Titelseite Gwr 419

Liebe Leserinnen und Leser,

wir leben in krassen Zeiten. Am 7. April gab US-Präsident Donald Trump dem US-Militär den Befehl, 59 Tomahawk-Marschflugkörper auf einen Militär-Flughafen des syrischen Assad-Regimes abzufeuern. Plötzlich wurde der von kritischen JournalistInnen bisher (zu Recht) geschmähte Sexist und Rassist zum Liebling der Presse – von New York Times bis tazund BILD. Nichts kommt bei „Menschenrechts“-Kriegern so gut an wie ein medienwirksam inszenierter Bombenhagel. Der völkerrechtswidrige Angriff sei „nachvollziehbar“, so Bundesaußenminister Gabriel.

Bei soviel Zuspruch fühlt sich der US-Präsident inspiriert, mit dem Bombardieren und Säbelrasseln weiter zu machen. Ein US-Flugzeugträger und weitere Kriegsschiffe fahren Richtung Nordkorea. Der kaum berechenbare Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong Un spielen mit dem Feuer und wecken die Angst vor einem Atomkrieg.

Skrupel, Massenvernichtungsmittel einzusetzen, hat der Milliardär nicht. MOAB, die größte nicht-atomare Bombe, hat eine Sprengkraftwirkung von elf Tonnen herkömmlichen TNTs. Sie befindet sich seit 13 Jahren in US-Besitz. Trumps Vorgänger Obama und Bush hatten Skrupel, diese 60 Millionen Dollar teure Waffe einzusetzen. Kurz vor Ostern ließ nun Trump die „Mutter aller Bomben“ über Afghanistan abwerfen. Siehe nebenstehenden Kommentar. Krieg ist Terror mit höherem Budget.

Afghanistan wird von Bundesinnenminister de Maizière dreist als „sicheres Herkunftsland“ etikettiert, in das die Bundesregierung weiterhin ohne Gnade abschieben lässt. Das ist menschenverachtend, wie auch die Waffenlieferungen, die an Terrorregime wie Saudi-Arabien und die gegen die KurdInnen in der Türkei und Syrien bombende Türkei getätigt werden. Die Türkei und Kurdistan stehen im Fokus dieser GWR. Es ist bitter, dass Erdoğans Präsidialdiktatur eingeführt wird. Hoffnung macht aber, dass aller Staatspropaganda, allen Manipulationen und Einschüchterungen zum Trotz so viele Menschen beim Referendum mit Nein gestimmt haben. Eine von ihnen ist die Feministin Naciye Ertaş, mit der Nihan Acar für die GWR gesprochen hat (S. 3 f.).

Die Militärausgaben sind weltweit gestiegen. Der deutsche Militäretat 2017 wurde um 8% erhöht, auf 37,1 Milliarden Euro. Offiziell ist die Bundeswehr derzeit mit 3.215 SoldatInnen an 15 Auslandseinsätzen beteiligt. Kritik an Kriegseinsätzen und Aufrüstung suchen wir in den meisten Medien jedoch vergeblich. Wir wollen der militaristischen Propaganda etwas entgegensetzen. Deshalb hat diese GWR wieder einen antimilitaristischen Schwerpunkt. (S. 1, 2, 8ff.)

Anarchie, Gelebte Utopien, Selbstorganisierung, selbstbestimmtes, kollektives Wohnen, anarchistische Lebensgeschichten und die Diskussion um die „Natur des Menschen“ stehen ab Seite 13 im Mittelpunkt. Ans Herz legen möchte ich Euch u.a. die Mut machenden Interviews mit den Anarchistinnen Regine Beyß und Manoli Ramajo.

Am 10. März fuhr in Münster der bundesweit erste #FreeDeniz-Fahrradkorso für die Freilassung von Deniz Yücel und allen inhaftierten JournalistInnen in der Türkei (vgl. GWR 418). Die GWR war Mitveranstalter. Nun gibt es dazu einen Dokumentarfilm der Filmwerkstatt Münster (1).

Vom 21. bis 23. April fand zum vierten Mal die Anarchistische Buchmesse in Mannheim statt. Die GWR war Medienpartner und mit mehreren Veranstaltungen und einem neun Meter langen Büchertisch beteiligt. Es war ein schönes anarchistisches Familientreffen mit tollen Veranstaltungen, Gesprächen und vielen Freundinnen und Freunden. Danke an alle, die das ermöglicht haben!

Anarchie ist machbar!

Li(e)bertäre Grüße,
Bernd Drücke (GWR-Koordinationsredakteur)

(1) https://vimeo.com/214508677?utm_source=email&utm_medium=vimeo-cliptranscode-201504&utm_campaign=28749