Titelseite Gwr 398

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

dies ist ein guter Ort für gute Nachrichten. Und die gibt es – allen Kriegen und Krisen zum Trotz – auch aus graswurzelrevolutionärer Sicht.

Erfreulich ist die Resonanz auf die kleine Monatszeitung für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft. So wurden wieder etliche GWR-Artikel von linken Internetseiten gespiegelt und einige GWR-Texte für verwandte Bewegungspublikationen u.a. ins Russische, Französische und Englische übersetzt.

Pflichtlektüre?

Der unter dem Pseudonym „Mopperkopp“ schreibende Redakteur der linken Wochenzeitung Freitag charakterisierte die Graswurzelrevolution im März auf freitag.de als „Pflichtlektüre alternativ Denkender“.

Besonders gefreut haben wir uns auch über die Märzausgabe der Satirezeitschrift TITANIC. Auf TITANIC-Seite 6, über dem monatlichen „Basteln mit Bier“-Gag, zwischen der Graswurzelrevolution-Austauschanzeige und den „Briefen an die Leser“ findet sich (im gleichen Format wie die GWR-Anzeige) eine „Spezialveröffentlichung des Verlags“: „ANZEIGEN SCHALTEN, INHALTE BESTIMMEN! Ein Wort in eigener Sache“. Dort heiß es weiter: „Unter dem Stichwort ‚SZ-Leaks‘ wird der Süddeutschen die indirekte Vermischung von Werbung und redaktionellen Inhalten durch ihre Beilagenredaktion vorgeworfen. TITANIC verzichtet aus ethischen Gründen auf ‚Sonderseiten‘, ‚Beilagen-Specials‘, ‚Verlagssonderveröffentlichungen‘ und dergleichen mehr. Unsere Inserenten bestimmen direkt, was gedruckt wird. Wundern sie sich also nicht, daß im gesamten Heft kein einziges anarchismuskritisches Wort zu finden ist, sondern beachten Sie die nebenstehende Anzeige.“

Klasse! Na, wenn auch der TITANIC-Redaktion die GWR gefällt, dann kann es ja mit diesem kleinen Organ des Anarchismus bergauf gehen. Und das tut es tatsächlich, wenn auch mit kleinen Schritten. Obwohl wir nach neun Jahren aufgrund einer jährlichen Deckungslücke von über 8.000 Euro den Preis der GWR auf 3,80 Euro erhöhen mussten, ist die Aboentwicklung weiterhin positiv, das heißt, es gibt – der allgemeinen Printmedienkrise zum Trotz – seit Monaten mehr GWR-Neuabos als Kündigungen. Wir hoffen, dass dieser Trend anhält. Danke für Euer Vertrauen und Eure Solidarität!

Medienpartnerschaften und Kongresse

Im April wird es wieder zahlreiche antimilitaristische Aktionen u.a. der Ostermarschbewegung geben. In Gronau beispielsweise findet am 3. April ein Ostermarsch zur Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau statt (siehe Seite 5). Die Graswurzelrevolution gehört zu den aufrufenden Organisationen. Zeitgleich beginnt in Hamburg der dreitägige Kongress „Die kapitalistische Moderne herausfordern“, an dem die GWR als Medienpartnerin beteiligt ist (siehe Seite 6). Zu den ReferentInnen dort gehören u.a. auch bekannte GenossInnen wie David Graeber, Janet Biehl und John Holloway. Einen Bericht dazu werden wir voraussichtlich im Mai in der GWR 399 veröffentlichen.

Verlag und Redaktion Graswurzelrevolution sind auch Medienpartnerinnen der 3. Anarchistischen Buchmesse, die vom 24. bis 26. April in Mannheim stattfinden wird (siehe Programm auf Seite 24). Dort werden wir mit einem Büchertisch und zahlreichen Veranstaltungen von GWR-AutorInnen präsent sein. Wir freuen uns auf Euch!

Die neue GWR

Ein Schwerpunkt der Euch vorliegenden GWR 398 ist das Thema Klimawandel, wobei diesmal besonders der Widerstand gegen den von der Bundesregierung befeuerten Klimakiller Braunkohle im Fokus steht (S. 3ff.).

Blockupy-Nachlese

„EZB: Ihr seid die wahren Randalierer. Ihr zündet keine Autos an, ihr setzt die Welt in Brand.“ (Naomi Klein am 18. März 2015 in Frankfurt/M.)

 Rund 6.000 AktivistInnen blockierten am Vormittag des 18. März das 1,3 Milliarden Euro teure Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt/M. – trotz eines massiven Polizeieinsatzes und vieler Übergriffe auf Demonstrierende. Am Abend nahmen bis zu 25.000 Menschen an der bunten, überwiegend gewaltfreien Demo teil, um ihrem Verlangen nach einem solidarischen Europa und ihrer Ablehnung der gewalttätigen EU-Verarmungs- und Krisenpolitik Ausdruck zu verleihen. Die Massenmedien diffamierten die Proteste pauschal als „Gewaltexzesse“ und „bürgerkriegsähnliche Verhältnisse“. Im Kontrast dazu präsentieren wir in dieser GWR unterschiedliche Sichtweisen aus der Bewegung (siehe Seite 13 ff.). Zu Wort kommen Elke Steven, Nicolai Hagedorn und Cécile Lecomte, die mit einer spektakulären Kletteraktion am Wolkenkratzer der Bundesbank zeigte wie phantasievoller gewaltfreier Widerstand heute aussehen kann.

Die Waffen nieder!

Der dritte Schwerpunkt dieser Ausgabe ist die antimilitaristische Analyse, wobei es u.a. um die Militarisierung der EU-Politik, die Situation in der Ukraine und das Asylverfahren des US-Deserteurs André Shepherd geht (Seite 6 ff.).

Thematisiert werden auch die geplante Reform des Abschieberechts (Seite 11) und der unfassbare Überwachungsterror, unter dem die linke Bewegungsaktivistin „Lily“ seit zwölf Jahren zu leiden hat (Seite 12).

Grenzenlos

Unter der Rubrik „grenzenlos“ findet Ihr ab Seite 16 Bewegungsberichte aus dem kurdischen Rojava, aus Griechenland, Frankreich und den Vereinigten Staaten. Unser Frankreichkorrespondent nimmt den Prozess um den Sexisten Dominique Strauss-Kahn unter die Lupe. Der US-amerikanische Historiker Clayborne Carson erinnert in seinem GWR-Artikel (Seite 19) an den 50. Jahrestag der afroamerikanischen Bürgerrechtsmärsche von Selma nach Montgomery. In diesem Zusammenhang möchte ich Euch den derzeit in den Kinos laufenden, 2014 produzierten Film „Selma“ von Ava DuVernay und das 2004 im Verlag Graswurzelrevolution erschienene 638-Seiten-Buch „Zeiten des Kampfes“ empfehlen. Der Film ist ein bewegendes Geschichtsdrama! Und Clayborne Carsons preisgekrönter Wälzer ist DAS Standardwerk über das Student Nonviolent Coordinating Committee (SNCC) und das Erwachen des afro-amerikanischen Widerstands in den sechziger Jahren.

Kultur und Kritik

Fans der Punkband Slime und der Toten Hosen kommen in der neuen GWR ab Seite 20 ebenso auf ihre Kosten wie Leseratten, Kunstinteressierte und KinogängerInnen.

Ausblick

Unter anderem den im letzten Editorial angekündigten Nachruf auf Christian Sigrist konnte ich aufgrund gesundheitlicher Probleme noch nicht schreiben. Das werde ich sobald wie möglich nachholen.

Für die GWR 399 planen wir u.a. einen Schwerpunkt zum Thema „Facebook, Big Brother & Co.“

Freuen könnt Ihr Euch auch auf die im Juni erscheinende Sommernummer. Für diese GWR Nr. 400 wird Cartoonist Andi Wolff voraussichtlich ein vierfarbiges Comic-Cover machen. Im Fokus dieser Jubiläumsnummer stehen persönliche Geschichten rund um die Graswurzelrevolution.

Wenn Ihr eigene Beiträge zum Beispiel über „Meine erste Graswurzelrevolution und wie es dann weiterging“ beisteuern möchtet, nur zu! Wir sind gespannt.

GWR 399-Redaktionsschluss: 10. April; GWR 400-Redaktionsschluss: 10. Mai.

Anarchie, Gesundheit und Glück,