die waffen nieder

Nein zum AFRICOM

Katholikentag in Stuttgart

| Dominik Wetzel

Beitragafricom
Foto: Dominik Wetzel

Während der diesjährigen Katholikentage in Stuttgart wandten sich am Samstag, den 28. Mai, knapp 100 Demonstranten dem US- Africa Command (AFRICOM) in Stuttgart Möhringen zu. Die Friedensbewegten prangerten vor den Kasernentoren die Kriegspolitik der NATO-Staaten an und forderten Diplomatie und Abrüstung.

Das AFRICOM ist die Zentrale für alle Militäroperationen der USA in Afrika. Die US-Militärplaner haben die Welt in sechs Zonen mit den dazugehörigen Oberkommandos eingeteilt. Während alle anderen Führungsstäbe auf us-amerikanischem Boden liegen, befinden sich die Hauptquartiere EUCOM – für Europa, Russland und Türkei zuständig – und AFRICOM in Stuttgart. Seit 2008 werden hier alle militärischen Aktivitäten des US-Verteidigungsministeriums und anderer Behörden auf dem afrikanischen Kontinent – Ägypten ausgenommen – gebündelt und koordiniert.
Pablo Flock von der Informationsstelle Militarisierung und Odilo Metzler von Pax Christi erklärten ausführlich die Rolle des AFRICOMs bei der Bombardierung Libyens oder bei den Drohnenanschlägen, die die USA unter anderem in Somalia durchführen, um mutmaßliche Terroristen zu jagen. Im letzten Jahrhundert war die CIA schon am Mord an Patrice Lumumba, dem ersten gewählten Premierministers des Kongo, sowie bei der Verhaftung Mandelas beteiligt.
Die Menschen vor dem AFRICOM fühlten sich mit ihrer Haltung gegen Waffenlieferungen und ihrer Kritik an der NATO als Minderheit auf dem Katholikentag

Flock erklärte anhand einer Studie der UN-Entwicklungsorganisation UNDP, dass Unzufriedenheit mit korrupten Regierungen und das Bedürfnis nach einem bezahlten Beruf die stärksten Gründe seien, warum sich Menschen terroristischen Organisationen anschließen. Während „französische, kanadische und chinesische Minenarbeiter die Bodenschätze aus der Nachbarschaft wegkarren“, seien „die staatlichen Armeen wie auch die Rebellengruppen oft die einzigen Chancen für ein sicheres Einkommen“. Er sagte: „Armut ist der Hauptgrund für Aufstände und Bürgerkriege…, deswegen kann der Kampf gegen den Terror nicht militärisch gewonnen werden.“ (1)
„Kampfdrohnen sind eine Einstiegsdroge für autonome Waffensysteme“, so Metzler. Er zitierte lang aus einem Artikel der Süddeutschen Zeitung „Drohnentod aus Deutschland“ und forderte „ein Ende der Komplizenschaft unserer eigenen Stadt und unseres Landes mit den Drohnenmorden… Wir wollen, dass es aufhört“, flehte er die US-Soldaten über den Zaun an. (2)
Neben dem Krieg gegen den Terror war die Veranstaltung nicht nur vom Ukrainekrieg überschattet. Die Gesellschaft „Kultur des Friedens“, die den Protest zusammen mit Pax Christi organisert hatte, gedachte ihrem kürzlich verstorbenen Gründer Henning Zierock. Viele Redner erinnerten seiner mahnenden Worte, man müsse „…den Frieden gewinnen, nicht den Krieg.“
Die Menschen vor dem AFRICOM fühlten sich mit ihrer Haltung gegen Waffenlieferungen und ihrer Kritik an der NATO als Minderheit auf dem Katholikentag. Heike Hänsel, ehemalige Bundestagsabgeordnete für die Linke, betonte, dass der Katholikentag konträr zur Stimme von Papst Franziskus verlief, der am 3. Mai im Interview mit der italienischen Corriere dela Sera vom „Gebell der NATO an der Toren Russlands“ sprach, das den Kreml dazu
gebracht habe, „falsch zu reagieren und den Konflikt zu entfesseln“. Eine Meinung, für die der Papst seitdem stark kritisiert wird.
Gunther Rall wunderte sich, warum der Pazifismus am Ende sein soll, da doch jeder Krieg von einem Aggressor ausgehe. „Wieviel Wert hat eine Moral, die in der Krise ins Gegenteil verkehrt wird?“ Er plädierte für die Suche nach einer politischen Lösung, „die am Ende jeder militärischen Auseinandersetzung steht“ und gedachte der Worte des US-amerikanischen Antimilitaristen A.J. Muste: „Es gibt keinen Weg zum Frieden. Der Frieden ist der Weg.“
Statt sich nach politischen Vorbildern wie Gandhi und Martin Luther King und der Lehre der Bergpredigt zu orientieren, habe man heute „Jesus zu einem politischen Deppen gemacht“, so Franz Alt in einer weiteren Rede vor dem AFRICOM.

Anmerkungen:
(1): Rede von Pablo Flock, IMI: https://www.imi-online.de/2022/05/30/rassistische-traditionen/ .
(2): Zu Drohnenkrieg siehe auch Artikel in der GWR:
https://www.graswurzel.net/gwr/2021/10/zukunft-drohnenkrieg-statt-bodentruppen/ .

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