Die Ethnologin Rita Schäfer ist besonders bekannt durch ihr Buch „Im Schatten der Apartheid“ (2005). Sie erforschte Genderverhältnisse in Sierra Leone, Simbabwe, Namibia und Südafrika. Ihre neue sozialwissenschaftliche Studie thematisiert die soziokulturellen Hintergründe der antikolonialen Befreiungskriege im südlichen Afrika.
Sie richtet außerdem ihren Focus auf die Bürgerkriege und die Nachkriegsentwicklungen in West-, Zentral- und Ostafrika sowie am Horn von Afrika.
Welche psychosozialen und politischen Folgen haben die Rekrutierungen sowie die Teilhabe von Frauen und Mädchen an militärischen Interaktionen?
„Gender“ impliziert in Rita Schäfers Studie so etwas wie „den Faktor“ der radikaleren Veränderungen in den gesellschaftlich konstruierten Geschlechterverhältnissen und der Transformationen der bestehenden Geschlechterhierarchien.
Das ist ein ziemlich dynamisches Begriffsverständnis von „Gender“: die Autorin beleuchtet das jeweils gesellschaftlich konstruierte Verständnis von Geschlecht, Frau, Mann, Mädchen, Junge – zudem kritisch in Bezug auf die neuen (Zwangs-)rollen der Verhaltensweisen in Situationen von Bürgerkriegen, gewalthaltigen Kämpfen und sogenannten Befreiungskriegen.
Herrschende Maskulinitätskonzepte werden kritisch durchleuchtet, z. B. in Bezug auf die martialisch und hierarchisch-autoritär ausgerichteten Guerillaorganisationen. Die Studie verharrt nicht bei der Kritik der durchgehenden patriarchalischen Lebensverhältnisse, sondern verweist zugleich auf die Tatsache der Adaption ausgeübter maskuliner Rollen, wie: Chief, Führer, Held, Soldat, Kommandant, Offizier, Herrscher, allmächtige Autorität – von Frauen, die sich als Kommandantin, Soldatin, Offizierin in das Raster der vorgegebenen Gewaltstrukturen einordnen müssen. In diesem Zusammenhang verweist Rita Schäfer zudem auf die Tatsache der Zwangsrekrutierungen, insbesondere auch von Kindern und Jugendlichen.
Sie schildert präzise und mit empirischen Quellen belegt die menschenunwürdigen, überaus harten und oft unentrinnbar brutalen Bedingungen, unter denen die KindersoldatInnen „ihr Leben“ fristen müssen.
Liest mensch diese umfangreiche, gründlich mit Literaturangaben versehene, empirische Studie, bleiben doch zu guter Letzt – viele Fragen offen. Die Option der Wahrnehmung von „Gender“ als innovativer Faktor in Bezug auf „die Friedenssicherung“, wie des öfteren argumentiert wird, erscheint mir zu vage.
Welche Art von Frieden ist hier gemeint?
Die Studie von Rita Schäfer plädiert keineswegs für eine Fortpflanzung und Tradierung der gewalthaltigen militärischen, kriegerischen Interaktionen.
Im Gegenteil: deutlich zeigt sie in ihren Analysen die Ursachen der tödlichen Macht und der Gewaltspiralen auf.
Es ist jedoch zusätzlich dringend an der Zeit, das Hauptaugenmerk (weiterhin) auf die aktiv-gewaltlose Bekämpfung von Kriegen zu richten.
Rita Schäfer, Frauen und Kriege in Afrika, Ein Beitrag zur Genderforschung, Brandes & Apsel, Frankfurt/M. 2008, 520 Seiten, ISBN: 978-3-86099-345-3, 39,90 Euro