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Humanität versus Militärdiktatur

Menschenrechtsarbeit und humanitäre Hilfe unter der Militärdiktatur in Burma/Myanmar am Beispiel der Free Burma Rangers (FBR)

| Sebastian U. Kalicha

Schwere Menschenrechtsverletzungen, Zwangsarbeit, Vertreibung, militärische Willkür, Vergewaltigung und Mord: die abscheulichsten Dinge, die Kriege und Diktaturen in der Geschichte hervorgebracht haben und immer noch hervorbringen, stehen in Burma auf der Tagesordnung.

Aung San Suu Kyi, die beinahe unter ständigem Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin und Vorsitzende der National League for Democracy (NLD), ist, mit ihrem gewaltfreien Engagement für eine Beendigung der Militärherrschaft, spätestens seit dem von der Militärjunta nicht anerkannten Wahlergebnis von 1990, einhergehend mit der Niederschlagung friedlicher StudentInnenproteste und der konstanten Repression gegen Oppositionsbewegungen, den meisten Menschen, die im Friedens- und Menschenrechtsbereich aktiv sind, ein Begriff.

Zahlreiche MenschenrechtlerInnen und Organisationen, die sich mit ethischem Tourismus auseinandersetzen, fordern unisono mit der NLD seit langem einen Tourismusboykott, da der Tourismus eine wichtige Geldquelle für die Diktatur darstellt und TouristInnen, ob sie nun wollen oder nicht, Infrastruktur und Anlagen nutzen, die unter Zuhilfenahme von Zwangsarbeit errichtet wurden. Ansonsten dringen jedoch äußerst selten Nachrichten aus Burma bis in den Westen durch. Selbst als Ende des Jahres 2004 der verheerende Tsunami schlimme Zerstörungen verursachte und etwa 227.000 Todesopfer forderte, waren die Informationen, die das Regime in Burma freigab, ziemlich dürftig.

Am 6. November 2005 wurde der Regierungssitz von Rangun nach Naypyidaw verlegt. Diese neue Hauptstadt befindet sich ungefähr 300 Kilometer nördlich von Rangun, ist isoliert gelegen und wurde neu gebaut.

Die Gründe, weshalb eine neue Stadt gebaut und zum neuen Machtzentrum des südostasiatischen Landes gemacht wurde, sind nicht ganz klar. Mutmaßungen variieren von der Angst des Regimes vor einer US-Intervention bzw. internen Kämpfen bis hin zu der Annahme, dass dies der Ratschlag von Wahrsagern gewesen sei. Ende März 2007 lies die Diktatur in der neuen Hauptstadt eine Militärparade mit 15.000 Soldaten abhalten, wofür auch 50 internationale JournalistInnen ins Land gelassen wurden. Unterdessen schloss das International Committee of the Red Cross (ICRC) zwei seiner Büros in Burma, da eine befriedigende Arbeit im Land kaum noch möglich ist.

Aktivitäten der FBR

In Burma, einem der abgeschottetsten und zugleich ärmsten Länder der Welt, dessen EinwohnerInnen von einer brutalen Militärjunta unter Führung der Generäle Than Shwe (Staatsoberhaupt) und Soe Win (Regierungschef) tyrannisiert werden, versucht eine Gruppe von BurmesInnen, die Free Burma Rangers, mittels medizinischer und humanitärer Hilfe, die physischen Leiden der unterdrückten Bevölkerung, speziell der Flüchtlinge innerhalb Burmas, zu lindern.

Mit guten medizinischen Kenntnissen und dem dazugehörigen Equipment, helfen sie bei verschiedenen Problemen, behandeln z.B. Hautkrankheiten und entzündete Wunden, verabreichen Medikamente, helfen bei Geburten oder behandeln Zahnschmerzen.

Eine weitere wichtige Aufgabe, der sich die FBR widmen, ist Menschenrechtsverletzungen durch das Militär zu dokumentieren, Berichte darüber zu verfassen und somit den Menschen auch Hoffnung zu geben, dass ihre Schicksale nicht ungehört verhallen. Die Männer und Frauen der FBR begeben sich hierbei stets in Lebensgefahr.

Sie versuchen den Menschen in Gebieten zu helfen, in denen sich Militärbasen befinden und ständig burmesische Soldaten patrouillieren, welche Dörfer, die von ethnischen oder religiösen Gruppen bewohnt sind, die dem burmesischen Regime aus verschiedenen Gründen missfallen, teilweise zerstören und niederbrennen, deren EinwohnerInnen, wenn diese nicht schon vorher die Flucht ergriffen haben, vertreiben, verschleppen und zur Zwangsarbeit nötigen, Menschen willkürlich ermorden und Frauen vergewaltigen. Am 1. November 2006, um nur ein schreckliches Beispiel aus vielen zu nennen, wurde Saw Thay Shur, 47 Jahre alt, verheiratet und Vater von sechs Kindern, von burmesischen Soldaten bei lebendigem Leibe verbrannt, als das Militär das Dorf Play Hta, in dem sich der kranke Mann noch aufhielt, da er nicht mehr flüchten konnte, niederbrannte.

Eine weitere Routinehandlung der Armee ist das Verminen dieser (Wohn)Gebiete, was zur Folge hat, dass es unter den Menschen, die wieder in ihre Dörfer zurückkehren wollen, immer mehr verstümmelte Minenopfer gibt, denen unter teils widrigen Umständen Gliedmaßen amputiert werden müssen. Über eine Million Menschen befinden sich, innerhalb der Grenzen Burmas, ständig auf der Flucht vor der oft tödlichen Willkür und Repression des Militärs, eine weitere Million hat sich in das Exil in Nachbarländer wie z.B. Thailand oder Bangladesch gerettet und lebt dort in Flüchtlingslagern. Alleine in dem Gebiet Karen, wo die burmesische Armee im Februar 2006 eine Offensive zur Vertreibung der dort ansässigen Bevölkerung gestartet hatte, wurden bislang 20.000 Menschen zur Flucht gezwungen. Viele wollen ihre Dörfer aber nicht verlassen und kehren, all den Gefahren zum Trotz, zurück:

„Bislang haben die Menschen in Burma noch nicht aufgegeben. Die Weigerung der Flüchtlinge in Burma, ihre Heimat aufzugeben, ist eines der beeindruckendsten Beispiele von zivilem Ungehorsam gegen die Diktatoren. Die Demokratiebewegung ist noch immer aktiv.“

Unite for Freedom, Justice and Peace

Schon das Motto der Free Burma Rangers ist bezeichnend:

„Love each other. Unite for Freedom, Justice and Peace. Forgive and don´t hate each other. Pray with faith and act with courage. Never surrender.“ Es scheint jedoch, wenn man diese Zeilen liest, nicht ins Bild zu passen, dass die FBR, angesichts solcher Prinzipien, teilweise Waffen tragen. Es wird jedoch betont, dass sich die Freiwilligen nicht an Kampfhandlungen, die hin und wieder zwischen burmesischen Rebellenorganisationen und der Armee ausbrechen, beteiligen.

Die Waffen werden, wenn sie überhaupt zum Einsatz kommen, ausschließlich zur Selbstverteidigung getragen, um den Truppen der Diktatur nicht mitten im Urwald vollständig ausgeliefert zu sein. Sie sollen vermutlich der Armee gegenüber auch als Abschreckung dienen.

Gegründet wurden die FBR 1997 anlässlich einer Großoffensive der burmesischen Armee, bei der es, neben unzähligen Todesopfern und der Zerstörung von Dörfern, zur Vertreibung von über 100.000 Menschen kam. Die Organisation besteht aus 20 multiethnischen, interkonfessionellen HelferInnen-Teams, die in den Gebieten Karen, Karenni, Shan, Arakan und Lahu ständig im Einsatz sind. Die Arbeit wird unentgeltlich geleistet, medizinische und bestimmte sprachliche Kenntnisse müssen vorhanden sein und es wird geistiges und körperliches Durchhaltevermögen vorausgesetzt: „Man muss körperlich bei Kräften und ausdauernd sein, um im Stande zu sein, sich in Krisengebieten zu bewegen und moralische Stärke besitzen, um bei den Menschen zu bleiben, wenn sie attackiert werden und mit ihnen auszuharren, wenn sie nicht mehr fliehen können.“

Never surrender

Die FBR haben sich auf ihre Fahnen geheftet, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Frieden nach Burma zurückbringen zu wollen, ebenso wie demokratische Strukturen und die Prinzipien der Deklaration der Menschenrechte. „Angesichts der erdrückenden Gewalt der Armee des Diktators, haben sich die Free Burma Rangers zusammengeschlossen, überzeugt davon, dass niemand Menschen daran hindern kann, Liebe zu geben und sich um andere Menschen zu kümmern.“ Bei Argumentationen wie diesen wird ersichtlich, dass die FBR ein beeindruckendes Beispiel dafür sind, wie das Prinzip der gegenseitigen Hilfe selbst unter den widrigsten und repressivsten Umständen praktiziert werden kann und funktioniert. „Never surrender“, also „Niemals aufgeben“, ist angesichts der Situation, mit der sich die couragierten Menschen der FBR konfrontiert sehen, ein Leitspruch, der einem durchaus, in positiver Weise, in Erstaunen versetzt und beeindruckt.

Kontakt & Infos

Zitate und Infos: www.freeburmarangers.org