Die türkische Staatsanwaltschaft des Erdoğan-Regimes lässt sie nicht in Ruhe: Am 28. Juni 2024 kommt es in Istanbul zur fünften Prozessanhörung vor dem Obersten Gerichtshof der Türkei gegen die gewaltfreie Anarchistin, queer-feministische, transnationale Schriftstellerin und Soziologin Pınar Selek. Sie wird nun seit 26 Jahren, die Hälfte ihres bisherigen Lebens, wegen einer Explosion auf dem Istanbuler Gewürzmarkt verfolgt, an der sie vollkommen unschuldig ist, aber dafür wegen eines angeblichen Bombenanschlags im Auftrag der PKK verhaftet wurde. Sie war deshalb bereits zweieinhalb Jahre im türkischen Frauengefängnis, wo sie gefoltert worden ist. Trotz zeitweiliger Freisprüche hat die türkische Staatsanwaltschaft immer wieder Revision eingelegt und das Verfahren gegen sie fortgesetzt – und Pınar ist schließlich vor der ihr drohenden lebenslänglichen Haft 2009 aus der Türkei geflohen. Sie lebt heute in Nizza/Frankreich und ist seit 2017 französische Staatsbürgerin, versteht sich aber als Antinationalistin. Die französische Staatsbürgerschaft gibt ihr derzeit Schutz vor der vom türkischen Regime über Interpol geforderten Zwangsausweisung in die Türkei. Wie repressiv die türkische Justiz auch noch nach vielen Jahren vorzugehen in der Lage ist, zeigte erst jüngst das Justizverfahren gegen führende Mitglieder der prokurdischen Partei HDP (Demokratische Partei der Völker): Am 16. Mai 2024 sind ehemalige HDP-Mitglieder mit bis zu 42 Jahren Haft verurteilt worden. Hintergrund sind die Kobanê-Proteste von 2014, als in 32 türkischen Städten gegen den IS und dessen Unterstützung durch die türkische Armee protestiert wurde und durch das Eingreifen des türkischen Militärs 37 Menschen starben, überwiegend Kurd*innen. Mit derselben hartnäckigen Verfolgung geht der türkische Staat über Jahrzehnte hinweg gegen die innerhalb der Türkei weithin bekannte Feministin und Antimilitaristin Pınar Selek vor. Zu ihrem erneuten Prozess am 28. Juni 2024 in Istanbul formiert sich eine internationale Protestdelegation, die die untenstehende Erklärung ((1)) formuliert hat, deren Übersetzung aus dem Französischen wir hier veröffentlichen. (GWR-Red.) Weiterlesen