transnationales / antimilitarismus

Die EU-Politik facht den Bürgerkrieg weiter an

Arming Somalia. Die neue ESVP-Mission zur Ausbildung somalischer Soldaten

| Jonna Schürkes

Nachdem im April 2009 die Europäische Union auf einer Geberkonferenz für Somalia zugesagt hatte, 60 Millionen Dollar für die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) und 12 Millionen Dollar für die Ausbildung von Polizei durch das UNDP bereitzustellen, beschloss die Europäische Kommission Anfang Februar 2010 eine Mission zur Ausbildung somalischer Soldaten (EUTM-Somalia).

Bis 2011 sollen 2.000 somalische Soldaten durch europäische Militärausbilder zunächst in Uganda ausgebildet werden. Begründet wird dies u.a. damit, dass nicht nur zu See – also im Rahmen der EU-Mission Atalanta und anderer Missionen -, sondern auch an Land gegen die Piraten vorgegangen werden müsste: „Die Mission soll den Kampf gegen Piraten vor der Küste Somalias unterstützen“. (1)

Bereits vor Beginn der Atalanta-Mission hatten einzelne Abgeordnete des europäischen Parlaments angedeutet, dass die Aufstellung von Sicherheitskräften an Land notwendig sei, um die Piraten erfolgreich bekämpfen zu können. So erklärte im Dezember 2008 der polnische EU-Abgeordnete Filip Kaczmarek von der Fraktion der Europäischen Christdemokraten im europäischen Parlament: „In Somalia gibt es keine Ordnungsmacht, die Piraten haben niemanden zu fürchten. Man könnte sie an Land durch lokale, regionale oder nationale Ordnungskräfte stoppen, aber die gibt es schlicht nicht“. (2)

In der Zwischenzeit wurde in der deutschen Presse darüber nachgedacht, ob es nicht sinnvoll sei, Piraten durch „internationale Truppen“ an Land zu bekämpfen. So hieß es in der „Welt“ im August 2009: „Sie (die westlichen Staaten) müssen Piraterie als Kriegserklärung an den freien Handel begreifen und den Feind jagen und stellen – nicht nur auf hoher See, sondern auch in seinen Nestern an der Küste“. (3) Davon haben jedoch sowohl die UN als auch die USA und die EU bisher abgesehen: „Bis zum Sommer 2009 gab es in der EU keine Überlegungen, das Atalanta-Mandat auf das Festland auszuweiten. Allerdings mehren sich die Rufe nach robusteren Methoden und danach, Piraten auf dem Festland zu verfolgen, was gemäß Sicherheitsresolution 1851 (2008) durchaus möglich ist. Vor Letzterem ist allerdings zu warnen, denn der Konflikt in Somalia hält an und die Sicherheitslage dort ist weiterhin prekär. Europäische Soldaten würden zwangsläufig in Kampfhandlungen verwickelt werden, bei denen es um die Macht im Land geht“. (4)

Wegen der Gefahrenlage werden die europäischen Soldaten die somalischen Militärs auch in Uganda und nicht in Somalia selbst ausbilden. Dass die ausgebildeten Kräfte dann aber Gefechte um die Macht in Somalia austragen, scheint durchaus gewollt.

Die Piraterie ist aber nur eine der Bedrohungen, die aus Sicht der westlichen Staaten von Somalia ausgeht. Somalia gilt als der gescheiterte Staat schlechthin. Im Weißbuch der Bundeswehr, in der Europäischen und US-amerikanischen Sicherheitsstrategie werden solche Staaten als unmittelbare Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands und der EU bzw. der USA gesehen. Als „gescheitert“ gelten Staaten, die ihre Grenzen nicht sichern und die das Gewaltmonopol innerhalb dieser Grenzen nicht durchsetzen können oder wollen. Aus diesen Gründen würden diese Staaten zu „(…) sicheren Rückzugsgebieten für terroristische Organisationen, Zentren des Drogen- und Waffenhandels und Nährboden für gefährliche Krankheiten“. (5)

Schwach sind die Staaten demnach, weil sie ihre Bevölkerung nicht zu kontrollieren vermögen. Dem soll Abhilfe geschaffen werden, indem lokale Sicherheitskräfte geschaffen werden, die einer zentralen Macht – im Fall Somalias der Übergangsregierung – unterstellt werden. (6)

Unzählige Ausbildungsprogramme

Nachdem die Regierung der „Union islamischer Gerichtshöfe“ 2006 durch eine militärische Intervention Äthiopiens gestürzt worden war, versuchte Äthiopien, für die Übergangsregierung (TFG) unter Abdullahi Yusuf Ahmed eine Armee (eine Miliz?) aufzubauen, die diese Regierung stützen sollte.

Zwischen 2006 und 2008 wurden von Äthiopien 17.000 somalische Soldaten und Polizisten – wobei diese laut dem Bericht der UN-Beobachtergruppe für Somalia kaum voneinander zu unterscheiden sind – ausgebildet und ausgerüstet.

Davon seien im Dezember 2008 nur noch 3.000 als Sicherheitskräfte der TFG aktiv, die restlichen 14.000 seien – meist mit Waffen und Uniform – zu anderen bewaffneten Gruppen übergelaufen, desertiert oder getötet worden. (7)

Die äthiopischen Truppen sind seit Ende 2008 größtenteils abgezogen, dies war einer der Punkte des Dschibuti-Abkommens von August 2008, das eine Art Friedensabkommen zwischen der TFG und einem Teil der Union islamischer Gerichtshöfe darstellt.

In Äthiopien werden derweil weitere Polizisten für die TFG ausgebildet. Finanziert wird dies u.a. durch Deutschland und Italien, wobei Italien vor allem daran beteiligt ist, somalische Gendarmerie auszubilden.

An der Geberkonferenz für Somalia in Brüssel Ende April 2009 nahmen der UN-Generalsekretär Ban, der EU-Kommissar Barroso, der Hohe Vertreter der EU-Außen- und Sicherheitspolitik Solana, der Präsident der TFG Somalias Sharif Sheikh Ahmed, der Generalsekretär der Arabischen Liga und die Kommandeure der Atalanta-Mission der EU und der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) teil.

Die auf der Konferenz zugesagten Mittel dienen ausschließlich dem Aufbau der Sicherheitskräfte Somalias und der Finanzierung der AMISOM, wobei AMISOM bis 2011 6.000 Soldaten für die TFG, das UNDP im gleichen Zeitraum 10.000 Polizisten ausbilden soll. (8)

Die Europäische Union bot auf der Konferenz 60 Millionen Dollar für die Finanzierung der AMISOM und 12 Millionen für das Programm „Rule of Law and Security“ der UNDP, in dessen Rahmen seit Mitte der 90er Jahre Polizisten ausgebildet werden. Das UNDP war ursprünglich auch für die Verwaltung der Gelder, die der somalischen Regierung zur Verfügung gestellt werden sollten, verantwortlich. In Brüssel wurde von den Gebern allerdings als Bedingung für die Auszahlung der Gelder gestellt, dass diese von dem privaten Wirtschaftsberatungsunternehmen PriceWaterhouseCoopers verwaltet würden. (9) Die Regierung von Sharif Sheikh Ahmed unterzeichnete daraufhin einen Vertrag mit diesem Unternehmen, um deutlich zu machen, dass sie bereit ist, sich in die Karten sehen zu lassen. Die somalische Regierung wird in Zukunft bei PriceWaterhouseCoopers genau angeben müssen, wofür Gelder verwendet werden sollen, und diese werden dann erst nach einer Prüfung durch das Unternehmen, dessen Mitarbeiter vor allem in Nairobi sitzen, ausbezahlt werden. (10)

Während der Geberkonferenz erklärte der französische Präsident Sarkozy, Frankreich wolle auf seiner Militärbasis in Dschibuti zusätzlich Soldaten ausbilden, die mithilfe dieser Ausbildung dann in Somalia Soldaten rekrutieren und ausbilden sollen. Allerdings wollte Frankreich dies von der Europäischen Union finanziert sehen. Diesem Ansinnen ist die EU jedoch mit der Begründung nicht nachgekommen, man könne nicht dafür garantieren, dass diese Soldaten nicht nur keine Menschenrechtsverletzungen an der somalischen Bevölkerung begehen, sondern auch nicht – schlimmer noch – zu den Gruppen, die bewaffnet gegen die Regierung von Sharif Sheikh Ahmed kämpfen, überlaufen könnten. (11)

Trotz der Absage durch die EU bildete Frankreich in der zweiten Hälfte 2009 600 somalische Soldaten in Dschibuti aus und kündigte im Oktober 2009 weitere 3.000 an. (12)

Zahlreiche andere Staaten haben Programme zum Aufbau einer Armee und Polizei gestartet bzw. angekündigt. Eine (unvollständige) Liste findet sich hier: http://imi-online.de/download/JS-EUTM-Somalia.pdf

EUTM Somalia ist demnach nicht der erste und einzige Versuch, das „Problem Somalia“ durch den Aufbau eines Sicherheitssektors in den Griff zu bekommen – es ist nicht einmal der erste und einzige Versuch Brüssels, die Regierung dazu zu befähigen, die Kontrolle über das Territorium Somalias zu erlangen oder zumindest wichtige Infrastruktur (v.a. Häfen und Flughäfen) zu bewachen und sich selber zu schützen. Dazu unterstützt Brüssel die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (s.u.). Die Hilfe durch die EU ist der somalischen TFG durchaus willkommen.

Allerdings hatte Sharif Sheikh Ahmed auf der Konferenz in Brüssel darum gebeten, dass eine Küstenwache aufgebaut, ausgebildet und ausgerüstet würde. Diesem Wunsch hat die EU nicht entsprochen – statt einer Küstenwache gibt es jetzt Soldaten. In einem Papier der Konrad-Adenauer-Stiftung wird empfohlen, „(…) somalische Sicherheitskräfte für die Pirateriebekämpfung an Land einzusetzen. Erst langfristig sollte der Aufbau von Küstenschutzkapazitäten angedacht werden“. (13)

Begründet wird dies damit, dass die maritimen Kenntnisse, die bei der Ausbildung von Küstenwächtern vermittelt würden, den Piraten bei ihrer Arbeit von Nutzen sein könnten und ein Überlaufen des Personals der Küstenwache nicht ausgeschlossen werden könnte. Was bei der Ausbildung und Ausrüstung einer Küstenwache als Hindernis gilt, ist bei der Ausbildung und Bewaffnung von Soldaten auf dem Festland offenbar kein großes Problem. Dies lässt sich damit erklären, dass zu den Piraten übergelaufene Küstenwächter ein direktes Problem für den freien Warenverkehr zu See und damit für den Westen darstellen, wohingegen unter der Eskalation des Bürgerkrieges in erster Linie die Somalis zu leiden haben.

Reform des Sicherheitssektors! – Welches Sicherheitssektors?

Wie selbstverständlich wird bei den Menschen, die ausgebildet und ausgerüstet werden und die TFG unterstützen sollen, von Soldaten und Polizisten gesprochen. Auch auf der Seite des Rats der Europäischen Union, auf der die geplante Mission beschrieben wird, heißt es: „das Ziel von EUTM Somalia ist es, einen umfassenden und nachhaltigen Beitrag zur Ausgestaltung des somalischen Sicherheitssektors zu leisten, indem die somalischen Sicherheitskräfte durch militärisches Training gestärkt werden.“ (14)

In der jüngsten UN-Resolution zu Somalia wird der Generalsekretär dazu aufgefordert, den Sicherheitsrat darüber zu informieren, inwieweit der Plan für „eine kohärente Strategie und ein Paket für Führung, Ausbildung und Ausrüstung zum Aufbau der gemeinsamen Übergangs-Sicherheitskräfte und Übergangs-Polizei Somalias bis zur voraussichtlichen Stärke von rund 15.000 Mitgliedern“ umgesetzt wurde. Es gibt keine somalische Armee oder Polizei, die der TFG unterstellt ist – es gibt lediglich Milizen, die die Regierung bzw. die Gruppen, die der Regierung angehören, unterstützen. Im „Military Balance 2010“ wird die Größe der Armee auf 2.000 Soldaten geschätzt, die von Äthiopien ausgebildet sein sollen. (15)

Im Dezember 2008 hatte die Beobachtergruppe der UN für Somalia noch erklärt, dass die TFG die Anzahl der ihr zur Verfügung stehenden Truppen auf 20.000 schätzt, davon seien aber die meisten „Phantome“, sie ständen zwar auf der Gehaltsliste, würden aber ansonsten nicht auftauchen. Auch sei unklar, wie viele dieser Sicherheitskräfte Polizisten oder Soldaten wären, was darauf zurückzuführen sein, dass es „schlicht unmöglich ist, zwischen Soldaten und Polizisten zu unterscheiden“. (16)

AMISOM – Bodentruppen des Westens

2007 wurde eine Mission von der Afrikanischen Union entsandt, deren Aufgabe sein sollte, die TFG und kritische Infrastruktur in Mogadischu (vor allem den Hafen und Flughafen) zu schützen. Doch die inzwischen 5.400 Soldaten aus Burundi und Uganda können ihre Mission nicht erfüllen, sie kontrollieren nur einzelne Viertel Mogadischus und selbst dies gestaltet sich schwierig. Ende Januar 2010 wurden bei dem Versuch der AMISOM, eine Route, die den Hafen und den Flughafen Mogadischus verbindet, gegen die Shebab-Miliz zu verteidigen, ca. 50 Menschen getötet. Im Mai 2009 konnte die AMISOM gemeinsam mit Soldaten der TFG den Präsidentenpalast nur mit Mühe verteidigen, in den Sharif Sheikh Ahmed erst einige Monate vorher aus dem Exil in Dschibuti zurückgekehrt war.

Die Schwierigkeiten der AMISOM liegen zunächst an dem Mandat selbst. Die Mission war bisher darauf beschränkt, einige Punkte in Mogadischu zu kontrollieren, an denen die AMISOM Soldaten regelmäßig in schwere Kämpfe verwickelt werden. Ganz offiziell sollte AMISOM die Truppen Äthiopiens ersetzen (17) – sie sind die Nachfolger einer Besatzung durch das Nachbarland – oder werden zumindest von Teilen der Bevölkerung so wahrgenommen. Sie gelten demnach nicht als neutrale Friedenstruppen, zumal sie auf Grundlage eines Friedensvertrages im Lande sind, dem nur diejenigen zugestimmt haben, die auch in der TFG vertreten sind und damit direkt von der Anwesenheit der ausländischen Truppen profitieren.

Hinzu kommt der schlechte Zustand der Truppe, wie der Bericht des UN-Generalsekretärs im Oktober 2009 gezeigt hat.

Demnach sind die Bedingungen für die ugandischen und burundischen Soldaten extrem hart, was sich an der mangelhaften Versorgung der Truppen mit Lebensmitteln und Medizin zeigt. Dies führte z.B. dazu, dass 200 Soldaten der AMISOM an einer Krankheit, von der nicht einmal klar ist, um welche es sich handelt, erkrankten und sieben Soldaten gestorben sind. Inzwischen hat die UN die Versorgung der Truppe übernommen. (18)

Nach Angaben des kanadisches „Peacebuilding Coordinating Committee“, eines Dachverbands verschiedener NGOs, sind die ugandischen AMISOM-Truppen seit Mai 2009, die burundischen seit April 2009 nicht mehr ausbezahlt worden. (19)

Es befinden sich also derzeit 5.400 burundische und ugandische Soldaten vor allem in Mogadischu, denen der Sold seit Monaten nicht ausbezahlt wird. (20)

Die Mission wäre ohne die finanzielle Unterstützung der EU nicht realisierbar. (21)

Zwischen 2007 und 2009 wurden 5 Millionen Euro aus dem Instrument für Stabilität der EU für die Planung und strategische Führung der Mission bezahlt. Aus dem 9. Europäischen Entwicklungsfond wurden zwischen 2007 und 2008 35,5 Millionen Euro direkt für die AMISOM bereitgestellt; die 60 Millionen, die auf der Geberkonferenz zugesagt wurden, werden dem 10. Europäischen Entwicklungsfonds entnommen.

Zusätzlich zur direkten Finanzierung der Mission werden Militärs und Polizisten der AMISOM in verschiedenen Ausbildungszentren in ganz Afrika ausgebildet, wovon zahlreiche von europäischen Regierungen finanziert und geleitet werden; die Ausbilder sind häufig europäische Militärs oder afrikanische Militärs, die wiederum von europäischen ausgebildet wurden.

So wurden im November 2009 im „Kofi Annan International Peacekeeping Center“ – das in erster Linie aus deutschen Entwicklungshilfegeldern finanziert wird – Polizeiausbilder aus Sierra Leone für AMISOM ausgebildet. (22)

Auch in der „École de Maintien de la Paix Alioune Blondin Beye“ in Bamako, Mali, werden – ebenfalls mit deutscher und vor allem französischer Unterstützung – AMISOM-Soldaten ausgebildet. Zusätzlich bilden derzeit 40 französische Offiziere ugandische Soldaten für die Mission in Somalia aus. (23)

Neben der finanziellen Abhängigkeit ist die Afrikanische Union auch auf die logistische Hilfe des Nordens angewiesen.

Diese Aufgabe hat die NATO übernommen, die die AMISOM-Soldaten nach Somalia fliegt und die Schiffe, die die Truppe versorgen, nach Mogadischu eskortiert. (24)

AMISOM sollte zunächst nur eine Übergangslösung sein, bis die UN eine eigene Friedenmission für Somalia aufgestellt hat – eine solche Mission scheint allerdings derzeit sehr unwahrscheinlich, auch wenn der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Jean Ping, wiederholt um Ablösung gebeten hat. (25) Angesichts der desaströsen Erfahrungen der AMISOM-Soldaten und der geringen Aussicht auf Erfolg hat die UN gute Gründe, keine Mission nach Somalia zu entsenden.

Warum allerdings das Mandat der AMISOM immer wieder verlängert und im September 2009 auch noch in ein robustes Mandat umgewandelt wurde (die Truppen sollen jetzt „auch außerhalb der somalischen Hauptstadt offensive Militäroperationen durchführen, ‚wenn aus anderen Regionen Gefahren drohen'“ (26)), ist auch angesichts dessen, dass bereits 80 AMISOM-Soldaten im Einsatz gestorben sind, eigentlich nicht nachzuvollziehen. Aus europäischer (bzw. westlicher) Sicht hingegen schon: Ohne das Risiko, das mit der Entsendung eigener Soldaten verbunden ist, und für billiges Geld, das auch noch als Entwicklungshilfe deklariert wird, sind Truppen vor Ort, die eine TFG, die „dem Westen“ derzeit wohl gesonnen ist, militärisch unterstützen – wenn auch mit geringem Erfolg.

Zudem beinhaltet das AMISOM-Mandat bereits seit Beginn auch eine Ausbildungskomponente. Somalischen Soldaten sollen in Uganda und Somalia von Soldaten ausgebildet werden, die wiederum von europäischen Ausbildern darauf vorbereitet werden.

Dies wurde auf der Konferenz in Brüssel im April 2009 nochmals bestätigt. Bis Ende 2010 sollen 6.000 Soldaten durch die AMISOM ausgebildet werden, die Mittel hierfür stammen aus dem Europäischen Entwicklungsfonds. Unklar ist, ob dies bereits geschieht. Sicher ist, dass die Ausbildung von Polizeieinheiten durch die AMISOM bisher nicht geschehen ist, da die Ausbilder aus Ghana, Nigeria, Sierra Leone und Uganda (s. S/2009/503) aus Sicherheitsgründen noch nicht in Somalia stationiert werden konnten. (27)

Die Bewaffnung des Bürgerkrieges

Die verschiedenen Missionen bzw. Programme zur Reform des Sicherheitssektors fachen den Bürgerkrieg in Somalia weiter an. Amnesty International zeigt in seinem Bericht vom Januar 2010, dass die Soldaten und die Polizisten, die der TFG unterstellt sind, zur Eskalation des Konfliktes beitragen.

Hinzu kommt, dass die Waffen, mit denen die Sicherheitskräfte ausgerüstet werden, häufig bei den Gruppen landen, die die TFG gewaltsam bekämpfen.

Das gilt auch für die von den USA im Jahr 2009 nach Somalia gelieferten 40 Tonnen Kleinwaffen, die „für den Krieg im urbanen Raum und für die Aufstandsbekämpfung“ (28) geeignet sind. Diese werden inzwischen auf den Märkten in Mogadischu verkauft. (29)

Auf diese Gefahr hatte bereits die UN-Beobachtergruppe für Somalia in ihrem Bericht im Dezember 2008 hingewiesen: „(…) die externe Hilfe zum Aufbau der Sicherheitskräfte der TFG hat eine wichtige Lücke geschaffen, durch die Waffen, Ausrüstung und militärisches Know-How schlüpfen, die auf den Markt oder direkt zu den bewaffneten oppositionellen Gruppen fließen.“ (30)

Die EU hatte die Aufforderung Frankreichs, die Finanzierung für die Ausbildung somalischer Soldaten in Dschibuti zu übernehmen, mit dem Hinweis zurückgewiesen, man könne nicht dafür garantieren, dass die Soldaten nicht zu anderen bewaffneten Gruppen überlaufen. Wie sie dies jetzt – im Rahmen der Mission EUTM-Somalia – gewährleisten will, ist jedoch fraglich.

(1) Anti-Piraterie-Mission Atalanta verlängert, 17.11.2009; www.bmvg.de

(2) Europa-Abgeordnete: Kanonenboote allein werden Piraterie nicht aus der Welt schaffen, 16.12.2008; www.europarl.europa.eu

(3) Vgl. Jürgen Wagner: Piraterie: Koloniale "Lösungsvorschläge" aus dem Land des Exportweltmeisters; IMI-Standpunkt 2009/045

(4) Annette Weber: Die Marineoperation der EU im Golf von Aden (EU NAVFOR Atalanta): Vorbei am Problem - die Piraterie nimmt zu, die Ursachen bleiben, in: Muriel Asseburg/ Ronja Kempin (Hrsg.): Die EU als strategischer Akteur in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, SWP-Studie, Berlin 2009; S. 89

(5) Marina Ottaway/ Stefan Mair: State at Risk and Failed states. Putting Security first, Carnegie Endowment for International Peace, Policy Outlook, Washington, D.C., Sept. 2004, S. 1

(6) Ebd., S. 6

(7) Report of the Monitoring Group on Somalia submitted in accordance with resolution 1811 (2008) (S/2008/269).

(8) Zu der Konferenz siehe auch: Andreas Seifert: Somalia: Sicherheit statt Entwicklung; IMI-Standpunkt 2009/029

(9) Knut Mellethin: Somalia unter Konkursverwaltung, in: Hintergrund, 14.08.09

(10) Somalia appoints accountacy firm, BBC 08.07.2009; http://news.bbc.co.uk

(11) France asks for help to train security force for Somalia, EuropeanVoice, 20.05.2009; www.europeanvoice.com

(12) French President Sarkozy backs Washington's hard line against Iran, World Socialist Web Side, 20.10.2009; www.wsws.org

(13) Markus Kahl: Piraterie rund um Somalia: Ein Blick durch die Brille der Vernetzten Sicherheit, Analysen und Argumente, Nr. 71, November 2009

(14) EU Training Mission for Somalia; http://www.consilium.europa.eu/showPage.aspx?id=1870&lang=DE

(15) The Military Balance 2010, International Institute for Strategic Studies, Basingstoke, 2010; S. 324

(16) Report of the Monitoring Group on Somalia submitted in accordance with resolution 1811 (2008) (S/2008/769)

(17) UN Resolution 1744 (2007)

(18) Report of the Secretary-General on Somalia pursuant to Security Council resolution 1872 (2009) (S/2009/503)

(19) Peace Operations Newsletter No.30, Dez. 2009; S. 2; http://www.peacebuild.ca

(20) ai klagt zudem über die zunehmenden Menschenrechtsverletzungen durch AMISOM- Soldaten, die u.a. wahllos in Mengen von Zivilisten schießen; vgl. Amnesty International (2010): Somalia: International Military and Policing Assistance should be reviewed; www.amnesty.org.uk/uploads/documents/doc_20076.pdf

(21) Jakkie Cillier: Afrikanische Friedenstruppen - eine aktuelle Bestandsaufnahme, in: Walter Feichtinger/ Gerald Heinzel (Hg.): Krisenmanagement in Afrika, Wien, 2009; S. 143

(22) 1st AMISOM Pre-deployment Training opens at the KAIPTC, Pressemitteilung des KAIPTC vom 16.09.2010; www.kaiptc.org

(23) Erklärung des französischen Außenministers Bernard Kouchner am 24.04.09; www.diplomatie.gouv.fr/de/landerinformationen_1/somalia_100/ereignisse_1294/konferenz-fur-die-unterstutzung-der-somalischen-institutionen-24.04.2009_6314.html

(24) NATO assistance to the African Union; www.nato.int/cps/en/natolive/topics_8191.htm?selectedLocale=en

Das Mandat für diese Mission ist eigentlich am 31. Januar 2010 ausgelaufen, es ist unklar, ob das Mandat verlängert wurde oder wird

(25) Internationale Gemeinschaft will Somalia helfen, Deutsche Welle, 24.04.09; www.dw-world.de/dw/article/0,,4200238,00.html

(26) Knut Mellenthin: Robustes Mandat, in: junge Welt, 08.09.09

(27) Report of the Secretary-General on Somalia pursuant to Security Council resolution 1872 (2009) (S/2009/503)

(28) Background Briefing on U.S. Assistance to the Somalia Transitional Federal Government, 26.06.09; www.state.gov

(29) Arming Somalia, Foreign Policy, 10.09.2009; www.foreignpolicy.com

(30) Report of the Monitoring Group on Somalia submitted in accordance with resolution 1811 (2008) (S/2008/769)

Anmerkungen

Jonna Schürkes ist Mitarbeiterin der Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI) - www.imi-online.de