salamitaktik die Einsatzoptionen der Bundeswehr Stück um Stück ausgebaut.

Auslandseinsätze „ohne militärischen Sinn“ (so Bundeswehroffiziere) wie Kambodscha oder Somalia waren dazu da, um die deutsche Bevölkerung in kleinen Dosierungen an eine Bundeswehr zu gewöhnen, die weltweit eingesetzt wird. Mit dem Begriff „humanitärer“ Hilfe wurde der Bevölkerung eingebleut, Militär sei dazu da, Menschen weltweit in Krisen und Konflikten zu helfen. Ziel der Salamitaktik der Bundeswehrführung war aber immer eine Bundeswehr, die in Kampf- und Kriegseinsätze geschickt werden kann, ohne daß daheim eine Bevölkerung dagegen aufsteht. Der ehemalige Militärminister Volker Rühe und sein damaliger Generalinspekteur Klaus Naumann haben diese Veränderung der alten Bundeswehr, die offiziell zur Landesverteidigung da war hin zur neuen Bundeswehr mit Kampf- und Kriegseinsatzoptionen Schritt für Schritt umgesetzt. (vgl. zur Entwicklung der neuen Bundeswehr: Pflüger: Die neue Bundeswehr, Köln, 1997 / 1998).

Den letzten Schritt zum Kriegseinsatz selbst blieb aber der schwarz-gelben Bundeswehrführung versagt, diesen letzten Schritt setzte die neue rot-grüne Bundesregierung um. Durch den (falschen) Eindruck, hier seien Menschen an der Regierung, die früher einmal für die Positionen der Friedensbewegung standen, bekam die Zustimmung für konkrete Kriegseinsätze eine höhere Legitimation. Kriegsminister Rudolf Scharping durfte nun das letzte Stück der Salami abbeißen und in den Krieg ziehen. Wichtig ist neben der schrittweisen Veränderung der Bundeswehr selbst auch die orwellsche Sprachveränderung. Es ist in den klassischen Medien bei den Kriegstruppen immer von „Friedenstruppen“ die Rede. „Krieg ist Frieden“, meinte schon George Orwell.

Angriffskrieg – gegen alle selbstaufgestellten Regeln wie Grundgesetz, Völkerrecht und Strafrecht

Am 25.03. – einen Tag nach dem Kriegsbeginn durch die NATO – hatte ich im Rahmen der Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 – 1944“ in Saarbrücken eine Podiumsdiskussion mit einem Oberstleutnant der Bundeswehr zum Thema „Bundeswehr und Tradition“. Im Vorgespräch meinte Oberstleutnant Diefenbach: „Jetzt haben wir eine hohe Zustimmung für die Militäreinsätze in der Bevölkerung – nur die rechtlichen Voraussetzungen fehlen noch“. Diefenbach traf damit den Nagel auf den Kopf. Die Bundeswehr beteiligt sich an einem Angriffskrieg, der nach dem Grundgesetz und dem Strafgesetzbuch verboten ist. Im Grundgesetz heißt es: „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“ (Art. 26, 1 GG). Im Strafgesetzbuch wird das dann konkretisiert: „Wer einen Angriffskrieg, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.“ (§ 80 StGB)

Der Angriffskrieg der NATO verstößt also eindeutig gegen das Grundgesetz und das Strafgesetzbuch. Würde dieser Staat ein Staat sein, in dem gleiches Recht für alle gilt (was ja gar nicht geht), müßte die Bundesregierung mit Gerhard Schröder, Joschka Fischer und Rudolf Scharping festgenommen und verurteilt werden. Wir alle wissen, daß das nicht der Fall sein wird. Das hängt damit zusammen, daß der Staat für sich das Gewaltmonopol proklamiert und damit natürlich auch die Definitionsgewalt dessen, was rechts- und grundgesetzwidrig sei. Sie halten sich – wieder mal – offensichtlich nicht an die Regeln, für die sie selbst immer vorgeben zu handeln. Formaljuristisch sitzen damit ungesühnte Verbrecher an der Regierung, ein Aufgabengebiet für diejenigen, die noch an das Grundgesetz und dessen Umsetzung glauben.

Die Bundeswehr im Krieg – konkret (Einheiten etc.)

Die Frage ist nun, mit welchen Einheiten die Bundeswehr sich am Angriffskrieg der NATO beteiligt. Dies sind bisher: 5.500 Soldaten, davon sind 3.000 im Aufmarschgebiet der NATO, in Mazedonien stationiert.

Die Speerspitze für die NATO-Luftangriffe sind acht ECR-Tornados vom Jagdbombergeschwader 32 in Lechfeld bei Landsberg (Oberbayern), sie sind in Piacenza (Italien) zusammen mit sechs Aufklärungstornados vom Geschwader 51 in Jagel (Schleswig-Holstein) stationiert. Die ECR-Tornados werden von zwei Soldaten geflogen und sind mit sogenannten HARM-Raketen (Highspeed Anti Radiation Missile) bestückt. Die ECR-Tornados praktizieren die „Vorneverteidigung“: „Gegnerische Radaranlagen anpeilen, deren Leitstrahl blitzschnell zurückverfolgen und die Anlage des Gegners zerstören.“ Insgesamt sind in Piacenza 350 Bundeswehrsoldaten, darunter Techniker, Nachschubexperten, Sanitäter und Küchenpersonal.

Für den noch ausstehenden Bodeneinsatz der Bundeswehr sind 800 Soldaten vorgesehen, die mit rund 30 schweren Kampfpanzern vom Typ „Leopard“ und etwa 20 Schützenpanzern „Marder“ eingreifen sollen. Davon sind 260 Soldaten der 10. Panzerdivision aus Sigmaringen (Baden-Württemberg), diese sind bereits in Mazedonien. Insgesamt stellt die 10. Panzerdivision aus Standorten in Baden-Württemberg und Bayern 1.500 Soldaten ab, von denen sich schon gut 1.000 in Mazedonien aufhalten. 300 Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 571 aus Schneeberg im Erzgebirge sind ebenfalls für den Kosovo-Einsatz fest eingeplant, sie sind ebenfalls im Aufmarschgebiet in Mazedonien. „Die Einheit ist für den Einsatz in extrem schwierigen Gelände und unter Winterbedingungen ausgebildet.“ Eine Logistikeinheit für „Instandsetzung und Transport“ kommt aus Delmenhorst in Niedersachsenm, auch diese Kompanie mit 131 Soldaten ist bereits vor zwei Wochen nach Mazedonien verlegt worden.

Vorbereitet für den Kriegseinsatz wurden die Soldaten im Ausbildungszentrum für Auslandseinsätze der Bundeswehr, dem unterfränkischen Hammelburg. Dort wurden seit 1993 mehr als 30.000 Soldaten auf ihren Kriegseinsatz vorbereitet. „Bis zu 600 Soldaten durchlaufen pro Woche ein Spezialtraining, wozu eine verstärkte Schießausbildung, das Erkennen von Minenfeldern und eine Schulung bei drohender Geiselnahme gehören.“

Vorschlag für Aktionen

Die Kriegsmaschinerie läuft, Bundeswehrsoldaten sind höchstwahrscheinlich zu Mördern geworden. Kurt Tucholsky hatte mit seinem Text „der bewachte Kriegsschauplatz“ absolut recht. Nun treffen seine Aussagen auch auf Bundeswehrsoldaten zu.

Wichtig erscheint mir neben Protestaktionen in den Städten sich auch direkt mit den kriegsführenden Bundeswehreinheiten auseinanderzusetzen. Die Stationierungsorte der Kriegseinheiten bieten sich an als Orte für direkte gewaltfreie Aktionen oder für Protestaktionen (s.o.).

März/April 1999 Deutschland im Angriffskrieg, Widerstand und Protest ist notwendig. Halten wir es mit Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes außer man (und frau!) tut es!“