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Rot-grün ist Krieg

| Tobias Pflüger

Das Faszinierende war, dass es alles so reibungslos funktioniert hat. Noch am 12. November 2001 sah es danach aus, dass bis zu 40 Bundestagsabgeordnete aus SPD, Bündnisgrünen, FDP und CDU gegen den umfassendsten Bundeswehreinsatz, den es bisher gegeben hat, stimmen würden. Dann stellte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Vertrauensfrage im Zusammenhang mit diesem Kriegseinsatz. Und plötzlich war der zunehmende Protest in den Regierungsparteien gegen den Krieg de facto verstummt.

Nein, die Regierungskoalition sollte nicht gefährdet werden. Dann eben mit Bauchgrimmen für Schröder und damit für den Krieg stimmen. Es kam wie es kommen musste: Die Regierungsmehrheit stimmte für den Kanzlerkrieg, die acht „festen“ grünen Kriegsgegner/innen trafen eine „strategische Entscheidung“ und teilten ihre Stimmen auf: halb für den Kriegskanzler, halb für die murrende Grünen-Basis und abspringende Wähler/innen – gegen den Krieg. Nur die SPD-Abgeordnete Christa Lörcher funktionierte nicht, blieb standhaft und wurde dazu aus der SPD-Fraktion geworfen. Die Parteitage von SPD und Grünen segneten daraufhin als weitere Vertrauensfragen für Schröder und Fischer den Kriegskurs mit jeweils übergrosser Mehrheit ab.

Die Abstimmungen zeigen folgendes:

  1. Das (parlamentarisch-politische) System funktioniert – wie erwartet.
  2. Rot-grün ist Krieg.
  3. Die Frage nach Krieg und Frieden hat gegenüber allen anderen Fragen absolute Priorität.

Zu 1.: Das (parlamentarisch-politische) System funktioniert – wie erwartet.

Die Abgeordneten haben ihre Hauptaufgabe erfüllt, die (Kriegs)-Regierung zu stützen. Alle ihre anderen Aktivitäten sind dagegen eine Spielwiese. Die Kriegsfrage macht deutlich: Alle Abgeordneten außer einer, haben funktioniert. Der Parlamentarismus als solches hat für alle sichtbar funktioniert. Das politische System ist nicht über sich selbst gestolpert. Jeder Glaube an wirklich kritische Abgeordnete ist Illusion. Jeder Glaube, über das Parlament, über Regierungen politisch Grundlegendes zu verändern, ist Illusion. Das (politische) System als solches ist das eigentliche Problem.

Zu 2.: Rot-grün ist Krieg

Wer jetzt noch – nach drei Kriegseinsätzen in drei Jahren rot-grün und den finanziellen Prioritäten für den Krieg von „rot-grünem Reformprojekt“ faselt, ist ein politischer Scharlatan. SPD und Grüne stehen für Krieg. Rot-grün ist Krieg.

Zu 3. Die Frage nach Krieg und Frieden hat gegenüber allen anderen Fragen absolute Priorität.

Es gab nie eine Vertrauensfrage zu einem anderen Thema, für keinen Bereich wurden innerhalb kürzester Frist so viele Gelder zur Verfügung gestellt: 1,5 Milliarden DM dauerhaft auf den Militärhaushalt drauf, plus – nach Angaben der Woche – 1,6 Milliarden DM für den jetzigen Bundestagsbeschluss… Die Frage nach Krieg und Frieden ist die zentrale Politikfrage, siehe den Verlauf der Parteitage von SPD und Grünen.

Im November 1998 hatte ein GWR-Artikel die Überschrift „Rot-grüne Kriegspolitik – oder am Anfang und Ende steht die Frage von Krieg und Frieden„. Inhalt und Überschrift bewahrheiten sich durch Schröders Vertrauensfrage auf perfide Art und Weise. (Zum Artikel vgl. imi-online.de und graswurzel.net) Abschließend: Andere Oppositionsbewegungen müssen begreifen, dass alle anderen Themen ebenfalls auf die Kriegsfrage ausgerichtet werden: Stichworte: Aufrüstung im Innern, Asylpolitik, Antifa, etc. Grundlegende Opposition gegen Kriegspolitik muss das zentrale Thema sein. In Abwandlung des Spruchs von Willy Brandt gilt für Gerhard Schröder: Krieg ist nicht alles – aber ohne Krieg ist alles nichts.

Für die gesamte Opposition muss gelten: Antikriegsarbeit ist nicht alles, aber ohne Antikriegsarbeit ist alles nichts. Also tut endlich was…