Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

die sozialen Sicherungssysteme wurden in den letzten Jahrzehnten nicht zuletzt durch Streiks, durch direkte gewaltfreie Aktionen, durch den Protest und Widerstand außerparlamentarischer Bewegungen und ArbeiterInnen gegen die Herrschenden durchgesetzt. Die Konkurrenz des kapitalistischen Systems zum „Realsozialismus“ war für die Durchsetzung sozialer Mindeststandards in den westlichen Industriestaaten von Vorteil. Nun, 14 Jahre nach dem Zerfall der „realsozialistischen“ Staaten sollen diese sozialen Errungenschaften verschwinden. Hinter der sogenannten „Agenda 2010“ verbirgt sich die drastische Umverteilung von unten nach oben, die Abschaffung des Kündigungsschutzes, die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes, die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe, die Verschlechterung des Renten- und Gesundheitssystems, … Der größte Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik lässt uns nicht kalt. Wir wünschen uns einen heißen Herbst von unten gegen diese Politik von oben. Dabei darf die Kritik an den zentralistischen Gewerkschaften, die sich an der Durchsetzung neoliberaler Machtpolitik beteiligen, nicht zu kurz kommen (siehe Horst Blumes Artikel auf Seite 1, 12).

Widerstand ist nötig, auch gegen Bombodrome, Militarisierung (S. 4-7), Castortransporte und Atomstaatspolitik (S. 3 und 5). Wichtig ist die Öffentlichkeitsarbeit z.B. für die von Abschiebung bedrohte Komi Akalo (S. 20), für den nach wie vor in den USA in der Todeszelle sitzenden und von der Hinrichtung bedrohten Mumia Abu-Jamal (S. 4), für Kriegsdienstverweigerer wie Yonathan Ben Artzi aus Israel (S. 1 f.) und Totale Kriegsdienstverweigerer wie Jannes und Alexander aus Bremen (S. 6).

Lesenswert sind auch der Kaukasus-Reisebericht von Ex-GWR-Redakteur Andreas Speck: „Weder Krieg noch Frieden“ (S. 11) und die „Kundus statt Kandahar“-Analyse des afghanischen Soziologen Omar Sahrai (S. 10).

GWR-Mitherausgeber Lou Marin erinnert zum 90sten Geburtstag Albert Camus an die libertären Seiten des Literaturnobelpreisträgers: „Camus in der ‘Révolution Prolétarienne’“ (S. 13). Weitere Schwerpunktthemen der GWR 283 sind Lateinamerika (S. 1, 8-9) sowie der Widerstand gegen den Nationalsozialismus (S. 14 ff.).

Einige, zum Teil bereits angekündigte Artikel sind leider nicht rechtzeitig fertig geworden. Umso mehr könnt Ihr Euch auf die nächsten Ausgaben freuen. Viel Spaß beim Lesen wünscht