An deinem Arbeitsplatz treiben die Vorgesetzten Spielchen. Subtile Beleidigungen, Favorit_innen und Sündenböcke unter den Angestellten, die von einem Tag auf den anderen wechseln können, und es ist unmöglich, deine Aufgaben zu ihrer Zufriedenheit zu erledigen. Steckt da etwa ein System dahinter?
Für den Profit des Unternehmens ist es von Vorteil, wenn die Angestellten verunsichert und unter sich gespalten sind – dann sind sie bereit, mehr zu arbeiten und weniger dafür zu fordern. Um Dinge wie besseren Lohn, mehr Mitbestimmung, mehr Vorausplanung bei der Schichteinteilung usw. zu fordern, müssen wir uns mit möglichst vielen – am besten allen! – Kolleg_innen zusammenschließen und unsere Forderungen gemeinsam durchsetzen.
Die Herrschaftstechniken sind eine Theorie, die von der norwegischen Soziologin Berit Ås in den 1970er-Jahren entwickelt wurde. Sie zeigte fünf konkrete Arten und Weisen auf, durch die Dominanz im alltäglichen Umgang aufrechterhalten wird und Untergeordnete an ihrem Platz gehalten werden. Oft passiert dies auch unbewusst, weil die Verhaltensweisen in unserer Sozialisierung eingebaut sind.
Um Herrschaftstechniken anzuwenden, muss man in einer Machtposition gegenüber der Gruppe sein, gegen die man die Technik einsetzt. Marginalisierte Personen machen sich oft lustig über mächtigere Personen (z. B. Angestellte über die_den Chef_in, Erwerbslose über die_den JobCenter-Sachbearbeiter_in). Sie wehren sich damit gegen die Herrschaft der übergeordneten Gruppe, haben aber keine strukturelle Macht, mit der sie ihre_n Chef_in oder Sachbearbeiter_in durch ihre Witze an einem untergeordneten Platz halten könnten. Das bloße Verhalten ist also keine Herrschaftstechnik. Es ist nur eine Herrschaftstechnik, wenn es zum Erhalt einer Hierarchie angewendet wird.
Gegenstrategien: Ruhig bleiben
Gegen die fünf Herrschaftstechniken gibt es Gegenstrategien, die die Herrschaftstechniken entwaffnen sollen. Die Herrschaftstechniken zielen oft darauf, dich aus der Fassung zu bringen. Bei den Gegenstrategien liegt der Fokus darauf, ruhig zu bleiben. Für eine Person alleine kann das schwierig sein. Es geht besser, wenn man sich mit Kolleg_innen verbündet und sich gegenseitig mit Gegenstrategien unterstützt.
Bestätigungstechniken: Für ein solidarisches Miteinander!
Wenn wir als Belegschaft den Umgang unter uns verbessern, können wir solidarischer zusammenkommen, gegenseitiges Vertrauen unter uns aufbauen und unsere Forderungen gegenüber der_dem Chef_in durchsetzen. Dafür können die Bestätigungstechniken angewendet werden.
A) Herrschaftstechnik: Unsichtbar machen
jemanden ausschließen und verunsichern, indem man zeigt, dass ihre Meinungen und Ideen unwichtig sind:
- eine Person, die spricht, ignorieren oder unterbrechen;
- eine Person sagt etwas und niemand reagiert; eine andere Person wiederholt dasselbe und plötzlich wird es besprochen;
- du erhältst kein Feedback zu deiner Arbeit.
Gegenstrategie: Platz einnehmen!
Bleib ruhig und souverän. Fordere das Recht ein, gehört und gesehen zu werden; direkt unterbrechen, wenn du merkst, dass dir nicht zugehört wird; unterstreichen, dass du etwas Wichtiges sagst; direkt reagieren: „Das fand ich nicht cool“, „Habe ich richtig gehört, hast du wirklich gesagt, dass …?“, „Meinst du wirklich, dass …?“; mit Humor entwaffnen: „Ups, jetzt hast du wohl vergessen, mich beim Namen zu nennen, aber das kann ja jedem mal passieren.“
Bestätigungstechnik: Sichtbar machen
Sichtbar machen. Anderen zuhören, Feedback und konstruktive Kritik geben.
B) Herrschaftstechnik: Lächerlich machen
jemanden ausschließen, indem man sich über sie lustig macht:
- sich über das Aussehen, den Tonfall oder die Ausdrucksweise einer Person lustig machen und somit von ihren Meinungen und Aussagen ablenken;
- sich über die Argumente und Aussagen einer Person lustig machen;
- rassistische, sexistische, klassistische usw. Stereotype bedienen.
Gegenstrategie: In Frage stellen!
Lehne die Erniedrigung und Scham ab, bleib kalt und logisch, lach nie mit, lass den Witz nicht unkommentiert passieren. „Was meinst du damit?“
Bestätigungstechnik: Respektieren
Andere respektieren und zuhören, andere zu ihrer Meinung fragen.
C) Herrschaftstechnik: Zurückhalten von Information
jemandes Einfluss begrenzen:
bei informellen Treffen und Gesprächen, zu denen nicht alle Zugang haben, Beschlüsse fassen oder Beschlüsse vorbereiten.
Gegenstrategie: Die Karten auf den Tisch legen
Infrage stellen, wenn ein Beschluss ohne dich gefasst wurde; klar sagen, dass du nicht alle Informationen bekommen hast; einfordern, informiert zu werden, wenn Beschlüsse gefasst werden sollen; dein eigenes Netzwerk nutzen, um Informationen zu bekommen.
Bestätigungstechnik: Informieren
Andere über Beschlussprozesse informiert halten; besonders aufmerksam sein mit Personen, die aufgrund von Alter, Persönlichkeit o. ä. seltener ihre Meinung äußern.
D) Herrschaftstechnik: Doppelte Bestrafung
zwei Erwartungen, die nicht vereinbar sind, stellen, und dann für die Erwartung, die nicht erfüllt wurde, bestrafen:
- Wenn du wegen einem Nebenjob nicht mit in die Kneipe gehen kannst, bist du ein „schlechter Teamplayer“, aber wenn du dir Mühe machst, immer dabei zu sein, „nimmst du zu viel Platz ein“;
- wenn du dir Hilfe holst, heißt es, du hättest alleine klarkommen sollen, aber wenn du dich selbst kümmerst, „hättest du doch was sagen sollen“.
Gegenstrategie: Das Muster brechen!
Transparenz zu Konsequenzen einfordern, selbst transparent mit deinen Prioritäten sein.
Bestätigungstechnik: Doppelt belohnen
Immer davon ausgehen, dass alle ihr Bestes tun; „was auch immer wir tun, wir haben das Richtige getan“.
C) Herrschaftstechnik: Auftragen von Schuld und Scham
eine Person dazu bringen, zu glauben, dass sie selbst an etwas, das ihr angetan wurde, Schuld hat:
- Du hättest über das informelle Treffen herausfinden sollen, obwohl es geheim gehalten wurde;
- niemand hört dir zu, aber du hast das Gefühl, dass es daran liegt, dass du dich blöd oder undeutlich ausgedrückt hast; wenn du Fehler machst, bekommst du viel mehr negatives Feedback als andere.
Gegenstrategie: Intellektualisieren!
Dir bewusst werden, dass die Schuld- und Schamgefühle dir von jemand anders aufgetragen wurden. Die Situation konkret in Worte fassen und aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Den Vorfall in einem größeren Zusammenhang von kulturellen Normen und Traditionen sehen.
Bestätigungstechnik: Dich selbst und andere bestätigen
Bestätigen und unterstützen; positive Normen definieren, die nicht von Scham und Schuld ausgehen.