Zu den Entwicklungen in der Ukraine dokumentiert die GWR hier ein Statement von Connection e.V. für
Internationale Arbeit für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure
Ukrainische und russische Friedensaktivist*innen fordern Ende der Eskalation
Nicht Waffen, sondern konstruktive Friedensgespräche sind das Gebot der Stunde
(04.02.2022) Seit Wochen spitzt sich die Situation um die Ukraine zu. Nach politischen Spannungen in der Ukraine hatten Separatisten 2014 mit russischer Unterstützung die Kontrolle über die Gebiete Donezk und Luhansk übernommen. Russland annektierte zudem die Krim. Der daraufhin entsprechend dem Abkommen von Minsk vereinbarte Waffenstillstand blieb brüchig. Nun droht der Konflikt erneut zu eskalieren. Die Großmächte Russland und USA – und mit den USA die NATO und die Europäische Union – ziehen so genannte rote Linien und entsenden Truppen in nahegelegene Gebiete der Konfliktregion. Die ukrainische Regierung fordert die Lieferung von Waffen, unterstützt von verschiedenen deutschen Medien, die dieser Forderung vehement Nachdruck verleihen. Es droht ein Krieg mit völlig unkalkulierbaren Folgen.
Friedensaktivist*innen sowohl in der Ukraine als auch in Russland wenden sich schärfstens gegen diese Zuspitzung. In einem Aufruf aus Russland heißt es dazu: „Niemand fragt die Bürger Russlands. Es findet keine öffentliche Diskussion statt. Das staatliche Fernsehen präsentiert nur eine Sichtweise, und zwar die der Kriegsbefürworter*innen. Von ihnen sind direkte militärische Drohungen zu hören, Aggressionen und Hass gegen die Ukraine, Amerika und westliche Länder. Am gefährlichsten ist jedoch, dass der Krieg als eine zulässige und unvermeidliche Entwicklung dargestellt wird. Die Menschen werden getäuscht und korrumpiert. (…) Aber es sind die einfachen Menschen, die den Preis zahlen müssen – ein hoher und blutiger Preis.“
Zugleich wenden sich auch in der Ukraine Friedensaktivist*innen scharf gegen jede Eskalation: „Die Staats- und Regierungschefs der Welt drohen einander rücksichtslos mit militärischer Gewalt und Wirtschaftskrieg, wenn ihre Forderungen, die so genannten roten Linien, nicht respektiert werden. Beide ‚Großmächte‘ wollen die Ukraine vereinnahmen und beanspruchen ihr ‚Recht‘, ihre tödlichen Waffen, Truppen und Stützpunkte zu konzentrieren, wo immer sie wollen und so nah beieinander, wie sie wollen. Aber niemand hat das Recht, einem anderen eine Waffe oder eine Atombombe an den Kopf zu halten.“ Ergänzend dazu legte die Ukrainische Pazifistische Bewegung am 1. Februar 2022 klare friedenspolitische Forderungen vor: Einhaltung des vereinbarten Waffenstillstandes, Abzug aller Truppen und Einstellung aller Waffenlieferungen. „Wir fordern die sofortige friedliche Beilegung des Konflikts durch Führung offener, umfassender und inklusiver Verhandlungen in Form eines öffentlichen Dialogs zwischen allen staatlichen und nichtstaatlichen Konfliktparteien sowie die Verankerung der Neutralität unseres Landes in unserer Verfassung.“
In Deutschland wird die Frage diskutiert, ob an die Ukraine Waffen geliefert werden sollen. Rüstungslieferungen werden damit verklärt, dass lediglich Waffen zur Verteidigung geliefert werden sollen. Die ukrainische Regierung meint damit in erster Linie Kriegsschiffe, wie Botschafter Andrij Melnyk gegenüber der Deutschen Presse Agentur erklärte. „Aber es ist klar“, so heute Rudi Friedrich von Connection e.V., „dass es so etwas wie defensive Waffen nicht gibt, erst recht nicht, wenn es um Kriegsschiffe geht. Jede Waffe wird im Rahmen offensiver Militäreinsätze benutzt werden.“
„Es gibt keinen ‚gerechten Krieg‘ oder eine ‚richtige Seite‘“, schreiben ukrainische Pazifist*innen. „Militarist*innen und die Rechten auf allen Seiten provozieren eine Eskalation der Gewalt in dem verzweifelten Versuch, ‚zu teilen und zu herrschen‘ und ihre historisch überholte Kriegsmaschinerie zu erhalten.“ Und russische Aktivist*innen machen deutlich: „Die Völker Russlands, die in den Kriegen der Vergangenheit Millionen von Menschen verloren haben, leben seit Jahrzehnten entsprechend dem Slogan: ‚Es darf keinen Krieg mehr geben!‘“
„Wir stehen an der Seite derjenigen,“ so Rudi Friedrich weiter, „die sich auf welcher Seite auch immer gegen eine militaristische Politik und gegen Kriegstreiber*innen stellen. Wir wenden uns scharf gegen jede Eskalation, von welcher Seite sie auch immer ausgeht. Nicht Waffen, sondern konstruktive Verhandlungen sind das Gebot der Stunde. Wir begrüßen es, wenn sich Menschen dazu entscheiden, sich dem Dienst, dem Befehl zum Kampf, zu verweigern. Ihnen gilt unsere Unterstützung.“