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Mit der Schreibmaschine an der Front

Die Hoffnung beschreiben: Deutsche SchriftstellerInnen über den Spanischen Bürgerkrieg

| Jan Dörner

Am Ende des Spanischen Bürgerkrieges müssen viele so gefühlt haben: „Sechsunddreißig waren wir ausgezogen, Madrid zu retten und damit dem Weltgeschehen einen von uns erwünschten Verlauf zu geben, den Faschismus auf seinem ersten europäischen Schlachtfeld zu schlagen“, erinnerte sich der Deutsche Theodor Balk, Journalist und Mediziner. „Neunundreißig zogen wir aus, um Barcelona eine Weile zu halten, die Evakuation Kataloniens zu ermöglichen, den Feind zu schwächen, der sich nachher auf Zentralspanien stürzen wird.“

Die Hoffnung, die faschistischen Truppen Francos aufzuhalten, war der bitteren Einsicht gewichen, dass Freiheitsliebe und Solidarität modernen Waffen nicht Stand halten können. Der Ruf der republikanischen Truppen „No Pasaran!“ – Sie werden nicht durchkommen – verstummte nach 978 Tagen Krieg: Sie waren durchgekommen.

Nachdem der Krieg im Juli 1936 ausgebrochen war, kamen zehntausende Freiwillige nach Spanien, um die Republik zu verteidigen. Der Kampf der RepublikanerInnen, AnarchistInnen, SozialistInnen und KommunistInnen sowie kollektives Wirtschaften auf republikanischem Gebiet faszinierte SchriftstellerInnen und JournalistInnen, die sich mit ihren Schreibmaschinen ins freie Spanien aufmachten.

In „Die Kinder von Guernica“ sind Berichte, Reportagen und Erzählungen deutscher SchriftstellerInnen und JournalistInnen verschiedener politischer Couleur gesammelt, z.B. von Augustin Souchy, Paul Thalmann, Anna Seghers, Willy Brandt, Heinrich Mann, Rudolf Leonhard und Egon Erwin Kisch.

Die Texte sind chronologisch geordnet, ohne die Geschehnisse vollständig zu beschreiben. Es beginnt mit dem Ausbruch des Krieges, der Ankunft von Freiwilligen und ihrem Weg zur Front. Getrieben werden sie von der Hoffnung, dass Franco die Puerta del Sol in Madrid „nie mehr anders als durch seinen Feldstecher sehen“ werde.

Die AutorInnen erzählen vom Leid und der Armut der Bevölkerung, wie Hermann Kesten, der die Bombardierung Guernicas durch deutsche Kampfflieger schildert, den Streitigkeiten innerhalb der Volksfront sowie dem Hass der katholischen Kirche auf die AnarchsitInnen.

Der unerschütterliche Glauben an Freiheit und das „No Pasaran!“ wird von Zweifeln geschwächt, wie sie Hubertus Prinz zu Löwenstein nach einem faschistischen Angriff kamen. Beim Anblick der zerstörten Stadt habe er gesehen, wofür der Krieg in Spanien nur eine Warnung sei: „Europa überwältigt vom kommenden Grauen, und ein Meer von Feuer über unseren Städten und Dörfern.“

Schließlich wird die Demobilisierung der Internationalen Brigadistas beschrieben und wie ihnen nur bleibt „zum letzten Mal zusammen auf freier Erde“ zu stehen.

Die Berichte sind die der Dabeigewesenen, die nicht beschreiben wollen, was nicht sein darf. Manchmal scheinen sich Beobachtung, Verklärung und Gewolltes zu vermischen. Etwa wenn Kisch berichtet, wie die „Dissimulanten“ in einem Lazarett ihre Verwundungen klein reden und verschweigen, um bald wieder an die Front zu kommen. Trotzdem verlieren die Berichte nicht ihren Wert als Dokumente der Zeitgeschichte.

Auch wenn die Beiträge in dem sorgfältig zusammengestellten Buch in einem Nachwort literarisch, politisch und geschichtlich eingeordnet werden, fehlt als wichtige Information ein genauer Nachweis von Erstpublikationsort und -datum der Texte.

Wilfried F. Schoeller (Hrsg.): Die Kinder von Guernica. Deutsche Schriftsteller zum Spanischen Bürgerkrieg, Aufbau Verlag, Berlin 2004, 319 S., 8,95 Euro.