beilage: sturmwarnung - no war! no g8!

Grenzen, die wir nicht anerkennen!

In der Weltgesellschaft schwinden die traditionellen physischen und kommunikativen Grenzen; die wechselseitigen Abhängigkeiten und Beeinflussungen nehmen zu.

Soziale und oft auch symbolisch-kulturelle Grenzen werden desto wichtiger. Oft genug findet das politisch-militärischen Ausdruck. Ökonomische und kulturelle Warenströme sollen ungehindert fließen, die Grenzen der Bürgerschaft aber genau definiert bleiben durch eindeutige Loyalitäten. Deshalb muss der Zugang auch territorial begrenzt werden.

Es gibt eine Gleichzeitigkeit des Abbaus und der Verstärkung von Grenzen: Wenn die EU wächst, so verstärkt sie gleichzeitig ihre Außengrenzen, definiert aber auch nach Innen neu, wem welche Befugnisse zustehen und wer nicht dazugehört oder nur mit eingeschränkten Rechten.

Mauern und Zäune, Losungen und Passwörter sind nicht weniger geworden in den Zeiten der Entgrenzung: Der Zugang oder Ausschluss wird mehr und mehr zum zentralen Machtelement.

Die Grenzen zwischen USA und Mexiko oder die Außengrenzen der EU spiegeln wie in einem Brennglas die Trennung von relativen Wohlstandsregionen gegenüber ihrer Peripherie.

2006 sind nach zurückhaltenden Schätzungen etwa 3000 Menschen im Mittelmeer und im Atlantik bei dem Versuch ums Leben gekommen, nach Spanien oder Italien einzuwandern. (1)

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex (!) kann schnelle Einsatztruppen für grenzpolizeiliche Einsätze an den Außengrenzen der EU zusammenstellen, die sich vor allem gegen illegale Einwanderung richten; gegen die „Frühjahrsoffensive“ der MigrantInnen ist diese „Rapid Border Intervention“ mit Patrouillenboten, Hubschraubern, Wärmebildkameras angetreten.

Sicherheitsregime, Kontrolltechniken

So ist auch der 13 km lange und 2,5 m hohe Sicherheitszaun um den G 8-Konferenzort Heiligendamm von hoher symbolischer Bedeutung: Überall muss der Zugang kontrolliert und protokolliert werden.

So wie Kriegsschiffe vor der Ostseeküste kreuzen, Taucher Angriffe verhindern sollen, Störsender bloße Störungen, so gibt es in vielen Bereichen der schönen neuen Welt ein ausgeklügeltes und durch Erfahrungen immer weiter perfektioniertes „Grenzmanagement“ und natürlich Vorfeldkontrollen gegen tatsächliche oder vermeintliche StörerInnen oder gar Terroristen.

Auch innerhalb der modernen Gesellschaften entstehen Zonen verdichteter oder ausgedünnter Sicherheit: Die „gated areas“ der Reichen in den USA bilden „geschlossene Städte“ wie früher die Militärregionen der Sowjetunion sie kannten, von Wachmannschaften und Sicherheitstechnik unzugänglich gemacht für „Außenstehende“ und potenzielle Risiken.

Dem stehen Stadtviertel gegenüber, die zum Teil „aufgegeben“ wurden und von Drogen- und Bandenkriminalität geprägt sind. So bildet sich die Situation der Welt auch im Innern der Industriestaaten tendenziell ab.

Noch vor wenigen Jahren wäre der Einsatz von Überwachungstechniken im öffentlichen Raum auf viel mehr Protest gestoßen. Unter dem Banner der „Terrorismusbekämpfung“ wird eine immer feinmaschigere Kontrolle von Personenbewegungen und Datenströmen legitimiert.

Die überall gesammelten und teilweise schon von allen KundInnen der Konzerne und Verwaltungen bereitwillig gelieferten Daten werden zunehmend zusammengeführt und immer besser ausgewertet.

Symbolische und reale Grenzüberschreitungen, aber auch Blockadeaktionen sind Antworten der sozialen Bewegungen „von unten“: „Wir ziehen Euch auch Grenzen!“, ist eine Antwort, eine andere:

„Wir akzeptieren Eure Grenzen nicht, wir überschreiten sie!“

(1) EU-Justizkommissar Frattini am 29.03.07 in der FAZ