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Editorial

Liebe Leser:innen,
angesichts steigender Preise und sinkender Abozahlen hatten wir der GWR 490 den Aufruf „Die Graswurzelrevolution benötigt Eure Hilfe“ beigelegt, um mit Eurer Hilfe über die alljährliche GWR-Sommerpause zu kommen: „Wir brauchen dringend 10.000 Euro und 200 Neuabos!“
Als ich am Montag nach der Europawahl, mit dem Schock des Rechtsruck-Europawahlergebnisses, im GWR-Redaktionsbüro den AB abhörte, wandelte sich mein Frust in Optimismus. Ich war überwältigt: „Bitte macht weiter! Die GWR ist die letzte anarchistische und antimilitaristische Stimme in Zeiten des Krieges! Ich freue mich jeden Monat auf die neue Ausgabe!“
Ähnliche Rückmeldungen erreichten uns auch per Mail (siehe Seite 22). Innerhalb weniger Wochen habt Ihr unser Spendenziel deutlich übertroffen! Auch die Anzahl der Neuabos nähert sich der 200. Viele Leser*innen haben ihre Abos in Förderabos umgewandelt, andere haben bei Freund*innen und auf ihren Social-Media-Kanälen für die GWR getrommelt.
Die GWR lebt von der Solidarität der ehrenamtlich am Projekt arbeitenden Autor*innen, Mitherausgeber*innen und Unterstützer*innen. Vor allem aber auch durch die Leser*innen, die die Zukunft ihrer Zeitschrift durch Abos und Spenden sichern. Herzlichen Dank!
Zum Erfolg beigetragen hat das Medienecho in der Sommerpause.
Danke für die Berichterstattung über die GWR

Die Redaktion von „Sozial.Geschichte – Zeitschrift für historische Analyse des 20. und 21. Jahrhunderts“ fordert ihre Leser*innen auf: „Unterstützt die Graswurzelrevolution! Die Zeiten für linke Zeitschriften werden härter – als Plattformen der Gegenöffentlichkeit und Solidarisierung ist ihre Bedeutung ungebrochen hoch.“ (1)
Auch die Kolleg*innen von analyse & kritik rufen im Editorial der ak 706 vom 20. August zur Solidarität mit der GWR auf: „Die Zeitung berichtet seit 1972 mit viel Engagement über (sozial-)revolutionäre und antimilitaristische Aktionen auf der ganzen Welt und ist eine der wenigen verbleibenden Stimmen, die einen anarchistischen Blick auf das Geschehen einbringen. Schon deshalb lohnt sich die Lektüre.“
Der Publizist Gerhard Hanloser hat sich in der „99 ZU EINS“-Sendung vom 26. Juni zur GWR geäußert: „Ich bin froh, dass es die Graswurzelrevolution gibt, die in einer Situation von ‚Zeitenwende‘, ‚Wehrfähigkeit‘, ‚Kriegstüchtigkeit‘ und einer rapiden Militarisierung der Gesellschaft an einem Kernbestandteil des Anarchismus festhält, nämlich am Antimilitarismus, auch an Gewaltfreiheit, eine Ablehnung von Gewalt, Herrschaft, Staatlichkeit und Militär.“ (2)
Die Berliner Umweltzeitung Der Rabe Ralf (3) und die Tageszeitung Neues Deutschland (4) haben Interviews zur Situation der GWR veröffentlicht. Am 6. Juli erschien in der jungen Welt (5) ein Interview.
Begeistert von den Reaktionen schrieb eine GWR-Mitherausgeberin: „Ich hatte richtig Gänsehaut. Dies zeigt mir, wie auch manche Kommentare, wie wichtig die GWR für viele ist, die sich nicht von der allgemeinen militaristischen Stimmung anstecken lassen wollen. Und auch, dass die Printausgabe etwas gibt, das man als ‚Anker‘ dafür in der Hand hat. Es sind jetzt überdeutlich die zu sehen, die die Arbeit in und für die GWR wertschätzen.“
Solidarität mit allen Menschenrechtsaktivist*innen
Solidarität braucht auch GWR-Autorin Olga Karatch. Sie und ihre Organisation Nash Dom (Unser Haus) sind zusammen mit Connection e.V., DFG-VK, GWR und anderen antimilitaristischen Gruppen Teil des Netzwerkes #ObjectWarCampaign (vgl. GWR 490). Es unterstützt Kriegsdienstverweiger*innen in Belarus, Russland und der Ukraine. Die belarussische Friedensaktivistin wurde am 8. Juli wegen ihrer Menschenrechtsarbeit in Abwesenheit in Belarus zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Sie war angeklagt wegen „Verschwörung zur Machtergreifung durch verfassungswidrige Mittel“, „Förderung extremistischer Aktivitäten“ und „Diskreditierung der Republik Belarus“. Gemeinsam mit ihr wurden weitere Aktivist*innen verurteilt. Die Entscheidung des Gerichts bedroht die Sicherheit anderer Friedens- und Menschenrechtsaktivist*innen aus Belarus. Olga droht die Abschiebung aus Litauen, wo sie Asyl beantragt hatte. Gegen sie sind weitere Anklagen anhängig, in denen ihr sogar die Todesstrafe oder 25 Jahre Haft drohen. Olga braucht Schutz und einen sicheren Aufenthalt in Litauen. Wir stehen an ihrer Seite. (6)
Neben dem Rechtsruck (Seite 13 ff.) ist ein Schwerpunktthema der GWR 491 die Repression gegen Antimilitarist*innen, Antifas, Klimabewegung und linke Medien (Seite 3 ff.).
Aktuell ist auch ein Repressionsfall aus Berlin: Das Amtsgericht Tiergarten hat am 27. August die bisher längste Haftstrafe für die Teilnahme an einer Sitzblockade der Letzten Generation verhängt. Verhandelt wurde über mehrere gewaltfreie Aktionen in den Jahren 2022 und 2023, an denen sich der 65-jährige Winfried Lorenz beteiligte. Das Urteil: Ein Jahr und zehn Monate Haft ohne Bewährung, davon ein Jahr für eine einzige Blockade. Lorenz wird gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Die Letzte-Generation-Sprecherin Lina Johnsen betont: „Die Justiz weiß nicht, wie sie mit unserem Protest umgehen soll. Die Regierung weigert sich, ihrer Verantwortung nachzukommen, und verlagert den Konflikt auf Institutionen, die damit überfordert sind und zu komplett unterschiedlichen Urteilen gelangen. Es ist die Aufgabe aller gesellschaftlicher Akteure, sich den Fragen zu stellen, die unser Protest aufwirft, allem voran: Wer wollen wir gewesen sein?“ (7)
Die GWR solidarisiert sich mit den Kriminalisierten. Wir fordern die sofortige Einstellung aller Verfahren und Freilassung der Gefangenen!
Solidarische Grüße, Anarchie und Glück,
Bernd Drücke (GWR-Red.)

(1) https://sozialgeschichte-online.org/2024/07/11/unterstutzt-die-graswurzelrevolution
(2) „99 ZU EINS“, Sendung zum Thema „Anarchismus & Marxismus – Voneinander lernen? https://www.youtube.com/watch?v=SHm9ajoXHc0
(3) „Wir machen weiter!“ Bernd Drücke, Redakteur der Monatszeitung „Graswurzelrevolution“, über Printmedien in schwierigen Zeiten, aus: DER RABE RALF, Aug./Sept. 2024, Seite 18 https://www.grueneliga-berlin.de/publikationen/der-rabe-ralf/aktuelle-ausgabe/graswurzel/
(4) Printkrise: „Wir tanzen gerne auf dem Drahtseil“ Die Printkrise hat auch die „Graswurzelrevolution“ getroffen – trotz großer Solidarität der Lesenden. Redakteur Bernd Drücke im Interview von Maurice Schuhmann, in: ND vom 15.08.2024, https://www.nd-aktuell.de/artikel/1184536.anarchismus-printkrise-wir-tanzen-gerne-auf-dem-drahtseil.html
(5) Argentinien: Präsident Milei pflegt Image als „Anarchokapitalist“. Medien übernehmen Selbstbezeichnung unkritisch. Ein Gespräch von Dominik Wetzel mit Bernd Drücke, Koordinationsredakteur der Zeitung Graswurzelrevolution. Aus: jw, 6.7.2024, Seite 2, https://www.jungewelt.de/artikel/478820.html
(6) Scharfer Protest von Connection e.V., EBCO, WRI und IFOR. Weitere Infos: https://de.Connection-eV.org/article-4194
(7) Weitere Infos: letztegeneration.org/