Vom „Westfälischen Frieden“ zum globalen Blutvergießen?
Mit den Veränderungen durch die „Globalisierung“ findet auch eine Neubewertung der Rolle des Militärs und der Gewalt in der Außenpolitik statt. So wie wir die seit 1991 stattfindenden Weltordnungskriege der kapitalistischen Hauptländer erleben müssen, stellen wir seit Beginn der Neunziger Jahre die zunehmende Militarisierung der bundesdeutschen Außenpolitik fest. Über die Bundesrepublik verteilt gibt es Orte, an denen sich dieser Wandel zeigt. Einer dieser Orte ist Münster in Westfalen, eine Stadt, die sich gerne als Friedensstadt präsentiert, da hier 1648 der Dreißigjährige Krieg mit dem Friedensschluss sein Ende fand. Münster verfügt über eine militaristische Geschichte und ist schon lange Garnisonsstadt. Hier befinden sich bedeutende Teile jener Struktur, die es der Bundesrepublik erlaubt, SoldatInnen in entfernte Regionen der Welt zu schicken, um am globalen Blutvergießen für mehr Macht und für den sicheren Zugang zu Rohstoffvorkommen teilzunehmen. Neben dem Lufttransportkommando der Bundeswehr, das alle Versorgungs- und Nachschubflüge für die im Ausland stationierten Bundeswehreinheiten koordiniert, findet sich in Münster auch das Deutsch-Niederländische Korps, eine wichtige Säule der neuen deutschen Militärpolitik.
Deutsch-Niederländisches Korps
1995 als Teil der militärischen NATO-Struktur gegründet, wurde das Deutsch-Niederländische Korps gemäß des Washingtoner NATO-Vertrages von 1999 in den vergangenen Jahren zu einem High Readiness Forces Headquarter umgebaut. Seither steht es als Hauptquartier für die „Schnellen Eingreiftruppen“ der NATO zur Verfügung. Es umfasst 1.500 Soldaten, seiner flexiblen Kommandostruktur können bis zu 60.000 NATO-Soldaten unterstellt werden. Die „Schnellen Eingreiftruppen“ der NATO können innerhalb von sieben bis zwanzig Tagen an jeden Ort der Welt verschoben werden. Aufgrund seiner Binationalität wurde das Korps seit seiner Gründung propagandistisch als Beitrag zur Völkerverständigung dargestellt.
NEIN zu den weltweiten Einsätzen der Bundeswehr!
Seit Februar 2003 hat das Deutsch-Niederländische Korps die Führung der in den hiesigen Medien als Schutztruppe bezeichneten ISAF in Afghanistan inne. Die Funktion der lead nation übten zuvor die US-Streitkräfte sowie die türkischen Militäreinheiten aus, denen während des längst stattfindenden Irakkrieges neue Aufgaben zukommen. Insofern ermöglicht der erste Einsatz des Korps als Hauptquartier in diesem Fall von UNO-Truppen in Afghanistan -, die Freistellung von Militäreinheiten, die dringend zur Führung des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen den Irak benötigt werden.
- Dies ist für uns Grund genug, den Abzug des Korps aus Afghanistan zu fordern.
- Ebenso fordern wir den Abzug der Einheiten der Bundesmarine rund um Ostafrika, die dort die für die westlichen Ökonomien wichtigen Rohstofftransportrouten sowie die militärisch wichtigen Nachschubwege zum Golf kontrollieren.
- Wir fordern den Abzug der Bundeswehrsoldaten, die in den AWACS-Flugzeugen über der Türkei ihren Dienst tun, um die Bomberflüge über dem Irak zu ihren Zielen zu leiten.
- Wir fordern den Abzug der Bundeswehrsoldaten und der Spürpanzer in Kuwait, die zum Schutz der dort stationierten US-Soldaten ABC-Aufklärung betreiben.
- Wir treten dem weltweiten Einsatz von BundeswehrsoldatInnen entgegen, der auch zeigt, dass sich die Bundesrepublik am Irakkrieg aktiver beteiligt, als es die rosarot-olivgrüne Regierung in Berlin zu Wahlkampfzeiten zugeben will.
- Verhindern wir den Transport von wichtigem Kriegsmaterial.
NEIN zu den Plünderungskriegen des Westens!
Die Bundesrepublik ist längst auf dem Weg zu einer normalen Großmacht. Für ihr Fortkommen in der Weltordnungshierarchie bietet sie ihre militärischen Dienste ihren NATO-Partnern an. Statt „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ scheint es längst „Nie wieder Krieg ohne uns!“ zu heißen. Ein Nein! zum Krieg aus dem Mund des Bundeskanzlers ist Wahlkampfgetöse. Ob im Krieg gegen Afghanistan, bei dem das offizielle Kriegsziel, die Drahtzieher des 11. September zu fassen, offensichtlich verfehlt wurde, mit dem aber das inoffizielle Kriegsziel, eine ständige Militärpräsenz des Westens im rohstoffreichen Zentralasien zu erzwingen, erreicht wurde, oder ob im Krieg gegen den Irak, mit dem die Weltwirtschaft aus der Rezession gebombt werden soll: die Bundesrepublik wird auch in Zukunft am globalen Blutvergießen um Macht und Rohstoffsicherheit beteiligt sein. Dagegen möchten wir am 15. März protestieren, in Münster, dem Sitz des Deutsch-Niederländischen Korps, das künftig vermehrt auch direkt bei den Plünderungskriegen des Westens mitmischen wird. Dabei wissen wir uns in Gesellschaft mit einer weltweiten Bewegung gegen diese neuen Kriege, die nach dem 11. September 2001 bereits erfolgt sind und noch folgen werden. Wir wissen uns in Gesellschaft mit der Opposition im Irak, deren Sinn nun nach ca. 25 Jahren Diktatur durch Hussein nicht nach einem weiteren Marionettenregime aus abgefallenen Generälen steht. Wir wissen um den Widerstand, den die Antikriegsbewegung in den USA gegen die massenmediale Verdummungskampagne à la Enduring Freedom etc. der kriegs- und profitgeilen US-Regierung aufbietet. Und wir wissen uns in Gesellschaft mit der sog. Antiglobalisierungsbewegung, die schon so oft gegen die Menschenverachtung des herrschenden kapitalistischen Systems und seiner RepräsentantInnen aufgetreten ist, um zu sagen:
Ya Basta! Es reicht!
Anmerkungen
Unterstützende Gruppen:
Bundesausschuss Friedensratschlag, Kasseler Friedensratschlag, Freie Arbeiter/innen Union, Redaktion und Arbeitskreis Graswurzelrevolution Münster, Gruppe W.I.R. Frankfurt M., Schwarze Katze - Hemer, Schallplattenversand JUMP UP! - Bremen, Hönkeldruck - Lutter, Widerstand gegen Atomanlagen (WIGA) Münster, Projekt Backbord, Infoladen Bankrott - Münster, Gruppe B.A.S.T.A. - Münster, Verein für politische Flüchtlinge - Münster, Aktionsbündnis gegen den Krieg - Münster, Jugendantifa Münster (JAMS), Baracke Münster e.V., Antikriegskoalition - Lüdenscheid, u.a.
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