Liebe Leserinnen und Leser,
mit 28 Seiten (davon 8 Seiten utopia Nr. 16) ist die Sommerausgabe der Graswurzelrevolution außergewöhnlich umfangreich. Zeit, sie zu lesen und darüber mit Freundinnen und Freunden zu diskutieren, bleibt mindestens bis Ende August. Dann flattert mit der die September-Ausgabe ins Haus. GWR 351-Redaktionsschluss ist der 10. August.
Das Redaktionsbüro in Münster wird im Sommer nicht rund um die Uhr besetzt sein. Es kann also sein, dass es manchmal ein bisschen dauert, bis wir die vielen Mails und Anfragen, die hier täglich eintrudeln, beantworten.
Ich denke, dass es diesmal wieder besonders viel Resonanz geben wird, denn die neue Ausgabe hat einiges an „Sprengstoff“ zu bieten.
Da ist zum Beispiel der Griechenland-Schwerpunkt. Ich hoffe, dass die zur Zeit von griechischen AnarchistInnen geführten Diskussionen dort eine Stärkung des Gewaltfreien Anarchismus zur Folge haben.
In unseren Aktionsformen sollte sich meines Erachtens immer auch unser Ziel, also eine gewaltfrei-libertäre Perspektive für alle Menschen, widerspiegeln.
Feuer ist unkontrollierbar und Molotowcocktails können immer auch Menschen verletzen oder, wie jetzt in Griechenland, tödliche Folgen haben. Deshalb widerspricht das Werfen von Mollis dem Ziel einer gewaltfreien, herrschaftslosen Gesellschaft.
Bei direkten Aktionen sollte immer die Gefährdung von Menschenleben ausgeschlossen sein. Denn sonst wirken sie nicht wie Sand, sondern wie Öl im Getriebe der Macht. Oder, wie es griechische AnarchistInnen in einer Erklärung formulieren: „if you use the tactics of the beast you are fighting against, you become one with it“ (siehe Übersetzung auf Seite 8).
Das Potential, um heiße Diskussionen zu entfachen, hat sicher auch Bernd Sahlers Leitartikel „Anti-Atom-Bewegung – wie hältst du’s mit Parteien?“ Die Graswurzelrevolution vertritt keine Einheitsmeinung. Sie ist als Bewegungsorgan der richtige Ort, um mit diesem Artikel eine notwendige Diskussion in Gang zu bringen, die die Vereinnahmung der Anti-Atom-Bewegung durch ParteipolitikerInnen und den Umgang sozialer Bewegungen mit Parteieliten beleuchtet.
Konstruktiver Streit ist in diesem Zusammenhang wünschenswert. Er kann das Selbstbewusstsein der Anti-Atom-Bewegung als eigenständige, tendenziell sozialrevolutionäre Kraft stärken.
Darüber hinaus sollten wir nicht vergessen, uns auch auf die bevorstehenden Schweinereien u.a. der Atommafia vorzubereiten und dagegen zu mobilisieren.
Voraussichtlich im Herbst 2010 kommt es wieder zu einem Atommülltransport nach Gorleben
Das Bundesamt für Strahlenschutz teilte im Mai 2010 mit, es habe den Transport von elf Castor-Behältern mit hoch radioaktivem Material aus der Wiederaufbereitungsanlage im französischen La Hague in das niedersächsische „Zwischenlager“ genehmigt. Die Erlaubnis gilt bis zum 31. Dezember 2010. Der bislang letzte Atommülltransport erreichte Gorleben im November 2008. Damals beteiligten sich mehr als 15.000 Menschen an der Demo in Gorleben. Die vielen phantasievollen, direkten gewaltfreien Aktionen führten dazu, dass der Castor mit erheblicher Verspätung im „Zwischenlager“ ankam.
Widerstand ist auch gegen die drohende Einlagerung weiteren Atommülls in das „Brennelementezwischenlager“ (BEZ) im westfälischen Ahaus notwendig. Das Bundesamt für Strahlenschutz hatte am 26. Mai 2010 eine Änderungsgenehmigung für den Betrieb des Atommüll-Lagers erteilt und somit die Ampel für neue Atommülltransporte z.B. aus Duisburg auf Grün gestellt.
Bei den anstehenden Atommülltransporten handelt es sich um reine Verschiebetransporte. Durch sie entstehen weitere unkalkulierbare Risiken für die Bevölkerung. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) bemängelt zudem, „dass im Vorfeld der Genehmigung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde, und dass es für die Bevölkerung kaum Informationen und überhaupt keine Einspruchsrechte gegeben hat“.
Aus dem Ahauser BEZ wird peu á peu ein Atommüll-Endlager. „Kein Mensch weiß, wo Atommüll sicher und ewig gelagert werden kann. Und das TV-Magazin Kontraste hat in seiner Sendung vom 27.5. deutlich dargestellt, dass die in Gorleben angedachte Endlagerung in Salzgestein nicht verantwortbare Risiken birgt. Es darf kein weiterer Atommüll mehr produziert werden. Alle Atomanlagen müssen sofort stillgelegt werden“, so Udo Buchholz vom BBU.
Für den sofortigen Atomausstieg und gegen drohende Atommülltransporte haben am 24. April 2010 gleichzeitig 7.000 Menschen in Ahaus, 20.000 in Biblis und 120.000 mit einer Menschenkette zwischen den AKWs Brunsbüttel und Krümmel demonstriert (vgl. GWR 349).
Es ist klasse, dass es somit gelungen ist, die größte Anti-Atom-Demo in der Geschichte auf die Beine zu stellen und der Atommafia in ihre strahlende Atommüllsuppe zu spucken. Weiter so!
Einen heißen Sommer, Anarchie und Glück wünscht
Terminhinweise (mit GWR-Beteiligung):
10. Juni 2010, 19.30 Uhr, Hochschule Fulda, Campusfestival, "ja! Anarchismus. Gelebte Utopie und libertäre Presse", Referent: Bernd Drücke (Graswurzelrevolution), Infos: kultur@hochschultage.com
19./20. Juni 2010, Frankfurt a.M., Islam und Islamismus als Herausforderung für die Friedensbewegung, Seminar des DFG-VK Bildungswerks Hessen, Infos: www.dfg-vk-hessen.de/bildungswerk
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