antimilitarismus

Racak als zweites Gleiwitz?

Diskussionsbeitrag zum Stellenwert der Menschenrechte in der Diskussion um die Zukunft des Antimilitarismus

| Frank Tiresias

Mit diesem Diskussionsbeitrag nehme ich Bezug auf jüngste Analysen in der GWR in der Nachbetrachtung des Jugoslawien-Krieges, vor allem auf "Rambouillet und andere Lügen", darin den Abschnitt über das angebliche Massaker von Racak (GWR 254, S. 1 und 12f.) sowie auf die "Thesen zur Zukunft der Friedensbewegung" in GWR 255, S. 10f.

Ich stimme mit großen Teilen beider Artikel überein und finde es entscheidend für die zukünftige antimilitaristische Arbeit, die offizielle Medienpolitik und Legitimationsfiguren der Herrschenden für den Krieg zu entmystifizieren. Dies hat vor allem der erstgenannte Artikel in vorbildlicher Weise getan. Wenn ich mich hier auf detaillierte Unterschiede in der Bewertung beziehe, dann nicht mit der Intention, diese Artikel grundsätzlich zu kritisieren, sondern auf Gefahren aufmerksam zu machen und eine eigenständige libertäre Sicht auf die Zukunft des Antimilitarismus einzufordern, sich also weniger als bisher auf Diskussionen aus dem antiimperialistischen Spektrum zu beziehen.

Der reaktionäre UCK-Krieg in Mazedonien als Bestätigung der Antikriegsposition

Zur Zeit führt die kosovo-albanische Guerilla UCK Krieg an zwei Fronten: einmal in der südserbischen Pufferzone einen Krieg um eine territoriale Ausweitung des Kosovo auf Kosten Jugoslawiens, und zum anderen einen offenen Krieg in Westmazedonien im Gebiet um die Stadt Tetovo, wo die mazedonische Bevölkerung nur noch 15 Prozent der dort lebenden EinwohnerInnen ausmacht. Dieser UCK-Krieg erscheint somit als Kampf für ein nationalistisches Groß-Albanien und zeigt sich – wohl nicht nur mir – als besonders reaktionär und hässlich, weil Mazedonien schliesslich in der Gegend um Tetovo unter grossen eigenen Lasten noch vor zwei Jahren mehrere Hunderttausend kosovo-albanische Flüchtlinge solidarisch aufgenommen hat und auf ihrem Territorium vor der Verfolgung geschützt hat. Dass die UCK den gemäßigten gewaltfreien albanischen Nationalismus Rugovas von vor dem Krieg ’99 in extremer Weise radikalisiert hat, bestätigt nur Analysen zur Kritik des Befreiungsnationalismus der UCK, die etwa in der GWR schon früh zu lesen waren (1).

Wäre die Situation nicht so dramatisch und wären nicht reale Menschenleben im Spiel, käme man/frau gar auf die Idee, klammheimliche Freude darüber zu empfinden, dass die Bundeswehr in Tetovo nun tatsächlich im Sperrfeuer der UCK steht, zu deren Hilfe sie in der Allianz mit anderen westlichen Armeen ja gerade eben erst den Kosovo freigebombt hatte.

Alles klar, alles einfach also? Was die libertäre Kritik der befreiungsnationalistischen UCK betrifft, ganz sicher.

Der Unterschied zwischen Inszenierung und Instrumentalisierung

Was aber den Rückblick auf den Krieg gegen Jugoslawien betrifft, bin ich mir da nicht so sicher. Zunächst einmal fällt mir eine neue Tendenz nach Auflösung von Komplexität auf: während in der Zeit vor dem Krieg gegen Jugoslawien eine Rückkehr des Bürgerkrieges konstatiert wurde und sich die verbliebenen Initiativen und antimilitaristischen Gruppen einer nicht mehr existenten Friedensbewegung mit der gewachsenen Kompliziertheit der Kriegsursachen auseinandersetzen mußten, empfinde ich heute eine verblüffende Rückkehr zur Einfachheit der Analysen. Vor dem Krieg galt zumindest in gewaltfreien und auch in libertären Zusammenhängen die These, dass es mehrere Ursachen für den Bürgerkrieg in Jugoslawien gibt, der seit 1990 in vollem Gange war. Der sehr schnell in die Diskussion gekommenen antiimperialistischen These von der Aufteilung Jugoslawiens durch die imperialistischen Westmächte wurde durch eine libertäre und antimilitaristische Binnenanalyse der nationalistischen Ursachen des Jugoslawienkrieges widersprochen. In diesem Zusammenhang spielten auch die Menschenrechte eine sehr gewichtige Rolle und alle friedenspolitischen Initiativen gegen den Bürgerkrieg verstanden sich auch als VerteidigerInnen der Menschenrechte. Heute scheint mir diese Komplexität der Kriegsursachen wie weggewischt. Es kommt sogar zu einer seltsamen Koalition der nachträglichen Verteidigung des Milosevic-Regimes von seiten sowohl der Antideutschen wie auch der AntiimperialistInnen. Noch nie wurde wohl in der GWR ein Buch eines Journalisten wie Jürgen Elsässer – immerhin ansonsten nachträglicher Befürworter der Berliner Mauer ebenso wie der Bombardements der Russischen Armee auf Grosny – so zustimmend zitiert wie in GWR 254. Und in GWR 255 heisst die erste These zur Zukunft der Friedensbewegung, ebenfalls in Anlehnung an die Einleitung des Buches von Elsässer: „Wir leben in Orwell’schen Zeiten“ (2) – das ist natürlich auf die jüngsten Aufdeckungen von Propagandalügen zur Legitimation des Jugoslawien-Krieges bezogen.

Dagegen hatten wir uns bis zum Krieg und auch noch während des Krieges nach meiner Wahrnehmung eher mit „postmodernen Zeiten“ auseinanderzusetzen, mit einer erhöhten Komplexität bei gleichzeitig gestiegenen Möglichkeiten der Zerstreuung und Gleichgültigkeit der Menschen in den Metropolen, mit Huxley statt Orwell. Die Medien hatten dabei nicht simpel gelogen, sondern mit Halbwahrheiten und einer Filterung von Informationen jongliert. Noch die Medienanalyse des Golfkriegs durch Noam Chomsky legte den Schwerpunkt darauf, dass im modernen Kapitalismus die Informationen im wesentlichen vorhanden sind und nicht per se falsch, sondern selektiv gefiltert dargestellt werden. So konnte dann die bekannte Lüge, irakische Truppen wären im kuwaitischen Krankenhaus barbarisch mit gerade geborenen Kindern umgegangen, nur deshalb wirken, weil es in der US-Öffentlichkeit bereits ein bestimmtes Bild vom barbarischen Hussein-Regime gab, das als solches auch nicht völlig falsch war, sondern die Fakten nur einseitig gefiltert waren. Nicht die Lüge kennzeichnete die Medienpolitik, sondern die Filterung von Informationen, auf der dann die Lüge nurmehr das Sahnehäubchen war. Die eine Lüge konnte in dieser Sicht nur deshalb so wirksam sein, weil sie eben nicht auf einem Gebäude von Lügen, sondern auf einer speziell gefilterten Ansammlung von Wahrheiten und Halbwahrheiten aufgebaut war.

Diese Chomskysche Medienanalyse, die m.E. einiges für sich hat, scheint mir insbesondere durch die jüngste Racak-Diskussion auf den Kopf gestellt: die Lüge wird wieder zum Charakteristikum westlicher Medienpolitik erklärt, das schlichte Wort der Medienpropaganda macht in den Analysen die Runde. Wenn Klaus Hartmann, ehemaliger DDR-Aussenminister in Jugoslawien (*), dessen Analysen oft faktenreich, aber von einer Verteidigungsposition des Staates Jugoslawien geprägt und daher für libertäre Analysen nur mit äusserster Vorsicht heranzuziehen sind, sagt, das „‚Massaker von Racak‘ folgt dem Muster des ‚Überfalls auf den Sender Gleiwitz‘ – durchsichtige Manipulation, bestellte Provokation“ (3), dann sagt er damit, in Racak sei gar nichts vorgefallen, denn auch Gleiwitz war von den Nazis ja inszeniert.

Überhaupt fällt mir in diesen Analysen die Vermischung der Begriffe Lüge/Inszenierung und Instrumentalisierung auf. Ich würde jedoch auf einer feinsäuberlichen Trennung bestehen: Instrumentalisierung durch die UCK und die NATO ja, die Frage der Lüge/Inszenierung bleibt m.E. jedoch bis auf weiteres offen. Zu Racak hat es ja auch nach den GWR-Artikeln immer wieder eine öffentliche Diskussion in den herrschenden Medien gegeben. Auffällig und auch verdächtig erscheint mir dabei, dass nahezu einhellig alle KriegsgegnerInnen aus den bisher öffentlichen Papieren des Ranta-Obduktionsberichtes diejenigen Stellen betonen, die gegen ein Massaker sprechen, und natürlich alle KriegsbefürworterInnen diejenigen Stellen, die auf das Gegenteil hindeuten. Ranta selbst ist auch hier nicht entschieden: in einem heftig diskutierten Monitor-Fernsehbeitrag – auch dieser Beitrag übrigens ein Beleg dafür, dass wir nicht in Orwell’schen Zeiten leben – sagte sie, ihr sei bewusst, dass Racak auch „arrangiert“ gewesen sein „könnte“. Als der WDR das aber als Beleg gegen die Massaker-These auslegte, fühlte sich Ranta nicht nur missinterpretiert, sondern behält sich sogar vor, den WDR zu verklagen, weil er ihre Aussagen „völlig verkürzt“ wiedergegeben habe. Ich zitiere dazu eine längere Passage aus dem letzten Racak-Artikel, bei dem Spiegel-JournalistInnen einen Teil der bisher geheimen Dokumente des Ranta-Berichtes einsehen konnten, im Spiegel 12/2001:

„Doch tatsächlich hatten die meisten der aus Racak stammenden UCK-Kämpfer das Dorf bereits verlassen, bevor sich der Ring der serbischen Bewaffneten schloss – viele überlebende Einwohner nehmen den Kämpfern diesen strategischen Rückzug bis heute übel. Denn die Bevölkerung war den serbischen Soldaten und Paramilitärs nun weitgehend schutzlos ausgeliefert. Offiziere der UCK rechtfertigen den Abzug damit, sie hätten gegen die gewaltige Übermacht der Serben ohnehin nichts ausrichten können. Bis heute wird in ihren Reihen ungern über den Rückzug gesprochen. Am 15. Januar 1999, so Aussagen von Zeugen in Den Haag, hätten die Serben dann die Männer aus ihren Häusern geholt und den Hügel hinaufgejagt. Aus der Sicht der Serben war jeder männliche Dorfbewohner ein potenzieller Terrorist. Für die Ankläger in Den Haag scheint wahrscheinlich: Außerhalb des Dorfes feuerten serbische MP-Schützen auf die aus dem Dorf vertriebenen unbewaffneten Albaner. Weil jedoch die Schüsse aus einiger Distanz fielen, ließ sich bei der Obduktion der Opfer eine Exekution schwieriger nachweisen als etwa bei einer Erschießung aus nächster Nähe. Fast alle auf den Hügel getriebenen Männer starben im Kugelhagel – auf die Aussagen der wenigen überlebenden Zeugen stützt sich Chefanklägerin Del Ponte bei ihrer Anklage. (…) Auch in einem Kurzbericht – die noch immer streng geheime Langfassung umfasst über 1000 Seiten (4) – halten sich die Autoren (drei finnische Forensiker aus dem Ranta-Team, d.A.) sehr bedeckt. Die These vom Massenmord wird dort aber – wenn auch nur in verklausulierter Form – erhärtet. Erst im November 1999 war es den Finnen gelungen, weitere Indizien für die Massaker-Theorie zu finden. Vor Ort durchstreiften Spezialisten die Gegend und suchten mit Metalldetektoren nach Geschossen und Patronenhülsen. Am Platz der vermuteten Exekutionen wurden sie fündig: Dort stießen die Rechercheure unter Blättern und im Schlamm nur auf Patronenhülsen, nicht auf Kugeln. Die Schlussfolgerung der Ermittler: Es wurde nur aus einer Richtung geschossen, von den Serben. Erst später wurden die Leichen wohl in den nahen Graben gelegt.“ (5)

Auch wenn unter den Opfern entwaffnete ehemalige UCK-Kämpfer waren, ist ihre Erschießung nach Gefangennahme dennoch eine Menschenrechtsverletzung. So lange der wirkliche Tathergang so umstritten und die Möglichkeit des Massakers immer noch offen ist, sollten auch wir vorsichtig sein, sofort von „Lüge“ oder Inszenierung zu sprechen. Was sich hinter dieser Übernahme antiimperialistischer Analysemuster verbirgt, ist die Tendenz, im Nachhinein den Staat Jugoslawien von Menschenrechtsverletzungen freizusprechen und damit die komplexe Ursachenanalyse von vor dem Krieg zu überdecken. Eine libertäre Analyse sollte sich m.E. jedoch diesen Tendenzen entziehen: der Skandal an Racak wäre in libertärer Sicht in jedem Fall die Instrumentalisierung für das NATO-Bombardement, und zwar ganz unabhängig von der Frage, ob das Massaker real oder inszeniert war. Hier wäre m.E. die libertäre Forderung die nach weiterer Aufklärung. Wenn aber Racak letztlich nicht ganz aufgeklärt werden kann – worauf vieles hindeutet -, dann wäre allerdings m.E. im Zweifel für die Opfer zu entscheiden, und das waren im konkreten Fall Kosovo-AlbanerInnen, auch wenn uns das vor dem Hintergrund aktueller nationalistischer Kämpfe in Mazedonien keineswegs passt.

Libertärer Antimilitarismus und Menschenrechte

Racak ist hier nur als Symbol zu verstehen und letztlich auch nicht entscheidend für die Bewertung. Es geht darum, ob dem Staat Jugoslawien im Nachheinein alle Menschenrechtsverletzungen abgesprochen werden können, nur weil sich der NATO-Krieg mit ihnen legitimiert hat. Für eine Bewertung der Menschenrechtssituation in Jugoslawien ist auch nicht der Zeitraum von Oktober 1998-März 1999 entscheidend, sondern entscheidend sind tatsächlich die Menschenrechtsverletzungen durch Armee und Milizen seit allen Kriegen von 1990 an. Unabhängig von der verständlichen juristischen Rechtsposition ist dabei nach wie vor zu konstatieren, dass der serbische Nationalismus in nahezu allen jugoslawischen Kriegen eine Vorwärtsaggression als präventive Kriegsführung praktizierte, was eine ebenso deutliche Verurteilung der jeweiligen Gegennationalismen, seien sie slowenisch, kroatisch, oder bosnisch-muslimisch natürlich miteinschliesst (6). Srebrenica ist eine Realität – und diese Realität sollte nicht durch nachträgliche Uminterpretationen verdrängt und verleugnet werden, wie das AntiimperialistInnen heute immer wieder dadurch tun, dass sie sagen, alles sei von BosnierInnen oder AlbanerInnen inszeniert worden, um die NATO zum Eingreifen zu zwingen (7). Eine libertäre Analyse der Zukunft der Friedensbewegung sollte m.E. auch nach dem Jugoslawien-Krieg auf der Basis von Srebrenica und nicht auf der Basis von dessen Verdrängung aufbauen. Wogegen sich eine Friedensbewegung – wenn es sie denn wieder gäbe – wenden sollte, ist eine Instrumentalisierung solcher Menschenrechtsverletzungen für NATO-Bombardements und militärische Interventionen, nicht gegen die Möglichkeit und Faktizität solcher Menschenrechtsverletzungen. Und letztlich ist ja die politische Revolte vom Oktober 2000, der Sturm aufs Parlament, der beste Beleg dafür, dass die Menschen in Serbien selbst ihre Regierung als illegitim angesehen haben.

Krieg ist Menschenrechtsverletzung

Damit komme ich zu dem für mich überraschenden Befund, dass in GWR 255 bei den „Thesen zur Zukunft der Friedensbewegung nach dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien“ über Menschenrechte gar nichts zu lesen steht. Und hier ergibt sich mein Hauptwiderspruch: vor dem Krieg schrieben die Friedensinitiativen, die zu Jugoslawien arbeiteten, die Menschenrechte zu Recht auf ihre Fahnen und sprachen – in Ansätzen zumindest – den westlichen Staaten inclusive der BRD die Fähigkeit, den Willen und auch die Berechtigung dafür ab, sich im Namen von Menschenrechten einzumischen. Nun haben die Ergebnisse des Krieges diese These eher bestätigt – nichts von Konflikt ist gelöst, die „Befreiten“ schiessen in Mazedonien auf die „Befreier“, der radikale Nationalismus wächst, neue Kriege stehen vor der Tür. Und jetzt, gerade in dieser Situation, verzichten antimilitaristische und friedenspolitische Initiativen darauf, sich selbst als die eigentlichen BefürworterInnen von Menschenrechten darzustellen? Für mich ist das eine Kapitulation vor den Verhältnissen – zumindest in der Analyse.

Libertäre Kriegsanalysen haben im Gegensatz zu bürgerlichen wie auch zu antiimperialistischen Analysen darauf bestanden, dass der Krieg selbst schon eine Menschenrechtsverletzung ist. Jeder Krieg ist überhaupt nur denkbar durch dabei vorkommende Menschenrechtsverletzungen. Deswegen bestätigt die antiimperialistische Akribie, mit der danach gefragt wird, ob die Untersuchungsberichte tatsächlich beweisen, ob eine Erschießung aus nächster Nähe stattgefunden hat und damit eine Erschießung als Massaker und damit als Menschenrechtsverletzung zu qualifizieren ist, nur die bürgerliche, auch im Haager Tribunal zugrundegelegte Trennung zwischen Krieg und Menschenrechtsverletzungen. Dass Krieg und Menschenrechtsverletzungen getrennt wurden, war eine zentrale Voraussetzung für die Führbarkeit des Krieges auch auf Seiten der NATO. Jede zukünftige libertäre, gewaltfreie und antimilitaristische Analyse sollte immer wieder darauf zurück führen, dass Krieg und Menschenrechtsverletzungen aber nicht getrennt werden können, dass der Krieg bereits die Menschenrechtsverletzung miteinschliesst, ja ist. Zu dieser Analyse gehört aber auch, dass eine Menschenrechtsverletzung auch als solche benannt wird und nicht aus Opportunitätsgründen versucht wird, sie im Nachhinein kleinzureden oder zu rechtfertigen. Libertäre AntimilitaristInnen sollten sich dagegen wenden, dass Menschenrechtsverletzungen wiederum als Legitimation für Krieg benutzt/instrumentalisiert werden. Dabei ist aber die Tendenz die entscheidende, dass neuer Krieg und neue Menschenrechtsverletzungen nicht wirksam dazu führen, die vorhandenen Menschenrechtsverletzungen aufzuheben – und nicht die Tendenz, dass die Menschenrechtsverletzungen eigentlich gar nicht vorhanden sind. Das wäre m.E. eine unzulässige Reduktion der Komplexität von Kriegsursachen. Genau darin unterschiede sich m.E. eine libertäre von einer antiimperialistischen Analyse. Und so gesehen waren wir vor dem Krieg m.E. tatsächlich schon weiter als mit den Reduktionismen von heute.

(1) Vgl. z.B. Gewaltfrei aus Schwäche? "NATO erwache!"? Nationalismus und internationaler Militarismus zerstören Ansätze gewaltfreien Widerstands in Kosova, in GWR 228, April 1998, S. 7.

(2) Vgl. Ozeanien führt Krieg, in: Jürgen Elsässer: Kriegsverbrechen, S. 7-13.

(3) Zit. nach GWR 254, S. 13, Anm. 15.

(4) Angeblich liegt der Bericht ganz oder teilweise sowohl der Berliner Zeitung wie auch "Konkret" vor. Der Autor dieses Artikels hat Anfang Februar beiden Zeitungen die GWR-Ausgabe mit dem Titelartikel "Rambouillet und andere Lügen" mit der Bitte zugesandt, die den Redaktionen vorliegenden Materialien als Kopie erhalten zu dürfen. Beide Zeitungen haben bis jetzt weder etwas geschickt, noch auf diese Bitte überhaupt reagiert. Darf die Hoheit der eigenen Interpretation keinen Schaden erleiden? Warum wird dem Staat überhaupt Geheimhaltungspolitik vorgeworfen, wenn angeblich geheime Unterlagen an andere Initiativen nicht genauso weitergeleitet werden, wie das andererseits vom Staat eingefordert wird?

(5) Zit. nach Spiegel: Täuschen und Vertuschen, Spiegel 12/2001, 19.3., S. 240 und 243.

(6) Die besten Analysen der Jugoslawien-Kriege, die ich gelesen habe, sind: Catherine Samary: Die Zerstörung Jugoslawiens. Ein europäischer Krieg, Köln 1995; und Ernst Lohoff: Der Dritte Weg in den Bürgerkrieg. Jugoslawien und das Ende der nachholenden Modernisierung, Bad Honneff 1996.

(7) Zu Srebrenica vgl. z.B. Jan Willem Honig, Norbert Both: Srebrenica. Der größte Massenmord in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, München 1997. Die Autoren schätzen die Zahl der Getöteten auf zwischen 10 und 15.000.

Berichtigung

(*) In GWR 258, im Artikel "Racak als zweites Gleiwitz?", S. 8, 4. Spalte, zweiter Absatz von unten, wurde Klaus mit Ralph Hartmann verwechselt. Ralph Hartmann ist ehemaliger DDR-Botschafter (nicht "Außenminister") in Jugoslawien gewesen, beim hier gemeinten Klaus Hartmann handelt es sich dagegen um den Vorsitzenden des Freidenker-Verbandes, Autor bei der DKP-nahen Zeitung "Unsere Zeit" sowie der "Marxistischen Blätter". Für die inhaltliche Tendenz des Gesagten ist die Verwechslung bedeutungslos. (Red. HD)