Zur Zeit, „Die Wochenzeitung für Österreich“, steckt in Geldnöten. Zwar kann das „rechtsintellektuelle“ Organ wie das deutsche Pendant Junge Freiheit auf massive Unterstützung durch seinen Gesellschafter Herbert Fleissner (Ullstein/Langen Müller) rechnen, ZZ-Herausgeber und Haider-Berater Andreas Mölzer kündigte auch schon großspurig an, er werde demnächst die politisch nahestehende FPÖVP-Regierung offiziell um Fördermittel angehen.
Nichtsdestotrotz ließ er jetzt erst einmal bei den AbonnentInnen den Hut kreisen. „In den letzten Wochen und Monaten hat sich der Druck unserer Gegner auf unser Wochenblatt dramatisch erhöht“, so Mölzer in seinem Bettelbrief. „Man diffamiert das angeblich ‚regierungsnahe‘ Blatt Zur Zeit und verunglimpft damit die Bundesregierung.“ Anlaß für den Aufruf zur finanziellen und sonstigen Unterstützung ist eine Serie von Anzeigen und Gerichtsverfahren, insbesondere wegen Verbreitung rassistischer und antisemitischer Positionen, die sich für ZZ unangenehm auszuwirken beginnt. Besonders schmerzt Mölzer das „höchst schwierige, zeit- und kostenaufwendige Verfahren“, das der Journalist und langjährige Redakteur der Israelitischen Kultusgemeinde Wien Karl Pfeifer gegen ZZ angestrengt hat. Unter dem Titel „Tödlicher Tugendterror“ hatte ein Erwin Steinberger Pfeifer in typischer FPÖ-Terminologie in den Reihen einer „Jagdgesellschaft“ von 10 steckbriefartig abgebildeten Personen verortet, die er für den Tod des antisemitischen Verschwörungsforschers Werner Pfeifenberger verantwortlich macht. Der Politikwissenschaftler Pfeifenberger hatte über drei Jahre erfolglos gegen Pfeifer und die jüdische Gemeinde prozessiert, weil er sich nicht den Vorwurf gefallen lassen wollte, in einer politischen Jahresschrift der FPÖ, für die wiederum Mölzer mitverantwortlich zeichnete, „Nazi-Töne“ bzw. eine „Nazi-Diktion“ benutzt zu haben (vgl. GWR 241). Das Aufsehen, das er mit diesen Prozessen auf sich und seine These einer „jüdischen Kriegserklärung“ an das Dritte Reich lenkte, trug ihm zuletzt eine Anklage wegen NS-Wiederbetätigung ein. Wenige Wochen vor dem Gerichtstermin beging er aus ungeklärten Motiven Selbstmord. Da Pfeifenberger an der FH Münster trotz wütender Proteste aus der Studierendenschaft 25 Jahre die Würden eines Professors für Politikwissenschaft genoß machten Neonazis, Geschichtsrevisionisten und Antikorrekte ihn sogleich zu einem Horst Wessel für Alphabeten. Einschlägige Nazi-websites z.B. übernahmen begierig das Konstrukt einer „Menschenjagd bis in den Tod“ und fordern Revanche. Als Karl Pfeifer versuchte, sich mit juristischen Mitteln gegen die Denunziation zur Wehr zu setzen, stellte sich heraus, daß Urheber „Steinberger“, der mit detailliertem Insiderwissen aus den Pfeifenberger-Verfahren aufwarten konnte, nicht dingfest zu machen ist. Wie ZZ durch Ihren Anwalt mitteilte bezeichnet dieses Pseudonym eine „christlich-konservative Person des öffentlichen Lebens“, die lieber anonym bleiben möchte. Der Herausgeber mochte ebenfalls keine Verantwortung für den Artikel übernehmen, der angeblich unbesehen abgedruckt worden ist. Damit griff Mölzer auf den gleichen billigen Trick zurück, der es ihm bereits erspart hatte, zusammen mit Pfeifenberger für die im FPÖ-Jahrbuch vertretenen Thesen belangt zu werden. Wobei billig in diesem Fall nicht wörtlich zunehmen ist. ZZ wurde mittlerweile in erster Instanz dazu verurteilt, einen symbolischen Schadenersatz von 50.000 Schilling zu entrichten. Daß Mölzers Schnorrbrief nennenswert dazu beitragen wird, die Kosten dieses und anderer Verfahren abzufedern, darf getrost bezweifelt werden. Der „Rechtsintellektuelle“ war nicht gut beraten, in dem Rundschreiben selbst noch einmal zu behaupten, die „Jagdgesellschaft“ habe Pfeifenberger „in den Selbstmord getrieben“. Wenn ihm jetzt nicht die Regierung unter die Arme greift, mit der er sich praktisch schon identisch gibt, kann Mölzer sich am besten gleich wieder an den Schreibtisch setzen.