Sie wurde 1972 gegründet und bis jetzt hat sie alle Höhen und Tiefen sozialer Bewegungen – nicht nur in der BRD – überstanden: Die alternative und immer noch selbst verwaltete Monatszeitung graswurzelrevolution, die im Untertitel „für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft“ ihre politische Programmatik eines gewaltfreien Anarchismus ausdrückt, wird diesen Sommer 30 Jahre alt. Und sie feiert dies, wie es sich für AnarchistInnen gehört: mit einem rauschenden dreitägigen Fest und Kongreß vom 21.-23.6. in Münster.
Die „Graswurzelrevolution“ wurde zu einer Zeit gegründet, als sich die StudentInnenbewegung auflöste und entweder bewaffnete Gruppen oder maoistisch-kommunistische Parteien aufzubauen versuchte. Während diese und ihre diversen Publikationen in den siebziger oder achtziger Jahren eingingen, hat sich die Graswurzelrevolution bis heute auf einem Niveau von ca. 4000 Exemplaren pro Monat stabilisiert. Circa 20 AktivistInnen arbeiten ehrenamtlich an der Zeitung mit, lediglich ein Redakteur im derzeitigen Redaktionsbüro in Münster erhält monatlich ein kärgliches Honorar für seine Arbeit.
Die graswurzelrevolution versteht sich als basisdemokratisches Bewegungsblatt und versuchte in ihrer Geschichte immer wieder, opponierenden Gruppen und Initiativen sozialer Alternativbewegungen, von der Ökologie- und Anti-AKW- über Antirassismus- und Frauenbewegung bis hin zu diversen Antikriegsbewegungen Raum zu Darstellung und Diskussion zu geben. Gleichzeitig verzichteten die Zeitung und die in ihr jeden Monat aufgeführten, lose assoziierten Aktionsgruppen nicht auf eine eigenständige Programmatik: den gewaltfreien Anarchismus. Seit Anbeginn schreibt die graswurzelrevolution gegen das Klischee des „bombenwerfenden Anarchisten“ an und versucht, dagegen das Konzept der gewaltfreien Revolution, der gewaltfreien Aktion und des zivilen Ungehorsams zu verbreiten, das sich ebenfalls in der Tradition der anarchistischen Bewegung findet. So unterschiedliche Traditionen und Bewegungen wie diejenige Gustav Landauers, Mahatma Gandhis, Michail Bakunins, Leo Tolstois, Martin Luther Kings oder der niederländischen feministischen Antimilitaristinnen Clara Wichmann und Henriette Roland-Holst werden als Inspiration und historische Beispiele heran gezogen für das, was GraswurzelrevolutionärInnen in den heutigen sozialen Auseinandersetzungen erreichen wollen.
Gegenwärtig unterstützen GraswurzelrevolutionärInnen mit publizistischen Sonderausgaben antimilitaristische Kriegsdienstverweigerer in der Türkei und begleiten mit Buchpublikationen zu sozialen Bewegungen in Indien und Brasilien die junge Bewegung für eine andere Globalisierung.
Wir von der ak-Redaktion gratulieren der graswurzelrevolution zu diesem Jubiläum, wünschen ein rauschendes Fest und uns allen eine herrschaftsfreie Gesellschaft.
Aus: analyse & kritik (ak) 463, 21.6.2002