Editorial

Liebe LeserInnen,

am 14.12.2005 hat Ahmadinedschad in einer volksverhetzenden, antisemitischen Fernsehrede seine Vernichtungswünsche gegenüber Israel wiederholt und den Holocaust geleugnet. Der „Mythos von den Massakern an den Juden“ sei, so der iranische Präsident, von den westlichen Staaten „erfunden worden.“ Die Hetze Ahmadinedschads und wie sie praktisch bekämpft werden kann, die Situation der Menschen im Iran, Folter, Todesstrafe, sowie der von den westlichen Medien ignorierte gewaltfreie Widerstand in Israel und Palästina sind Schwerpunkte der GWR 305.

Beleuchtet wird auch die aktuelle Situation der hierzulande wieder in Vergessenheit geratenen Menschen in New Orleans. Ein Thema, das so, wie in Rüdiger Haudes Artikel „New Orleans – time to repay“ bisher noch nicht analysiert wurde. Seit Hurrikan Katrina und die rassistische Innenpolitik der US-Bundesregierung Ende August 2005 zur Überflutung großer Teile der Stadt New Orleans führten, tobt ein Kampf darum, wie sie wieder aufgebaut werden soll und wer die Macht hat, darüber zu entscheiden. Soll eine Art Disneyland der Südstaatenromantik auf den Trümmern entstehen, oder haben die EinwohnerInnen ein Recht, ihre Stadt in ihrem Sinne wiederaufzubauen und Übelständen wie dem wuchernden, rassistischen Jugend-Justizsystem abzuhelfen?

Den deutschen, in Gesetze gegossenen Rassismus analysiert Claudius Voigt in seinem Artikel „Keine Gnade für Geduldete. Die Auseinandersetzung um Abschiebung und Bleiberecht nimmt an Schärfe zu“. Eine Bleiberechtsregelung für geduldete Flüchtlinge wird es bis auf weiteres nicht geben. Entgegen positiver Verlautbarungen aus verschiedenen Bundesländern und Parteien im Vorfeld hat sich die Innenministerkonferenz im Dezember 2005 nicht auf eine „Altfallreglung“ für langjährig geduldete Menschen einigen können. Zugleich nimmt die Abschiebungspraxis in vielen Bundesländern in den vergangenen Monaten an Schärfe zu: Familientrennungen, Nichtbeachtung von Krankheiten und internationalen Vereinbarungen sind immer häufiger die Regel als die Ausnahme. Claudius Voigt beschreibt den Widerstand, der sich von ungewohnter Seite regt und Hoffnung macht.

In dieser Ausgabe werden Themen auf die Agenda geholt, die in der GWR bisher noch nicht intensiv beleuchtet wurden: „Ehren“-Morde, Gesundheitspolitik, Kibbuz und nachkapitalistische Sozialstrukturen. Thematisiert werden auch der Stromausfall in Westdeutschland Anfang Dezember und die damit zusammenhängende Atomstaatspolitik von RWE und anderen Multis, die patridiotische „Du bist Deutschland“-Kampagne, die Situation von Frauen in Afghanistan, Studi-Proteste für freie Bildung, Die Wilde Wision einer Welthochschule, Hartz IV, die internationalen Protestaktionen für die Freilassung des türkischen Kriegsdienstverweigerers Mehmet Tarhan, Concert for Anarchy, Rezensionen und vieles mehr.

Auf unserer Homepage findet Ihr Monat für Monat ein paar leckere Appetithappen, aber eben nur einen kleinen Teil der aktuellen Graswurzelrevolution. Wer mehr lesen und uns unterstützen will, sollte die GWR abonnieren.

Euch und uns ein schönes und widerständiges Jahr 2006 wünscht

P.S.: Eigentlich hätten wir gerne schon der GWR 304 die neue Ausgabe von Das zerbrochene Gewehr - Rundbrief der War Resisters' International Nr. 68 mit der aktuellen Ehrenliste der Gefangenen für den Frieden beigelegt. Das hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Ihr findet aber nun alles als PDF unter:

www.graswurzel.net/news/zg68-de.pdf