Liebe Leserinnen und Leser,
ein bisschen neidisch bin ich schon. Während ich seit einigen Tagen und Nächten mit der Endproduktion dieser Ausgabe beschäftigt bin, demonstrierten am heutigen 23. April 2016 viele von Euch und auch viele GWR-MitherausgeberInnen in Hannover gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA. Bis zu 90.000 DemonstrantInnen haben an dem Protestmarsch teilgenommen (siehe Artikel auf Seite 10).
Die GWR 409 hat einiges zu bieten
Am 7. Februar 2016 ist der linke Journalist und Autor Roger Willemsen im Alter von 60 Jahren gestorben (vgl. GWR 407). Im Februar 2002 hat der Antimilitarist auf dem Kongress „Medien und Krieg. Vom Fernsehbild zum Feindbild“ im Bennohaus Münster eine bewegende Rede gehalten. Wir dokumentieren das bisher unveröffentlichte Zeitdokument in mehreren Teilen. Teil 2 erscheint im Juni 2016 in der GWR 410.
In der GWR 409 beleuchten wir mit mehreren Artikeln von GenossInnen aus Frankreich die neu entstandene soziale Bewegung „Nuit Debout“, die auch ein Ausdruck des Bedürfnisses nach basisdemokratischen Entscheidungsstrukturen von unten ist. Die ungarische Journalistin Olga Kálmán beschäftigt sich mit der nationalistisch-rassistischen Anti-Flüchtlingspolitik in Ungarn. Analysiert werden in dieser GWR auch der türkische Krieg gegen die KurdInnen und die damit in Verbindung stehenden massiven Angriffen auf die Pressefreiheit in der Türkei.
Der Anarchist Erich Mühsam (geboren am 6. April 1878) wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 1934 im KZ Oranienburg von SS-Schergen ermordet. Silke Makowski beleuchtet mit ihrem Artikel „An den Kerkertoren hat der Bruderzwist zu schweigen“ seine Aktivitäten für die Rote Hilfe Deutschlands (RHD).
Elektronische Kampfführung, der Widerstand gegen Krieg, Atomkraft und für eine atomwaffenfreie Welt sind ebenso Themen dieser GWR wie Veganismus und Antifaschismus.
Die Graswurzelrevolution versteht sich als Sprachrohr sozialer Bewegungen. Und so haben wir diesmal den GenossInnen von „Ende Gelände“ breiten Raum für ihre Analysen zur Verfügung gestellt.
„Die Lausitz zeigt, wie die herrschende Klimapolitik funktioniert: alle tun so, als wollten sie Kohle, Öl und Gas nicht mehr – tun aber nichts dafür, dass sie auch im Boden bleiben. Klimagipfel beschwören den Umstieg auf Erneuerbare – die gleichen Regierungen werfen der fossilen Industrie hunderte Milliarden Fördergelder in den Rachen. Die deutsche Regierung spricht vom Klimaschutz – und vergoldet RWE und Vattenfall alte Meiler. … Wir sagen: Es reicht! ‚Ende Gelände‘ für den Kohleabbau! Wir stehen dort, wo die Bagger stoppen müssen.“
2015 gingen 1500 Menschen im rheinischen Braunkohle-Revier in die Grube [die GWR berichtete]. Pfingsten 2016 finden die Aktionen in der Lausitz (bei Berlin) statt, wo sich viele Menschen seit Jahren gegen Abbaggerung und Umsiedlung wehren. (1)
„Wenn Kohle, Öl und Gas nicht jetzt im Boden bleiben, lassen sich katastrophale Folgen für Millionen Menschen kaum noch aufhalten“, heißt es im Ende Gelände-Aufruf treffend.
Kapitalismus bedeutet Krieg gegen Umwelt und Menschen. Grund genug, sich nach Alternativen umzusehen. Eine Alternative, die ansatzweise in kleinen Projekten schon gelebt wird, ist die Anarchie. Dazu möchte ich Euch zwei Links empfehlen: Anarchismus und Graswurzelrevolution sind Themen des Interviews, das die Journalistin Saskia von Radio Corax (Halle an der Saale) im April telefonisch mit mir geführt hat (2). Zufällig bin ich im Netz auf den Blog der „GeschichtenAgentin“ gestoßen. Dort berichtet sie auch über „Anarchistische Entdeckungen, die nur auf der Leipziger Buchmesse möglich sind“ (3). Spannend!
Ich freue mich auf die Sommer-GWR 410. Sie wird unter anderem einen Schwerpunkt „80 Jahre Spanische Revolution“ haben.
In diesem Sinne, Anarchie und viel Spaß beim Lesen, Gucken und Hören,
(1) Weitere Infos: www.ende-gelaende.org/de
(2) www.youtube.com/watch?v=T7lGfzB1X94&feature=youtu.be
(3) http://blog.geschichtenagentin.de/leipziger-buchmesse-graswurzelrevolution-anarchismus
Terminhinweis/Einladung zum Mitfeiern:
7. Mai 2016, 16 Uhr, Servatiiplatz, Münster: Paul bleibt! Für den dauerhaften Erhalt der Paul-Wulf-Skulptur! Der am 2. Mai 1921 geborene Anarchist Paul Wulf verstarb am 3. Juli 1999. Der Freundeskreis Paul Wulf hat ihm und Paul Brune das im Verlag Graswurzelrevolution erschienene Buch "Lebensunwert?" gewidmet. Er feiert den 95. Geburtstag des 1938 von den Nazis zwangssterilisierten und 1991 mit dem Bundesverdienstkreuz für seine antifaschistische Arbeit geehrten Aufklärers. Livemusik: Pit Budde, Duo Contraviento u.a.; Redebeiträge: Bürgermeisterin Beate Vilhjalmsson, Filmemacher Robert Krieg, Bernd Drücke u.a.
Infos: www.facebook.com/FreundeskreisPaulWulf und www.uwz-archiv.de
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