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Editorial

Kriege und Militarisierung, der klimapolitische Backlash und der ganze alltägliche Alptraum von kapitalistischer Ausbeutung und Diskriminierungen aller Art lassen unseren Optimismus oft an seine Grenzen stoßen. Gerade in solchen Zeiten sind kleine Lichtblicke wichtig, wie wir sie in den letzten Wochen erleben durften: viele kleine und einige große Spenden, dank derer wir zumindest finanziell entspannter ins neue Jahr starten können. An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an alle, die unserem Spendenaufruf gefolgt sind – und auch an alle, die das in den nächsten Wochen und Monaten noch tun!
Parallel haben uns einige solidarische und ermutigende Zeilen erreicht – oft nur Notizen auf dem Überweisungsträger oder Kurzkommentare auf Social Media, zum Teil aber auch ein, zwei nette Sätze, die auf den Einsendungen der Quizfragen aus der Dezember-GWR vermerkt waren. Danke, dass ihr uns mit euren Zuschriften im Weitermachen bestärkt!

Ausgezeichnet!

Und wir haben gleich noch einen Grund zur Freude: Unsere Mitherausgeberin Cécile Lecomte wurde für ihr intensives Engagement in der Anti-Atom-Bewegung mit dem „Ehrenpreis Besondere Anerkennung“ der Nuclear Free Future Foundation ausgezeichnet. Dazu möchten wir ihr ganz herzlich gratulieren!
Die Graswurzelrevolution gilt sicher nicht als Social-Media-Pionierin, aber angesichts der Zensurumtriebe von Elon Musk, der seit der Übernahme von Twitter rechte Inhalte pusht und fortschrittliche Themen verdrängt, wollen wir noch einmal für Mastodon werben, wo wir jetzt auch präsent sind. Dass auf Twitter jetzt Links und Verweise auf Mastodon und andere freie Fediverse-Dienste blockiert werden, wie die von diesen Zensurmaßnahmen betroffene Initiative digitalcourage am 16. Dezember bekanntmachte, ist nur ein weiterer Grund, endlich auch im Bereich von Social Media zu Graswurzelnetzwerken überzugehen. Und noch ein Vorteil von Mastodon: Auch Menschen, die keinen eigenen Account haben, können unsere Beiträge dort unter https://dju.social/@Graswurzelrevolution lesen.

Patriarchale Strukturen zum Thema machen!

Nicht mehr nur ein „Nebenwiderspruch“: Der Kampf von Aktivistinnen* darum, Sexismus auf die Tagesordnung zu setzen, und die allzu häufige Verweigerung der Debatte durch die männlichen Mitglieder der Gruppen begleiten soziale Bewegungen von Anfang an. Eine Auseinandersetzung um genau dieses Thema wird als Initialzündung der zweiten Frauen*bewegung angesehen: Am 13. September 1968 forderte Helke Sander als Vertreterin des Westberliner Aktionsrats zur Befreiung der Frau auf dem SDS-Kongress in Frankfurt ein, die spezifische Ausbeutung von Frauen* im privaten Bereich zum Thema zu machen und endlich auch die Diskussion um organisationsinternen Sexismus zu führen. Als die männlichen Delegierten die Diskussion verweigerten und der – rein männliche – SDS-Vorstand die Forderungen komplett ignorierte, warf Sigrid Rüger mit Tomaten auf Redner und Podium.
In den folgenden Monaten und Jahren entwickelte sich eine starke feministische Bewegung, die viele Punkte erfolgreich durchsetzen konnte, doch von „alles gut“ kann noch immer keine Rede sein. Deshalb widmet sich der Schwerpunkt dieser Ausgabe der Unsichtbarmachung von Frauen* und den patriarchalen Strukturen, die in sozialen Bewegungen und anarchistischen Gruppen bis heute ein Problem darstellen.
Zwei historische Beiträge zeigen Kontinuitäten und Entwicklungen auf: Während Vera Bianchi anhand der Mujeres Libres die alten und neuen Themen der anarchistischen Frauengruppen in Spanien in den 1930ern und 1970ern vorstellt, geht Mareen Heying am Beispiel der Antifaschistin Klara Schabrod geb. Mathies auf die oft vergessene oder unterschätzte Widerstandstätigkeit von Frauen ein. Einige Aktivisti aus Heidelberg schildern ihre Erfahrungen mit patriarchalen Mustern in der Klimagerechtigkeitsbewegung und in antifaschistischen Zusammenhängen, und Ira weist auf alltägliche Formen der Ausgrenzung von Frauen* in politischen Gruppen hin. Das ist auch Gegenstand des Interviews mit Ewa, die aus ihrer langjährigen Aktivität berichtet und die patriarchalen Abläufe in den anarchistischen Bewegungen in Polen und in der BRD vergleicht. Dass die geschlechtsspezifische Sozialisation dazu führt, dass Frauen* sich in ihrem Engagement zu stark selbst ausbeuten und deshalb besonders Burnout-gefährdet sind, spricht Anna Zar an.
Außer diesem Schwerpunkt ist diese Ausgabe brechend voll mit Beiträgen zu Antimilitarismus, zur Anti-AKW- und Klimagerechtigkeitsbewegung, zu feministischen und internationalen Kämpfen und und und …

Neues Jahr, neue Besetzung

Abschließend noch eine erfreuliche Nachricht aus der Redaktion: Ab Januar dürfen wir wieder Bernd Drücke im Büro begrüßen, der nach jahrzehntelanger Arbeit als Koordinationsredakteur zwischenzeitlich eine andere Stelle hatte.
Herzlich willkommen, Bernd – und guten (Neu-)Start!

Silke für die GWR-Redaktion

Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe der Graswurzelrevolution. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es hier.

Wir freuen uns auch über Spenden auf unser Spendenkonto.